Der Mann ist ein Unikum, zumindest für Schweizer Verhältnisse. Auf den Plattformen der sozialen Medien verfolgt ein Millionen-Publikum, was Shaqiri unternimmt, wie er sich in der Freizeit kleidet, wann er in einem Kraftraum Gewichte stemmt, ob er nach einer Partie den Daumen hebt. Geschichten über ihn werden konsumiert, die Klickzahlen in den verschiedenen Foren belegen das erhöhte Interesse an seiner Person.
Sein Geltungsbereich beschränkt sich nicht nur auf die virtuelle Welt. Shaqiris Präsenz ist nicht nur sichtbar, sie ist auch gut hörbar. Wo er auftaucht, kreischen die Kinder. Seine Popularität ist imposant. In Kreisen seiner Anhänger ist die Entwicklung im Klub kein Thema. Dass er längst nicht mehr als Star von Bayern München in das Nationalteam einrückt, sondern als Mittelfeldspieler der City aus Stoke, spielt in der öffentlichen Wahrnehmung keine Rolle.
Shaqiri ist und bleibt der «Zauberwürfel», der Künstler, der Skorer mit dem Flair für grosse Momente, für Offensivaktionen, die im Kreis der SFV-Auswahl in dieser Formvollendung nur einer zu bieten hat: er. Wohlwollenden Kommentatoren bleiben seine Traumtore in Erinnerung, für seine Anhänger sind längere Timeouts verschmerzbar. Rückblicke sind primär für positive Ereignisse reserviert.
Über seine persönlichen Highlights spricht Shaqiri ziemlich ungefiltert: «Ich weiss, was ich kann und welche Qualitäten ich besitze.» Shaqiri macht sich selten kleiner, als er ist. Dass er nach seinem wunderbaren EM-Tor gegen Polen bis zum Hocheckschuss im Test gegen die Weissrussen elf Monate nicht mehr getroffen hat in der Nationalmannschaft, lässt ihn kalt: «Mich zeichnete schon immer aus, in entscheidenden Szenen aufzufallen.»
Im Schweizer Dress ist er für das Entertainment zuständig und mit 25 bereits bei der imposanten Marke von 60 Länderspielen angelangt. Etwas diffuser hingegen verläuft seine Karriere in England. In den Midlands unterhält Shaqiri die Fans zuweilen, eine mitreissende Figur ist er noch nicht. Der Output ist für seine Verhältnisse überschaubar: sieben Treffer und einige Assists in zwei Premier-League-Saisons.
Nach drei Jahren in Deutschland und einem Intermezzo bei Inter Mailand bekam der frühere Champions-League-Sieger rasch einmal zu spüren, wie viel von einem zwölfmaligen Trophäen-Gewinner erwartet wird. Und er lernte auch die Tücken der finanziell am höchsten dotierten Meisterschaft der Welt kennen. «Der Fussball ist wild, es geht zur Sache. Jedes Spiel fühlt sich wie ein Endspiel an.»
Tatsächliche Endspiele hat Shaqiri mit seinem aktuellen Arbeitgeber keine erreicht, im Gegenteil: Von der erweiterten Spitze war Stoke im letzten Frühjahr deutlich weiter entfernt als geplant, gegen die Top-7-Klubs resultierte in zwölf Monaten kein Sieg. «Wir haben unsere Ziele nicht erreicht», bilanzierte Coach Mark Hughes nach dem Rückfall auf Position 13.
Die Kritik zielte auch auf Shaqiri, der als Leader eingeplant ist und für das gewisse Extra sorgen sollte. «Die eine oder andere Verletzung bremste mich», entgegnet der Hoffnungsträger und spielt den Ball zurück: «Ich gehe davon aus, dass der Klub jede Position anschaut und kritisch hinterfragt. Was bringt dem Team etwas, was ist hilfreich? Stoke muss sich verstärken, der Klub muss sich Gedanken machen, welche Spieler zu haben sind.»
Offenbar verspürt Shaqiri keine Lust auf graues Mittelmass, er führt eine andere Agenda, er denkt noch immer wie das ehemalige Bayern-Talent, dem alle Türen offen stehen: gross, couragiert, ambitioniert. Passt sein Entwurf zur Planung der Stoke-Verantwortlichen? Für Shaqiri stellt sich diese Frage nicht: «Man kann versuchen anzugreifen, egal gegen wen.» Jeder habe doch gesehen, was Leicester geschafft habe: «Da könnte so auch hier möglich sein.»
Guten morgen aus Tórshavn! Teamhotel oben links. #FROSUI 🇨🇭⚽️✊️ pic.twitter.com/66N0rCQy8T
— nationalteams_SFVASF (@SFV_ASF) 8. Juni 2017
Meister? Champions League? Shaqiri hat eigenen Aussagen zufolge Aussergewöhnliches vor: «Ich will den Klub nach vorne bringen, ich stehe immer mit Ambitionen auf dem Feld.» Er wolle wieder um Titel spielen, sagt der 25-Jährige zur Nachrichtenagentur sda. Mit Stoke? «Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.» (pre/sda)