Darf ich jetzt jubeln oder nicht? Diese Frage stellen sich Zuschauerinnen und Zuschauer seit Einführung des Videoassistenten bei so gut wie jedem Tor. Am Dienstagabend in der Champions League war dies gefühlt deutlich häufiger der Fall als normalerweise. Vier Treffer wurden in Folge eines Eingriffs durch den VAR aberkannt. Besonders in Mailand sorgte dies für Aufregung.
Bei der 0:1-Niederlage gegen Inter litt der FC Barcelona gleich zweimal unter dem Einsatz des Videobeweises. Zunächst wurde der vermeintliche Ausgleichstreffer von Pedri in der 67. Minute wegen eines Handspiels von Ansu Fati aberkannt. In der Nachspielzeit dann forderten die Gäste einen Penalty, weil Denzel Dumfries den Ball mit der Hand gespielt hatte. Doch der slowenische Schiedsrichter Slavko Vincic entschied sich gegen einen Strafstoss.
Bereits der erste Entscheid sorgte für Aufregung. Denn eigentlich ist ein unabsichtliches Handspiel nur dann ein Grund, ein Tor nicht zu geben, wenn es dem Torschützen selbst unterläuft. Das war bei Pedris Treffer aber nicht der Fall. Darüber, ob Fatis Handspiel geahndet werden muss, lässt sich diskutieren. Barcelonas Eric Garcia hat dazu eine klare Meinung: «Ansus vermeintliches Handspiel kommt, nachdem Onana den Ball berührt hat, wodurch es unbeabsichtigt ist und die Flugbahn des Balls nicht verändert wird.» Der Umstand, dass eine ähnliche Situation in der Nachspielzeit erneut zuungunsten Barças ausgelegt wird, sorgt aber erst recht für rote Köpfe bei den Katalanen.
Sergi Roberto sagt dazu gemäss «Barçawelt»: «Ich bin sauer. Das vermeintliche Handspiel bei dem Tor, das wir erzielt haben, ist genau das gleiche wie das Handspiel bei dem Elfmeter, der nicht gegeben wurde.» Die Elfmeterregel würde jede Saison geändert, niemand kenne sie, fügte der 30-jährige Verteidiger an. «Weder die Schiedsrichter selbst noch die Spieler wissen, was sie da pfeifen.»
Trainer Xavi ist empört, wie er nach dem Spiel sagt. Der 42-Jährige, der während des Spiels Gelb sah, poltert: «Das ist eine grosse Ungerechtigkeit. Ich glaube, dass das Ergebnis unfair ist.» Xavi habe den Schiedsrichter um Erklärungen gebeten, doch dieser habe sich geweigert. Einen möglichen Unterschied machte, dass Schiedsrichter Vincic die Szene bei Pedris Tor selbst anschaute, während er bei Dumfries vermeintlichem Handspiel auf den VAR hörte.
Der ehemalige deutsche Schiedsrichter Wolfgang Stark sprach bei «Amazon Prime» von einer klaren Entscheidung: «Wenn man die Bilder betrachtet, ist das Handspiel unauslegbar. Der Spieler geht ganz klar mit der Hand zum Ball und nimmt dem Stürmer sogar mehr oder weniger die Kugel vom Kopf.» Wie der spanische Journalist Javier Miguel berichtet, plant der FC Barcelona eine formelle Beschwerde bei der UEFA einzureichen.
Doch nicht nur in Mailand hatte der Videoassistent alle Hände voll zu tun. Beim Spiel zwischen Porto und Leverkusen kam es zu einer kuriosen Szene. Die Gastgeber jubelten bereits über den Führungstreffer von Mehdi Taremi, als der Schiedsrichter sich eine Szene vor dem anderen Tor noch einmal anschaute. Und tatsächlich: Anthony Taylor entschied auf einen Penalty – für Leverkusen.
Denn bevor Taremi den Angriff erfolgreich abschloss, hatte Portos David Carmo ein Handspiel im eigenen Strafraum begangen. Zu diskutieren gab es am Entscheid aber nichts. Beim Penalty scheiterte Patrik Schick aber am portugiesischen Goalie Diogo Costa. Zuvor wurde bereits ein Treffer der Gäste wegen eines Foulspiels aberkannt. Porto setzte sich am Ende 2:0 durch.
Allerdings hätte ich den Penalty für Barcelona gegeben, die Hand des Verteidigers hat da oben nichts zu suchen, er nimmt das Risiko des Handspiels in Kauf, auch wenn keine direkte Absicht besteht.