Der FC Basel erlebt höchst aufregende Tage. Einerseits läuft es auf dem Platz überhaupt nicht: Seit fünf Spielen wartet Rot-Blau auf einen Sieg. Unter den Niederlagen befindet sich das epochale 2:6-Cup-Ausscheiden gegen den unterklassigen FC Winterthur. Und seit dem Montagmittag kocht die Fanseele noch zusätzlich, weil Publikumsliebling Valentin Stocker intern suspendiert worden ist.
FCB-Captain Stocker soll sich intern gegen Trainer Ciriaco Sforza ausgesprochen haben, woraufhin er selber gehen musste. Nach dem Bekanntwerden der Suspendierung versammelten sich noch am Abend rund 1000 Fans des FC Basel zu einem Protestzug in der Innenstadt. Lautstark äussersten sie ihre Unterstützung für Stocker und ihre Verachtung für Klubbesitzer Bernhard Burgener.
Denn Burgener stärkt Trainer Sforza auch in dieser Krise den Rücken. «Wichtig ist jetzt erst einmal, die Ruhe zu bewahren. Wir vertrauen unseren Spielern und unserem Trainer», sagte Burgener noch am Sonntagabend bei «Blue». Die Ruhe ist nun definitiv vorbei, nachdem die Stocker-Bombe geplatzt ist.
Suspendiert war der frühere Bundesliga-Spieler (68 Partien für Hertha BSC) da schon. Am Samstag bei der diskussionslosen 1:3-Niederlage in St.Gallen trug Pajtim Kasami die Captainbinde. Er wird dies auch am Mittwoch im Spitzenkampf gegen den überlegenen Leader YB tun. «Pajtim hat Persönlichkeit, er schiesst Tore, gibt Assists und er hat die Mannschaft hinter sich», sagte Ciriaco Sforza im SRF.
Gegenüber dem Schweizer Fernsehen gab er auch Auskunft zum Fall Stocker. «Valentin ist vorläufig beurlaubt. Er soll etwas in die Ferien, den Kopf lüften.» Wie es mit dem 36-fachen Nationalspieler weitergehe, werde intern besprochen, so Sforza weiter. Mehr mochte er dazu nicht sagen. Der «Blick» brachte bereits mögliche Transfers zum FC Luzern oder in die Major League Soccer aufs Tapet.
Durchaus überraschend fällt das Fazit des früheren Weltklasse-Mittelfeldspielers über sein erstes halbes Jahr als Trainer des FC Basel aus. Sforzas Urteil: «Gut. Es hat sicher viele Sachen, die man besser machen kann, das weiss ich. Aber es gibt auch viele Sachen, bei denen wir intern auf einem guten Weg sind. Darum sage ich: sehr stabil, aber Potenzial nach oben.» 19 Punkte liegt der FC Basel nach 22 Runden hinter YB.
Von einer Krise zu sprechen sei vermessen, sagte Sforza nach nun fünf Spielen, die sein Team nicht gewinnen konnte. «Wir sind nicht auf dem Level, auf dem wir sein sollten. Aber das ist für mich keine Krise», betonte der Aargauer. Er gab zu: «Eine Enttäuschung ist da, bei mir, bei den Spielern, beim Verein. Wir wollen immer gewinnen, momentan haben wir eine Welle. Aber deswegen sind wir nicht in einer Krise.»
Dass er die Hand, die ihn füttert, nicht beissen sollte, weiss Sforza. Und so lobt er Boss Burgener. «Ich bin sehr stolz auf meinen Präsidenten. Weil er nicht vorschnell handelt, sondern sich sehr genau überlegt, was er macht und was die beste Lösung ist. Er hat auch die Arbeit intern gut analysiert, mit den Leuten gesprochen und Ruhe bewahrt», erinnerte sich Sforza an die Tage nach dem blamablen Ausscheiden im Cup.
Doch nicht alle dürften von Burgener gleichermassen angetan zu sein. So sagte FCB-Präsident Reto Baumgartner bei «Tele Basel», er habe die Nachricht von Stockers Suspendierung aus den Medien erfahren. Dabei ist er Mitglied des Verwaltungsrats. «Ich bin sehr schockiert darüber.»
Baumgartner ist erst seit November Präsident des Vereins FC Basel. Nach der Wahl wurde er von der NZZ gefragt, ob das Amt bloss symbolische Bedeutung habe, weil Bernhard Burgener als Verwaltungsratspräsident der AG und Besitzer weiterhin der starke Mann sei. Nun ist diese Frage beantwortet, nachdem Baumgartner damals noch zur Antwort gab, dies noch nicht zu wissen.
Über Stocker sagte Baumgartner, dass man im heutigen Fussball ja eigentlich nach Typen suche, die nicht so stromlinienförmig sind. «Und dann hat man jemanden, der hinsteht, auch bei Niederlagen, und der wird dann abgesägt.» Baumgartner erinnerte daran, dass Stockers Vertrag erst im September bis 2023 verlängert wurde und es nun zu dieser Eskalation kam: «Man wusste ja damals schon, wie er als Spieler und Typ ist. Deshalb ist diese Reaktion für mich umso unverständlicher.»
Am Mittwoch (20.30 Uhr, live SRF 2) spielt der FC Basel gegen die Young Boys. Ob mit Valentin Stocker oder ohne: Es gibt in der Super League acht leichtere Gegner als denjenigen, der gerade das Bundesliga-Spitzenteam Bayer Leverkusen aus dem Europacup geworfen hat.