«Fantastisch, wunderbar, unglaublich!» Gianni Infantino wählte die Superlative, als er sich am Freitag gegenüber der Weltpresse zum Turnier in Russland äusserte. Vor zwei Jahren habe er bereits gesagt, Russland werde die beste WM aller Zeiten durchführen. «Und heute kann ich das mit noch mehr Überzeugung sagen: Es war die beste WM der Geschichte.»
Der FIFA-Präsident bedankte sich beim russischen Volk, den Organisatoren, Staatspräsident Wladimir Putin und den über 100'000 Volunteers. «Sie waren das Herz dieser WM. Seit Beginn des Turniers spüren wir ihre Freude, ihre Leidenschaft und die Begeisterung.» Die Wahrnehmung der Welt gegenüber Russland habe sich verändert, Vorurteile seien abgebaut worden. «Russland ist ein wunderschönes Land, reich an Kultur und Geschichte und mit viel Menschlichkeit.»
Auch aus logistischer Sicht war die 21. Fussball-Weltmeisterschaft für den Präsidenten ein voller Erfolg. Von der Infrastruktur, über die Hotels, die Flughäfen, die Sicherheit oder den Verkehr bis zu den Vorbereitungen und die Umsetzungen: Alles sei phänomenal gut gewesen, sagte Infantino. Alles habe reibungslos funktioniert. «Spasibo, Russia.»
Neben seinen persönlichen Eindrücken nannte Infantino auch Fakten. Die Auslastung der Stadien lag bei 98 Prozent, über eine Million Besucher, viele davon aus Südamerika, besuchten in den letzten vier Wochen Russland. Drei Milliarden Zuschauer verfolgten die bislang 62 Spiele weltweit im Fernsehen, für den Final am Sonntag zwischen Frankreich und Kroatien werden über eine Milliarde erwartet. Auf die digitalen Inhalte der FIFA gab es über elf Milliarden Zugriffe.
Auch sportlich habe das Turnier die Erwartungen erfüllt. «Es gab nur ein 0:0, dafür einige fantastische Spiele mit vielen Emotionen und Begeisterung», so Infantino. Die FIFA habe den Fussball zurückgebracht. Dieser sei der Hauptakteur gewesen – und nicht etwa Funktionäre oder Politiker. Auch der Videobeweis habe sich bewährt, ebenso das Anti-Doping-Programm, habe es doch trotz zahlreicher Tests noch keinen Dopingfall gegeben. Und die FIFA hätte sich aktiv gegen Diskriminierung gestellt.
Den kritischen Fragen wich Infantino nicht aus. Angesprochen auf Themen wie die Menschenrechtslage in Russland oder die militärische Besetzung der Krim, sagte er: «Es gibt viele Ungerechtigkeiten, viele Sachen, die nicht funktionieren, mit denen viele Bürger nicht zufrieden sind und die wir gerne ändern würden. Diese sind aber die Realität, aber nicht nur in einer Region oder einem Land, sondern in der ganzen Welt.»
Der Fussball könne nicht alle Probleme lösen, aber er könne gerade auch für Politiker eine Inspiration sein. «Das, was uns oft fehlt, ist die Fähigkeit, einen Dialog zu führen», sagte Infantino. «Wenn man nicht miteinander diskutiert und Verständnis füreinander aufbringt, können wir auch nichts erreichen.» Er glaube, dass mit dieser WM die Grundlage für einen solchen Dialog geschaffen worden sei.
Infantino äusserte sich auch zum nächsten Turnier, das im November und Dezember 2022 in Katar stattfinden wird. «Stand heute haben wir 2022 eine WM mit 32 Mannschaften. Damit sind wir glücklich», so der 48-jährige Walliser. «Wenn aber alle denken, es wäre positiv, bereits in Richtung Katar etwas zu ändern und das Teilnehmerfeld zu vergrössern, dann halten wir uns alle Optionen offen.» In den nächsten Monaten werde mit den Organisatoren und allen anderen Stakeholdern das Gespräch gesucht.
Die Aufstockung auf 48 Teams, die spätestens 2026 erfolgen wird, verteidigte Infantino. «Die Zahl der FIFA-Mitglieder hat sich erhöht, die Qualität des Fussballs verbessert. Länder wie Italien, die Niederlande, Chile, Kamerun, die USA oder die Türkei, die ansonsten fast immer an einer WM dabei sind, haben gefehlt.» 48 Teams seien noch immer weniger als 25 Prozent der FIFA-Mitgliedsverbände. Für ein Land gebe es für die Entwicklung des Fussballs keinen grösseren Katalysator als eine WM-Teilnahme. «Das hat man bei Panama gesehen. Die Menschen feierten das Tor gegen England, als hätten sie den WM-Titel gewonnen.»