Prügelnde Fans und Spieler: Der Schweizer Fussball gibt ein schlechtes Bild ab
Keine zwei Wochen ist es her, da schien über dem Schweizer Fussball die Sonne. Das Nationalteam qualifizierte sich für die WM-Endrunde – zum sechsten Mal in Folge. Damit gehört die Schweiz zu einem ganz exklusiven Zirkel, den sie mit Spanien, Frankreich, Deutschland, England und Portugal bildet. Sechsmal hintereinander eine WM zu spielen schaffte in Europa nur dieses Sextett. Und auch im FIFA-Ranking mischt die Schweiz im kontinentalen Vergleich vorne mit. Sie ist da die Nummer zehn Europas.
Doch es gibt noch ein anderes Ranking. Eines der UEFA, eines das auch relevant sein sollte. Es ist die UEFA-Fairplay-Wertung – und diese zeichnet ein sehr schlechtes Bild des Schweizer Fussballs. Des Klubfussballs müsste man präzisieren. In dieser UEFA-Fairplay-Wertung belegt die Schweiz nämlich unter 50 europäischen Ländern bloss Platz 30.
Und darum geht es: Die UEFA bewertet während einer Saison bei Europacup-Spielen das Verhalten von Klubs und Teams. In die Wertung fliesst zu 75 Prozent, wie sich Spieler, Funktionäre und Fans benehmen. Die Anzahl der Karten spielt eine Rolle, der gezeigte Respekt gegenüber Gegnern und Schiedsrichtern ebenfalls, genauso wie das Verhalten der Zuschauer.
YB-Fans in England ausser Rand und Band
Weshalb die Schweiz in der Disziplin «Fan-Verhalten» sogar nur an 44. Stelle geführt wird und nur gerade sechs Länder hinter sich lässt, zeigten die Fans der Young Boys am Donnerstag beim Europacup-Auswärtsspiel gegen Aston Villa exemplarisch. Sie waren nach den beiden Gegentoren ausser Rand und Band, bewarfen den Villa-Torschützen Donyell Malen derart mit Bierbechern und anderen Gegenständen, dass dieser eine kleine Wunde am Kopf davontrug.
BSC Young Boys fans threw objects onto the pitch as Donyell Malen celebrated his goal, with one striking him and leaving a mark 🤕
— ESPN UK (@ESPNUK) November 27, 2025
His brace still went on to win the match for Aston Villa ✌️ pic.twitter.com/YKOEQVIoqc
Später lieferten sich einzelne Berner Fans während des Spiels eine Schlägerei mit den englischen Polizisten. Eine Ausnahme war das nicht: Die YB-Fans fielen bereits vor zwei Jahren bei einem Spiel in der Champions League gegen Manchester City negativ auf. Der Klub stand danach unter Beobachtung der UEFA. Diese «Phase der Bewährung» lief kurz vor den Ereignissen vom letzten Donnerstag ab.
Zwei Berner Fans wurden in Birmingham sofort im Stadion abgeführt, sechs weitere am Morgen danach vor dem Rückflug in die Schweiz verhaftet. Ein erstes Urteil war am Samstag gefällt: Ein YB-Fan wurde von einem Schnellgericht zu einer zweimonatigen Haftstrafe verurteilt.
Zürcher Derby endet mit Schlägerei
Mit derartigen Strafen müssen die Übeltäter anlässlich des Zürcher Derbys zwischen dem FC Zürich und den Grasshoppers vom Samstag nicht rechnen. Um sie wird sich kein Strafgericht kümmern, sondern die Disziplinarkommission der Swiss Football League. Denn im Letzigrund eskalierten nicht die Fans, sondern die Spieler. Insbesondere die FCZ-Akteure Jahnoah Markelo und Livano Comenencia.
Kaum war der Schlusspfiff ertönt und die drei wichtigen Punkte für den FCZ in trockenen Tüchern, hatte Markelo nicht Besseres im Sinn, als den 1:0-Derbysieg in provozierender Weise vor der GC-Bank zu feiern. Es war der Auslöser für die Tumulte. Bei der anschliessenden Rudelbildung waren sie dann alle dabei: Spieler, Ersatzleute, gesperrte und verletzte Akteure, Trainer. Die einen schlugen, andere versuchten zu schlichten.
FCZ-Aussenverteidiger Comenencia hatte nach 97 intensiven Derbyminuten noch genügend Puste, um einen 50-Meter-Sprint zum Geschehen hinzulegen. Nur mit Mühe konnten ihn Markelo – welch Ironie der Geschichte! – und der FCZ-Assistenztrainer Johan Vonlanthen in den Spielergang bugsieren. «Das war von uns völlig unnötig», sagte FCZ-Captain Yannick Brecher. Man müsse auch einen Sieg «mit Klasse annehmen», so der Torhüter.
Klasse? Daran fehlt es im Schweizer Klubfussball gerade. Was in den letzten Tagen aufgrund der Prügeleien von Fans und Spielern nämlich fast in Vergessenheit geriet, ist dies: Die drei verbliebenen Europacup-Vertreter verloren ihre Spiele durchwegs. Und das Zürcher Derby bot während der 90 Minuten wenig fussballerische Qualität. (aargauerzeitung.ch)
