Sport
Fussball

Harry Maguire wird nach Eigentor scharf kritisiert

Manchester United's Harry Maguire looks on during warm up before the English Premier League soccer match between Manchester United and Wolverhampton at the Old Trafford stadium in Manchester, Eng ...
Harry Maguire sieht sich immer wieder starker Kritik ausgesetzt – vor allem online. Bild: keystone

Harry Maguire am virtuellen Pranger – mal wieder

Kaum ein Fussballprofi wird so offen und hämisch kritisiert wie Harry Maguire. Nach einem unglücklichen Eigentor im Freundschaftsspiel zwischen England und Schottland wurde der Verteidiger mal wieder Zielscheibe von überzogener Kritik – er erhält aber auch Unterstützung.
15.09.2023, 14:4615.09.2023, 17:52
Mehr «Sport»

Harry Maguire hat es wirklich nicht leicht. Als er 2019 von Leicester City zu Manchester United wechselte, wurde er zum teuersten Verteidiger der Welt. Vier Jahre später ist der englische Nationalspieler bei Manchester nicht nur die Captainbinde und seinen Stammplatz los, sondern ist auch zur Zielscheibe für Spott und Häme im Internet avanciert.

2019 unterschrieb Maguire bei United einen Sechsjahresvertrag. Satte 87 Millionen Euro betrug die Ablösesumme – Rekord für einen Verteidiger. Entthront wurde er erst vergangenen August, als Josko Gvardiol für 91,5 Millionen Euro von Leipzig nach Manchester City wechselte. Nach ordentlichen Leistungen in den ersten beiden Jahren bei Manchester United zeigte Maguires Formkurve schliesslich stetig nach unten – haarsträubende Aussetzer inklusive. Ein Sündenbock für Manchester Uniteds ausbleibenden Erfolg war schnell gefunden: Maguire sei sein Geld nicht wert, hiess es.

In der vergangenen Saison stand Harry Maguire in der Premier League nur noch in 16 Pflichtspielen auf dem Platz. Das Team um Trainer Erik ten Hag setzt nicht mehr auf den einstigen Rekordverteidiger und versuchte, ihn im vergangenen Transferfenster loszuwerden. West Ham zeigte Interesse, Unstimmigkeiten zwischen Maguire und Manchester United über die Höhe der Abfindung führten aber dazu, dass Maguire auch in der angelaufenen Saison bei den Nordengländern im Kader steht.

Maguires zuweilen etwas tollpatschige Art und seine mittlerweile 5 Eigentore führten zu Kritik, die im Internet in Form von Memes und Videos in Endlosschleife reproduziert wird. Auch Experten schlagen in dieselbe Kerbe. So meinte der ehemalige Fussballer und heutige TV-Experte Rafael van der Vaart über Maguire: «Wenn ich mir am Sonntag ein Amateurspiel anschaue, finde ich drei Spieler, die spielen wie er.» Es scheint, als wäre es geradezu salonfähig geworden, verbal auf den englischen Verteidiger einzudreschen. Selbst im ghanaischen Parlament machte man sich bereits über den englischen Nationalspieler lustig.

Ein Parlamentarier vergleicht die Wirtschaft in Ghana mit Harry Maguire.Video: YouTube/The Independent

Nationalmannschaft

Die Nationalmannschaft war für Maguire lange so etwas wie ein Safe Space. Unter Trainer Garreth Southgate war er stets gesetzt. Nun scheint der Verteidiger aber auch im Nationaldress nicht mehr unumstritten zu sein. Bereits im Vorfeld der Weltmeisterschaft in Katar hatte Southgate zugegeben, dass Maguires fehlende Spielpraxis bei seinem Team natürlich «alles andere als ideal sei», trotzdem hielt er am Verteidiger fest.

Dass der Nationalcoach noch immer auf Maguire setzt, kommt nicht überall gut an. Zusätzlichen Zündstoff erhielten die Diskussionen durch das unglückliche Eigentor, das er am vergangenen Dienstag im Freundschaftsspiel zwischen England und Schottland erzielte. Schon bei seiner Einwechslung wurden seine Ballberührungen stets von Pfiffen aus den schottischen Rängen begleitet – auch die schottischen Fans scheinen in Harry Maguire eine Figur zu sehen, über die man ungehemmt herziehen kann.

Nach der Partie gegen Schottland bezeichnete Nationalcoach Southgate den Hohn, der sich über Maguire ergiesst, als einen «Witz» und fügte an: «Ich habe noch nie erlebt, dass ein Spieler so behandelt wird.» Er bezog sich dabei nicht auf die Pfiffe der Schotten, sondern vielmehr auf die Kritik aus den eigenen Reihen. Die englischen Medien, die nicht gerade für ihre Zimperlichkeit bekannt sind, hätten den 30-Jährigen zur «Witzfigur» gemacht, meinte der Trainer.

Nach Maguires Eigentor meldete sich laut «The Guardian» nun auch seine Mutter zu Wort und ergriff Partei für ihren Sohn. In einer Instagram-Story wendete sich Zoe Maguire an die Öffentlichkeit und bezeichnete das Ausmass der Kritik als «beschämend und inakzeptabel». Sie fügt an, dass sie zwar verstehe, «dass es in der Welt des Fussballs Höhen und Tiefen, Positives und Negatives gibt», aber dass das, was Harry abkriege, weit über den Fussball hinausgehe.

Doch wie fühlt sich eigentlich der Mann, der am virtuellen Pranger steht? Nach der Partie gegen Schottland gab sich Maguire gelassen und fokussierte sich auf das, was er im englischen Dress bereits geleistet hat: «Ich hatte eine fantastische Weltmeisterschaft, obwohl ich nicht so viele Spiele bestritten habe. Und die Fans haben immer zu mir gehalten. Sie haben gesehen, was ich in 59 Länderspielen für England geleistet habe.»

Italy v England - UEFA EURO, EM, Europameisterschaft,Fussball 2024 qualifiers Harry Maguire of England greets the fans at the end of UEFA Euro 2024 Qualifiers match between Italy and England at Stadio ...
In 59 Einsätzen für das englische Nationalteam erzielte Maguire bisher sieben Tore. Bild: www.imago-images.de

Auch seine Mutter glaubt, dass ihr Sohn an der Kritik nicht zerbricht: «Harry hat ein grosses Herz und es ist gut, dass er mental stark ist und damit umgehen kann, denn andere können das vielleicht nicht. Diese Art von Missbrauch wünsche ich niemandem», schrieb sie auf Instagram.

Häme hin oder her, will Maguire im Hinblick auf die EM 2024 in Deutschland fit bleiben, braucht er dringend Spielpraxis. In Manchester United wird dies schwierig. Sind seine direkten Konkurrenten Lisandro Martínez, Raphaël Varane oder Victor Lindelöf fit, dürfte er unter Erik ten Hag weiterhin hinten anstehen müssen. Auch der ehemalige United-Stürmer Louis Saha sieht einen Wechsel für Maguire unumgänglich: «Ich glaube, der logische Schritt für ihn ist, sich einen Verein zu suchen, der ihn respektiert, seinen Status achtet und ihm die Chance gibt, sich bei der Euro 2024 in die englische Startelf zu spielen.»

Was denkst du über die Kritik an Harry Maguire – gerechtfertigt oder nicht?
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das sind die 30 teuersten Schweizer Fussballer
1 / 32
Das sind die 30 teuersten Schweizer Fussballer
Rang 29: Ricardo Rodríguez wechselte im Sommer 2012 für 8,5 Millionen Euro vom FC Zürich zum VfL Wolfsburg.
quelle: x00960 / ralph orlowski
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Hund weigert sich, bei einem Fussballspiel den Ball loszulassen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Der_Infant
15.09.2023 14:38registriert Oktober 2018
Finde es oft nicht in Ordnung, dass die Ablösesumme auf den Spieler reduziert wird.
Was kann Maguire dafür, wenn ManUtd solche überzogene Preise zahlt.
Das er bei mir bestimmt nie in einer Best of Team landen würde ist auch klar, zu weilen lacht man auch gerne mit über gewisse Eigentore, was aber er einstecken muss, Hut ab.
Er sagt sich hoffentlich das er ein gutes Umfeld hat welches zu ihm hält und er im inneren Kreis die liebe auch erfährt und natürlich über die Kohle die er macht und so einen guten Lebensalltag hat nach der Fussballer Zeit.
Das Internet ist ein böser Ort, treffend bemerkt
380
Melden
Zum Kommentar
12
Patrick Fischer, Kevin Schläpfer und die Zufälligkeiten der Hockey-Geschichte
Kevin Schläpfer war im Oktober 2015 ein «Hockey-Gott» und Patrick Fischer ein gescheiterter Trainer. Heute ist Patrick Fischer der mächtigste Mann unseres Hockeys und Kevin Schläpfer Provinzfürst in Basel. Ein einziger Entscheid hat unsere Hockey-Geschichte verändert.

Was wäre, wenn … Unser Hockey liefert ein spektakuläres Beispiel für kontrafaktische Geschichtsschreibung: Was wäre, wenn Kevin Schläpfer am 15. Oktober 2015 Nationaltrainer geworden wäre? Der damalige Verbandssportdirektor Raëto Raffainer offerierte Biels Trainer Kevin Schläpfer den Job. Doch Biels Verwaltungsrat sagte einstimmig nein und unter Tränen verzichtete der Baselbieter auf seinen Traumjob. Gut ein Jahr später musste er in Biel gehen.

Zur Story