Ja, das Nationalteam hinterliess in den Partien fünf und sechs im Rahmen der EM-Qualifikation keinen besonders guten Eindruck. Die Aufgaben waren allerdings auch undankbar. In Pristina traf man auf schwierigem Untergrund auf eine mit starken Individualisten gespickte Mannschaft. Auch Rumänien und Israel – die grössten Konkurrenten der Schweiz – haben gegen die kämpferischen Kosovaren schon Punkte abgegeben.
Drei Tage später stand man in Sitten einem Gegner gegenüber, der scheinbar mit einem Goalie und zehn Verteidigern auf dem Platz stand. Andorra – in den zwölf Spielen davor hatte das Nationalteam aus den Pyrenäen nie mehr als zwei Gegentore erhalten – verfolgte einzig das Ziel, so lange wie möglich die Null zu halten.
Sechs Punkte hatten sich die Schweizer gewünscht, vier wurden es. Das ist angesichts der Tabellenlage – die Schweiz führt die Gruppe I mit zwei respektive drei Punkten Vorsprung auf Rumänien und Israel an – akzeptabel. Damit könnte man es bewenden lassen, wenn da nicht die Misstöne dazwischen gewesen wären.
Über Granit Xhakas Rundumschlag nach dem Spiel gegen Kosovo wurde viel geschrieben und diskutiert. Die Frage ist, wie stark man seine Aussagen gewichten möchte. War die Kritik an der fehlenden Intensität im Training vor allem dem Frust über den verpassten Sieg geschuldet, wie es Trainer Murat Yakin suggerierte? Oder steckt mehr dahinter?
Wurden andere Spieler zu den Aussagen des Captains befragt, zuckten diese meist mit den Schultern, gaben einsilbige Antworten und waren bedacht, kein Öl ins Feuer zu giessen. So sagte Manuel Akanji, er wisse nicht genau, worum es zwischen Xhaka und Yakin gegangen sei. Der Abwehrchef bestätigte, dass es danach zu einer Aussprache im Team gekommen ist, der Inhalt dieser bleibe jedoch intern.
Renato Steffen war im Interview mit SRF etwas offener, sprach von «schwierigen Tagen» und «Reibungen» innerhalb der Mannschaft. «Wir haben nach dem Kosovo-Spiel alles angesprochen, womit wir nicht zufrieden waren. Von jedem Einzelnen musste mehr kommen. Die Bereitschaft muss da sein, in jedem Spiel, egal, wer der Gegner ist, alles für die Schweiz zu geben.»
Am Schluss schienen sich alle Beteiligten wieder lieb zu haben. Captain und Trainer betonten mehrmals, wie «gut» und «offen» ihr Gespräch unter vier Augen gewesen sei. Und Xhaka räumte ein, dass die Art seiner Kritik nicht optimal gewesen sei, dass er aber auch bewusst habe provozieren wollen, um eine Reaktion des Teams «inklusive mir selbst» hervorzurufen.
Diese ist gelungen, auch wenn der Gegner am Dienstag «nur» Andorra hiess und sich die Schweizer lange schwergetan hatten, gute Möglichkeiten zu kreieren. Der Captain bereitete das erste Tor vor und erzielte das zweite selbst. Beim Jubeln demonstrierten die Spieler Geschlossenheit, man versammelte sich um den Schützen und herzte sich.
Sollte die Episode damit abgeschlossen sein, wäre das umso besser für die Schweiz. Denn bereits in einem Monat steht das schwierige Auswärtsspiel gegen Israel auf dem Programm. Gewinnt die Schweiz, ist die Qualifikation für die EM in Deutschland schon fast sicher. Verliert sie, stünde in den letzten drei Spielen ein intensiver Dreikampf an, womöglich mit einem entscheidenden Schlussspiel in Rumänien. (kat/sda)