Es ist nur ein Detail, aber es konnte einem bei dieser Fussball-EM auffallen: Die Fussballerinnen sprechen wie ihre männlichen Kollegen. Sie reden vom «Hintermann», vom «Stürmer», vom «Neuner». Dabei sind die Spielerinnen in vielen Ländern ein Vorzeigebeispiel in Sachen Gleichstellung
In der Schweiz wurde just vor Beginn des Turniers entschieden, dass die Spielerinnen des Fussballnationalteams gleich hohe Prämien wie ihre männlichen Kollegen erhalten sollen.
Im Sprachgebrauch bleibt derweil ersichtlich, wie männlich dieser Sport nach wie vor geprägt ist. «Bei uns im Fussball ist es schon so, dass die männliche Form Gewohnheit ist», sagt etwa Luana Bühler, Innenverteidigerin im Nationalteam.
«Mich persönlich stört das bei Details wie der Positionsbezeichnung aber nicht.» Wichtig findet Bühler hingegen, dass, wenn man über Fussball spricht, sowohl Frauen als auch Männer gemeint sind. «Für mich ist entscheidend, wie man die ganze Sache sieht.»
Bühler steht stellvertretend für viele Fussballerinnen. Wie die meisten der aktuellen Spielerinnen des Nationalteams hat sie bis im Alter von 16 Jahren mit Buben trainiert. Dass sich in diesen Konstellationen die männliche Formulierung einprägt, überrascht nicht. Gleichzeitig dokumentieren diese Karrieren, dass die Förderung des Mädchenfussballs in der Schweiz noch lückenhaft ist – wobei viele Spielerinnen betonen, vom Spiel mit den Jungs enorm profitiert zu haben.
Während um die gendergerechte Sprache in allen Lebensbereichen teils gehässig gestritten wird, wird das Thema im Fussball ausgeklammert. Andere Themen seien wichtiger, sagt Bühler. Wie gleiche Bezahlung, dieselben Trainingszeiten und eine gleichwertige Infrastruktur. Die Warnung von Feministinnen, dass der Sprachgebrauch die Wahrnehmung steuert, verhallt im Schweizer Fussball weitgehend ungehört.
Zumindest heute noch. In Schweden, einem Vorzeigeland in Sachen Gleichberechtigung, hat sich eine Fussballerin und erklärte Feministin bereits 2014 erfolgreich dafür eingesetzt, dass der Fussballverband das Reglement für Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter anpasst. Anlass dazu gab ihre eigene Ausbildung zur Schiedsrichterin, in welcher der Ausbildner gegenüber den vier Mädchen und zehn Jungs konsequent die männlichen Personalpronomen verwendete.
Zuerst wurde ihre Kritik zurückgewiesen, unter anderem mit der Begründung, dass man sich internationalen Regeln anpassen müsse. Als dann eine Frau aus dem Vorstand das Thema erneut ansprach, wurde das Reglement angepasst mit Begriffen, die als Schiedsrichtende und Spielende übersetzt werden können.
In der Schweiz findet der Sprachwandel zu einem grossen Teil in den Medien statt. Allen voran die SRG hat sich die inklusive Sprache zum Ziel gesetzt. Bei SRF, das die Spiele der Europameisterschaft überträgt, seien die Journalistinnen und Journalisten auf die gendergerechte Sprache sensibilisiert, sagt Susan Schwaller, Chefredaktorin von SRF Sport.
In internen Feedbacks werde der Sprachgebrauch regelmässig besprochen, ein spezifisches Glossar gibt es aber nicht. Über die letzten Jahre hätten sich aber verschiedene Begriffe wie «Team» und «Equipe» in der Berichterstattung über Frauenfussball anstelle von «Mannschaft» etabliert. Als SRF vor kurzem den Begriff «Frauschaft» verwendete, löste das auf Twitter eine gehässige Diskussion aus, was zeigt, wie schmal der Grat bei diesem Thema inzwischen ist.
Tatjana Haenni vom SFV nimmt die Sprache unter den Spielerinnen bereits heute als nicht mehr so maskulin geprägt wahr. «Ich höre sie von Stürmerinnen und Torhüterinnen reden.» Natürlich gebe es auch Spielerinnen, die die männliche Form gebrauchten und etwa immer noch «unsere Mannschaft» sagten. «Das kommt wohl daher, dass diese Begriffe in überwiegender Mehrheit gebraucht werden und sich die Sprache sich in grossem Ausmass auf den Männerfussball bezieht.» Haenni ist aber überzeugt: «Je akzeptierter und bekannter der Frauenfussball wird, desto mehr wird sich auch der Sprachgebrauch verändern.
Was die Fussballerinnen in ihrer Vorbildrolle für eine gleichberechtigte Gesellschaft angeht, sagt Haenni: «Fussballerinnen sind nicht zwingend für eine gendergerechte Sprache zuständig. Sie spielen Fussball.» Natürlich seien sie aber als Direktbetroffene eher prädestiniert, bei der Sensibilisierung mitzuhelfen.
Dabei habe jede die freie Wahl, sich so zu äussern, wie sie will. «Wenn eine Spielerin von Mannschaft spricht und eine andere von Team, reflektiert das auch den Prozess in der Gesellschaft», sagt Haenni. Der SFV versuche über seine Kanäle und in seinem Sprachgebrauch «eine vernünftige Sensibilisierung für das Thema» zu schaffen. «Eine Frau, die Fussball spielt, ist eine Spielerin und kein Spieler.»
In der Kommunikation verwendet der SFV etwa den Begriff «Nationalteam» anstelle von «Nationalmannschaft». «Das gelingt nicht flächendeckend, weil ein jahrzehntelanger Usus nicht von heute auf morgen umgestossen werden kann», sagt Haenni. «Es liegt zugegebenermassen noch einiges an Arbeit vor uns, um die Positions- und Funktionsbezeichnungen auf den offiziellen Verbandsseiten im Internet überall auch in weiblicher Form abzubilden.»
Dieses Vorhaben werde in den kommenden Jahren umgesetzt. Die Reihenfolge der Nationalteams und der Wettbewerbe bei den Klubs habe man angepasst. «Die Frauen kommen nicht mehr nach den Männern, Aktiven, Junioren und Senioren.» Noch nicht geklärt sei das Thema der non-binären Menschen. (aargauerzeitung.ch)