Der Blick ist herzlich. Die Augen sind wach. Immer wieder lächelt er. Schnell wird klar: Da sitzt ein Fussballer, der mit sich und der Welt gerade ziemlich zufrieden ist. Wäre da nur nicht dieser kleine Schönheitsfehler.
Nico Elvedi ist vor wenigen Tagen 22 Jahre jung geworden. Er hat gerade ziemlich aufregende Tage hinter sich. Am Samstag gewann er mit Borussia Mönchengladbach bei den Bayern. Nicht irgendwie, nein, gleich 3:0. «Und eigentlich muss man auch sagen: verdientermassen», sagt er. Dazu feierte er auch noch ein kleines Jubiläum, es war sein 100. Pflichtspiel für Mönchengladbach.
Einhundert? Es ist eine ziemlich imposante Zahl. Vier Jahre ist es her, seit Elvedi als noch knapp 18-Jähriger den FC Zürich verliess, um die Bundesliga zu erobern. Um den Wechsel gab es eine heftige Debatte. «Zu früh», sagten die einen. «Genau richtig», die anderen. Schliesslich hiess der Trainer bei Gladbach ja Lucien Favre und ist bekannt dafür, Junge zu fördern und fordern. Elvedi sagt im Rückblick: «Ich würde es genau wieder so machen.»
Sein Weg gibt ihm recht. Momente des Zweifelns gab es gleichwohl. «Ziemlich am Anfang litt ich an einer Knieverletzung, konnte einen Monat nicht spielen. Da fragte ich mich schon: War der Wechsel wirklich richtig?»
Er war es.
Der Durchbruch gelang ihm jedoch nicht mehr unter Favre, der den Verein nach fünf Niederlagen zu Saisonbeginn im September 2015 verliess. Sondern unter Nachfolger André Schubert. Bei Elvedis Startelfdebüt hiess der Gegner – genau – Bayern München, schon damals war die Erfahrung ausschliesslich positiv, 3:1 siegte Gladbach. Es war der 5. Dezember 2015
Eine Woche später begann Elvedi noch einmal als Ersatzspieler. Doch seither hat er jedes einzelne Bundesligaspiel von Anfang an bestritten. Elvedi ist die Konstanz in Person. Borussias Manager Max Eberl sagte im Telefongespräch mit dieser Zeitung kurz vor der WM gar: «Elvedi ist einer der meistunterschätzten Spieler der Bundesliga.» Aber Eberl sagt eben auch: «Er darf ruhig ein bisschen mehr Selbstvertrauen zeigen.»
Wie denkt der Verteidiger selbst darüber? «Es ist so, ich bin nicht der Lauteste, «ich darf noch etwas mehr aus mir herauskommen. Und ich habe das Ziel, in den nächsten Jahren ein Leader zu werden.» Dass manch einem Fussballer seine Bescheidenheit gut anstehen würde, ist gleichwohl zu erwähnen
Wenn es einen kleinen Makel gibt auf seinem Weg, dann diesen: Elvedi spielt nicht immer als Innenverteidiger, sondern sehr häufig auch als rechter Aussenverteidiger. In der letzten Saison war diese Position fast immer sein Zuhause. Er sieht es pragmatisch – «Hauptsache, ich spiele». In dieser Saison sind die Aussichten aber gut, regelmässig in der Innenverteidigung spielen zu können. Es könnte der entscheidende Schritt sein für Elvedi, um auch in der Nationalmannschaft häufiger zum Zug zu kommen.
Eines scheint längst klar: Elvedi gehört die Zukunft. Die Frage ist einfach: Wann beginnt sie? An der WM hiess das Stammduo Akanji/Schär. Und gerade Letzterer steht an einem heiklen Punkt der Karriere. In Newcastle gehört er nicht zu den Stammkräften.
Elvedi hat bereits zwei Endrunden erlebt, die EM in Frankreich und die WM in Russland. Zum Einsatz kam er nie. «Ich habe einige schöne Erlebnisse in der Nati hinter mir und konnte wertvolle Erfahrungen sammeln», sagt er. «Aber nun wächst auch das Bedürfnis, zu spielen.» Die Sehnsucht nach Einsätzen im Schweizer Dress.
Als Fabian Schär im WM-Achtelfinal gesperrt war, durfte sich Elvedi Hoffnungen machen auf einen Einsatz. Doch Nationaltrainer Petkovic setzte auf Johan Djourou. Das war zu diesem Zeitpunkt keine Überraschung. «Und doch war ich enttäuscht», gibt Elvedi zu
Umso mehr hofft er nun, bald berücksichtigt zu werden. Die Chancen stehen gut, dass er zumindest eines der beiden Spiele gegen Belgien (Freitag) und Island (Montag) bestreiten darf. Und dass damit der kleine Schönheitsfehler in den aktuellen Glückstagen von Nico Elvedi bald verschwindet