Manchester United spielt nicht mal und steht trotzdem wieder blöd da
Die Krise von Manchester United ist längst im zweiten Jahrzehnt angekommen. Zwar gab es zwischendurch immer mal wieder einen Lichtblick für die Red Devils und sogar ab und zu einen Titel, doch hält der schleichende Niedergang des einst so erfolgreichen Klubs seit 2013 weiterhin an.
Ein Grund dafür ist, dass die teuren Transfers viel zu selten funktionieren. Ein Spieler kann noch so talentiert sein und an alter Wirkungsstätte zahlreiche Grosstaten geleistet haben – wechselt er zu Manchester United, verlernt er gefühlt das Fussballspielen. Man kann die Liste mit Paul Pogba anfangen, der 2016 für 105 Millionen Euro von Juventus kam, oder mit Romelu Lukaku, den sich ManUnited ein Jahr später knapp 85 Mio. Euro kosten liess. Man kann sie weiterführen mit Harry Maguire (2019, 87 Mio. Euro) und Jadon Sancho (2021, 85 Mio. Euro). 2022 kamen dann Antony (95 Mio. Euro) und Casemiro (70 Mio. Euro) hinzu.
Nun ist es natürlich nicht so, als hätten alle diese Einkäufe nicht auch gute Spiele oder gar gute Saisons im Trikot des englischen Rekordmeisters gespielt. Insgesamt blieben aber alle unter den Erwartungen. Und was es für Manchester United noch schlimmer macht: Das Problem scheint tatsächlich der Klub und sein Umfeld zu sein. Denn sobald die gescheiterten Stars wieder von dannen ziehen, blühen viele wieder auf.
Diese Beobachtung war in dieser Champions-League-Woche wieder einmal besonders gut zu machen. Rasmus Höjlund, vor 2 Jahren für fast 80 Millionen Euro von Atalanta Bergamo geholt und in diesem Sommer wieder vom Hof gejagt, traf für die SSC Napoli doppelt und war der grosse Held beim 2:1-Sieg gegen Sporting Lissabon.
Der 22-jährige Däne traf in fünf Spielen für die Italiener bereits dreimal. Er wäre gerne bei Manchester United geblieben, doch trieben die Red Devils ihn zu einer Leihe, um Platz zu machen für Benjamin Sesko, Bryan Mbeumo und Matheus Cunha. Das Trio kostete je rund 75 Millionen Euro, bisher trafen Mbeumo und Sesko in sechs Ligaspielen je einmal. Cunha wartet nach fünf Einsätzen noch auf einen Treffer.
Auch Marcus Rashford war in Ruben Amorims Kader nicht mehr erwünscht. Das Eigengewächs war bei Manchester United schon länger umstritten und wurde in der letzten Rückrunde an Aston Villa verliehen, konnte sich dort aber ebenfalls nicht durchsetzen. Nun steht er vorerst für ein Jahr beim FC Barcelona unter Vertrag und kommt nach neun Einsätzen bereits auf sieben Skorerpunkte, einen alle 75 Minuten. In der Königsklasse bereitete Rashford bei der 1:2-Niederlage gegen PSG den Führungstreffer vor.
Der Dritte im Bunde der erfolgreichen Ex-United-Stars dieser Woche war Alejandro Garnacho. Der 21-jährige Argentinier wurde bei ManUnited ebenfalls aussortiert und wechselte Ende August für 45 Millionen Euro zu Chelsea. Dort kam er bisher noch wenig zum Einsatz, stand am Dienstagabend gegen Benfica Lissabon aber zum zweiten Mal in der Startformation und sicherte sich beim einzigen Tor des Spiels seinen ersten Skorerpunkt: Beim Eigentor der Gäste schrieb ihm die Uefa die Vorarbeit zu.
Und das sind nur drei Beispiele von Spielern, die in diesem Sommer gegangen sind. Höjlunds Teamkollege Scott McTominay wechselte bereits vor einem Jahr nach Neapel und wurde dort zum Meisterheld. 95-Millionen-Flop Antony blühte in der Rückrunde bei Betis Sevilla auf und wurde vor wenigen Monaten fest verpflichtet. Heute Donnerstag steht Betis in der Europa League im Einsatz – es würde nicht überraschen, wenn der Brasilianer dann auch treffen würde. Anthony Elanga bekam bei Manchester United nie so richtig eine Chance, wechselte 2023 dann für knapp 23 Millionen Euro zu Nottingham, wo er so überzeugte, dass Newcastle nun fast 40 Millionen Euro mehr bezahlte.
Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Spieler nach einem Wechsel verbessern oder verschlechtern, schliesslich hängt selbst der beste Fussballer zu einem gewissen Grad immer auch von seinen Mitspielern und dem System ab. Doch wenn Spieler bei einem Klub so gut wie nie an die Leistungen herankommen, die sie vor der Ankunft und nach dem Weggang zeigten, ist dies ein grosses Problem. Vereinslegende Gary Neville bezeichnete Manchester United Ende 2023 als «Friedhof» für gewisse Spieler.
Fast zwei Jahre später steht der einst so stolze Klub wieder einmal ziemlich blöd da. In der Premier League ist ManUnited erst auf Platz 14 zu finden. Eine Lösung ist auch nach dem Wechsel der Entscheidungsmacht von der Familie Glazer zu Sir Jim Ratcliffe und einem weiteren Trainerwechsel noch immer nicht in Sicht.
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