Es soll ein schönes Fest werden im eigenen Land 2025. So wie damals, als die Schweiz 2008 gemeinsam mit Österreich Ausrichter der Europameisterschaft der Männer war. Am Dienstag fällt die Uefa den Entscheid, ob die Schweiz 2025 auch zum ersten Mal die Fussball-EM der Frauen durchführen darf.
Schon einige Tage vor dem Entscheid ist die Nervosität bei der Frau, die seit über einem Jahr mit voller Hingabe für die Kandidatur arbeitet, spürbar. Im Gespräch spricht Marion Daube manchmal schnell, sie sprüht vor Energie. Und wenn sie über eine allfällige EM in der Schweiz spricht, dann ist die Begeisterung in ihren Augen zu sehen. Sie sagt: «Es gibt nichts Grösseres als ein Turnier im eigenen Land.»
In den Städten Basel, Bern, Genf, Zürich, St. Gallen, Sion, Luzern, Lausanne und Thun soll die Women's Euro 2025 steigen. Die Konkurrenz kommt aus Frankreich, Polen und einem skandinavischen Bündnis von Schweden, Finnland, Norwegen und Dänemark. «Wie unsere Chancen stehen? Schwierig zu sagen, aber ich hoffe möglichst gut», sagt Daube. Seit 2022 ist sie Projektverantwortliche der Kandidatur, seit Anfang des Jahres ist sie auch die Nachfolgerin von Tatjana Haenni als Direktorin Frauenfussball beim Schweizerischen Fussballverband.
Marion Daube steht an diesem Dienstag, wenn über die EM-Kandidatur entschieden wird, noch mehr im Fokus, als sie es lange erwartet hatte. Über die Kandidaturen wird am Dienstagnachmittag zwar im stillen Kämmerchen des UEFA-Exekutivkomitees entschieden, doch auf Wunsch der Kandidaten gibt es für die jeweiligen Länder noch eine letzte Möglichkeit, sich zu präsentieren. «Ich habe fünf Minuten zur Verfügung. In dieser Zeit möchte ich die Mitglieder des UEFA-Exekutivkomitees möglichst emotional und kreativ begeistern. Dabei werde ich sicher auch mit Bildern arbeiten», so Daube.
Sie wird am Dienstag in Nyon alles daransetzen, die EM in die Schweiz zu holen. Denn Daube ist überzeugt, dass eine Heim-EM vieles zum Positiven verändern kann in der Entwicklung des Schweizer Frauenfussballs. «Ein solches Turnier kann einen Schub auslösen, das war in den anderen Austragungsländern sichtbar.» Durch die erfolgreiche EM 2022 sei der Boom in England spürbar, total waren 574'875 Menschen in die Stadien geströmt. Daube sagt:
Sollte die Euro 2025 tatsächlich in der Schweiz stattfinden, dann wäre es von Vorteil, wenn das Nationalteam auch erfolgreich spielen würde. Der Titel, wie ihn England bei seiner Heim-EM geholt hat, scheint jedoch utopisch, zumal die Entwicklung im Schweizer Frauenfussball in den letzten Jahren stagniert hat. International sind andere Nationen dem Schweizer Team entrückt, Leistungsträgerinnen wie Ramona Bachmann oder Ana-Maria Crnogorcevic sind beide schon 32 und werden kaum mehr jahrelang auf höchstem Niveau spielen können.
«Ich mache mir aber keine Sorgen um die Zukunft unseres Nationalteams», sagt Daube. Bereits an der WM in Neuseeland und Australien im Sommer 2023 möchten die Schweizerinnen die Gruppenphase überstehen und somit für ein Highlight sorgen. «Wir sind regelmässig qualifiziert für die grossen Turniere. Doch es muss weiter an der Basis gearbeitet werden. Es ist wichtig, dass wir mehr Spielerinnen ausbilden können.»
Daubes Vorgängerin, Tatjana Haenni, hatte die Entwicklung gefährdet gesehen. Sie echauffierte sich mehrmals öffentlich über mangelnde Unterstützung innerhalb des Fussballverbandes und wechselte schliesslich zu Beginn des Jahres zur nordamerikanischen Profiliga «National Women's Soccer League». Auch Daube sieht Verbesserungspotenzial in den Strukturen des SFV: So spricht sie von ihrer Aufgabe davon, dass diese eigentlich mehrere Personen übernehmen müssten. Seit ihrem Amtsantritt Anfang Jahr ist Marion Daube in ihrer Aufgabe als Direktorin zuständig für die Liga, die Regionalverbände, das Ausbildungszentrum in Biel, für alle U-Nationalteams und die A-Nati.
Doch Marion Daube jammert nicht, sie sagt: «Ich habe den Job angetreten, weil ich etwas verändern und den Frauenfussball weiterentwickeln möchte.» Dabei wählt sie eine andere Strategie als Haenni, die gerne auch mal den Konflikt gesucht hat. «Ich versuche zunächst die Situation anzuschauen und alles kennenzulernen. Dann möchte ich nach und nach einige Dinge ändern», so Daube. Wichtige Entwicklungsschritte sind beispielsweise der Einsitz des Frauenfussballs in den Zentralvorstand oder strukturelle Massnahmen zur Stärkung der Liga. «Wichtig, ist, dass wir gemeinsam vorankommen.»
Marion Daube hat sich im Schweizer Frauenfussball einen Namen gemacht, indem sie den FC Zürich bei den Frauen zum Vorzeigeklub geführt hatte. 13 Jahre lang hatte sie als Geschäftsführerin der FCZ-Frauen gewirkt und für eine professionelle Struktur gesorgt. Inzwischen bekommt das Frauenteam beim FC Zürich auch Ansehen. Wenn es den Männern nicht läuft, polieren die Frauen immer wieder das Image auf. In den Marketing-Aktivitäten sind die Frauen inzwischen fester Bestandteil, die FCZ-Frauen gelten in der Schweiz als Musterbeispiel, obwohl die Männer- und die Frauenabteilung noch immer getrennt geführt werden.
Bei einem Zuschlag zur EM 2025 ist die Vorlaufzeit für das Heimturnier äusserst kurz bemessen, nur ein bisschen mehr Zeit als zwei Jahre bliebe für die definitive Planung. «Der zeitliche Prozess ist ein riesiger Unterschied zu einem Männerturnier», sagt Daube. Tatsächlich sorgt diese kurze Planung auch für einige Probleme. So ist Lugano kein Austragungsort, was aber durchaus hätte möglich sein können. «Wenn wir früher den Zuschlag für die EM bekommen hätten, hätte der Stadionprozess womöglich etwas schneller gehen können.»
Auch ansonsten wäre der Aufwand enorm für die Planung des grössten frauenspezifischen Events in Europa. So bräuchte es in absehbarer Zeit eine Turnierdirektorin oder einen Turnierdirektor, auch weitere Schlüsselpositionen gälte es rasch zu besetzen. «Es gäbe sehr viel zu tun», sagt Daube. «Doch es wäre wunderbar, wenn wir die EM austragen dürften. Das Projekt ist mit viel Emotionen verbunden für mich. Ich bin ein bisschen hippelig und fiebere dem Entscheid entgegen.» Bis am Dienstag muss sich Marion Daube noch gedulden, ehe klar ist, ob 2025 in der Schweiz ein Sommerfest gefeiert werden kann. (aargauerzeitung.ch)