Es ist der 16. August, ein sonniger und heisser Freitagnachmittag, als der FC Basel das Video veröffentlicht, in dem Xherdan Shaqiri die Worte spricht, die sich die Fans des Vereins in den Tagen und Wochen zuvor so sehr gewünscht haben: «Hey FCB-Fans, ich chum wieder hei.»
Der Transfer war das erste Meisterstück der Saison. Nicht nur, weil Shaqiri am Ende alle Erwartungen übertreffen sollte, sondern vor allem, weil es der Klub geschafft hat, die Region zu überraschen. Natürlich hatte es, spätestens als Shaqiri den Vertrag in Chicago aufgelöst hatte, Gerüchte gegeben. Dennoch schien eine Rückkehr des 125-fachen Nationalspielers vor allem finanziell unrealistisch. Ausserdem hatte sich Präsident David Degen schon gegen Rückhol-Aktionen ausgesprochen.
Weil Degen für den Ausnahmespieler eine Ausnahme machte und Shaqiri für seinen Herzensklub auf Geld verzichtete, das er anderswo erhalten hätte, klappte der Wechsel. Und dies löste in Basel eine Euphorie sondergleichen aus. Die Trikotbestellungen überstiegen das Angebot des Fanshops deutlich und im Vergleich zum ersten Heimspiel der Saison (gegen Lugano) kamen bei Shaqiris Premiere gegen Yverdon 10'147 Fans mehr ins Stadion.
Der in der 66. Minute eingewechselte Shaqiri trug zum 2:0-Sieg gegen die Waadtländer wenig bei. Trotzdem herrschte im «Joggeli» Hochstimmung, denn das Team eroberte den 3. Platz in der Tabelle. So weit oben sei der FCB schon lange nicht mehr anzutreffen gewesen, sagte Shaqiri danach und fügte auf seine spitzbübische Art an: «Shaq-Effekt».
Die Episode zeigt auch, wo der Verein zu Beginn der Saison stand. Ein Sprung auf Rang 3 wäre in Basel lange keine spezielle Erwähnung wert gewesen, doch der Klub und dessen Fans mussten sich vor allem nach der Katastrophensaison 2023/24 in Demut üben. Damals verpasste Basel die Meisterrunde und klassierte sich mit Platz 8 so schlecht wie seit 26 Jahren nicht mehr.
Entsprechend gedämpft waren die Erwartungen vor und zu Beginn der aktuellen Spielzeit. Selbst nach dem Transfercoup von Shaqiri galt beim FCB weiter die Zielsetzung: Meisterrunde erreichen und nächste Saison europäisch spielen. Neue Töne, die nach sieben Saisons und nur einem Titel (Cup 2019) absolut angebracht waren.
Ausserdem herrschte lange Unklarheit um Shaqiris Fitnessstand. Und der «Zauberfuss» hielt sich zunächst mit Magie noch recht zurück. Aus den drei Spielen nach seinem Debüt resultierte nur ein Punkt, was einige Zeitungen zu der Frage veranlasste, ob der «Shaqiri-Zauber» schon verfolgen sei.
Der Knopf öffnete sich Ende Oktober beim 6:1 in Winterthur, als Shaqiri seine ersten beiden Tore erzielte und drei weitere Treffer vorbereitete. Spätestens aber in der Rückrunde, auf die Shaqiri die Captainbinde erhielt, wurde der 33-Jährige zum Unterschiedsspieler schlechthin und spielte wie zu seinen besten Zeiten. Nicht nur brillierte Shaqiri mit seinen Skorerpunkten, sondern auch als Antreiber, der auch nach Siegen einzelne Aktionen noch auf dem Rasen mit Mitspielern analysierte.
Shaqiri glänzte, weil sich Shaqiri wohlfühlte. Er geniesst beim FCB eine Sonderrolle, in der er sich voll auf seine spielerischen Fähigkeiten fokussieren kann und sich weniger den defensiven Aufgaben widmen muss. Dass sie, um Shaqiri zu entlasten, zusätzliche Laufarbeit leisten müssen, akzeptierten seine Teamkollegen, weil letztlich auch sie von seinen Pässen und Flanken profitieren. Dies der Mannschaft einzuimpfen, war Aufgabe von Trainer Fabio Celestini, dessen Rolle nicht unterschätzt werden darf.
Der Lausanner stiess zum FC Basel, als dieser den Tiefpunkt erreicht hatte. Ende Oktober 2023 lag die Mannschaft mit nur fünf Punkten aus elf Spielen abgeschlagen am Tabellenende. Am Tag vor seinem 48. Geburtstag erhielt der damals in Spanien weilende Celestini den Anruf aus Basel und wagte den Sprung ins Tollhaus.
Denn davor hatte es seit August 2020 und dem Abgang von Marcel Koller keinen Trainer mehr gegeben, der sich auch nur ein Jahr im Klub hatte halten können. Ciriaco Sforza, Patrick Rahmen, Guillermo Abascal, Alex Frei, Heiko Vogel, Timo Schultz und nochmals Heiko Vogel: Der Mann an der Seitenlinie des FCB wurde munter ausgetauscht. Erst Celestini schaffte es, das Team zu stabilisieren und führte es innert eineinhalb Jahren vom letzten Platz zum ersten Meistertitel seit 2017 – wie auch in den Cupfinal.
Die Bilder des jubelnden und hüpfenden Celestini nach dem Cup-Halbfinal sind bereits Kult. Ob der Trainer, der nie verheimlichte, dass er eines Tages gerne ins Ausland wechseln würde, dem FCB erhalten bleibt, ist offen. Nachdem im Frühling einiges auf eine Trennung hingedeutet hatte, sprachen zuletzt beide Seiten von einer gemeinsamen Zukunft.
Fraglos profitierte der FCB in dieser Saison auch davon, dass die Young Boys nach ihrer Dominanz in den letzten Jahren eine schwächere Phase einzogen. Nach einem miserablen Start mit nur einem Sieg aus neun Runden waren die Berner früh zurückgebunden. Aber auch andere Spitzenklubs wie Lugano und Servette agierten inkonstant. Mit der Chance vor Augen, trotz ebenfalls nicht durchgehend überzeugender Leistungen um den Meistertitel zu kämpfen, investierte der FC Basel im Winter nochmals. Er holte mit Philip Otele und Metinho zwei Spieler, die im überragenden Schlussviertel der Saison zum Stamm gehörten.
Die Taktik von Sportchef Daniel Stucki, der die Funktion erst seit Mai des letzten Jahres innehat, ist aufgegangen. Kein Wunder also, wurde Stucki von Präsident Degen als der eigentliche Königstransfer bezeichnet.
Insgesamt hat sich gezeigt, was in einem ruhigeren und langfristig planenden Umfeld möglich ist. Am Rheinknie ist im Laufe der Saison etwas zusammengewachsen, das am Ende nicht mehr aufzuhalten war und nach langer Zeit wieder begeisternden Fussball zelebrierte. Da verziehen die Fans auch, dass Celestini die abtretende Klublegende Taulant Xhaka kaum mehr einsetzte.
Die andere FCB-Legende, Xherdan Shaqiri, hat noch einen Vertrag für zwei weitere Saisons. Gut möglich also, dass der «Shaq-Effekt» in Basel noch eine Weile anhält. (sda)
Soooo viele Kommentare mit Neid, Frust und schlechter Laune. Ich freue mich, dass es für Shaqiri richtig aufgegangen ist und er der Star der Liga geworden ist.
https://www.watson.ch/sport/kommentar/168149804-fcb-xherdan-shaqiris-rueckkehr-ist-ein-gewinn-fuer-den-schweizer-fussball#discussion_168149804
Er stand unter gehörigem Erwartungsdruck und hat auf eindrückliche Weise alle Erwartungen übertroffen.