Am Ende nahm er dann doch seinen Hut. Noël Le Graët beugte sich dem Druck von aussen und trat am Dienstag als Präsident des französischen Fussballverbands (FFF) zurück. Der 81-Jährige sah sich schweren Vorwürfen ausgesetzt – nicht zuletzt wegen einer Untersuchung des französischen Sportministeriums.
Diese wurde aufgrund von Berichten über persönliche Verfehlungen Le Graëts einberufen. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden vor zwei Wochen bekannt gegeben und machten das Fehlverhalten des Präsidenten und anderer Verantwortlicher im Verband öffentlich. Darin wird berichtet, dass Le Graët nicht mehr über «die nötige Legitimität» verfüge, den französischen Fussball zu repräsentieren. Ausserdem wurde das «unangemessene Verhalten Le Graëts gegenüber Frauen» hervorgehoben. Unter anderem soll er einigen Frauen im Verband, teils spätabends, unangemessene Nachrichten geschickt haben.
Doch es war nicht der einzige Kritikpunkt am zurückgetretenen Präsidenten. Vor der WM in Katar verärgerte er französische Regierungsoffizielle gemäss New York Times, indem er die Behandlung der Gastarbeiter im Austragungsland herunterspielte. Im Januar dieses Jahres sorgte er mit Aussagen zu Zinedine Zidane zudem für Empörung bei Kylian Mbappé, Franck Ribéry sowie Real Madrid, das Le Graët «mangelnden Respekt» vorwarf. Dieser hatte angesprochen auf die Gerüchte um Zidane als Kandidat für den Job als Nationaltrainer und einen möglichen Anruf des einstigen Weltfussballers geantwortet: «Ich wäre nicht einmal ans Telefon gegangen.»
Später entschuldigte er sich für seine «ungeschickten Aussagen». Nicht so für das im Bericht des Sportministeriums beanstandete Fehlverhalten. Dieses verneint Le Graët in einem Interview mit L'Équipe vom Dienstag: «Ich habe nie jemanden belästigt.» Der französische Fussballverband stellt sich hinter seinen bisherigen Vorsteher. Der FFF beanstandet in der offiziellen Mitteilung, dass der Bericht «weniger auf objektiven Fakten beruht als auf Einschätzungen, die in einigen Fällen zu einer übertriebenen Verunglimpfung des Verbands geführt haben».
Der Rücktritt kommt in einer auch sonst unruhigen Zeit für den französischen Fussballverband. In den vergangenen Tagen verkündeten vier Nationalspielerinnen das Ende ihrer internationalen Karriere. Darunter Kapitänin Wendie Renard von Olympique Lyon, die bereits in 142 Länderspielen auf dem Platz gestanden hatte. «Ich kann das System, das weit von den Anforderungen des höchsten Niveaus entfernt ist, nicht mehr unterstützen», heisst es in ihrer Mitteilung. Es sei ein trauriger Tag, aber der Schritt sei nötig, um ihre mentale Gesundheit zu bewahren, schreibt die 32-jährige Verteidigerin: «Ich habe keine Lust mehr zu leiden.»
Merci pour votre soutien et le respect de ma décision. 🇫🇷 pic.twitter.com/MOryINwvb0
— Wendie Renard (@WRenard) February 24, 2023
Wenig später folgten ihr Marie-Antoinette Katoto, Kadidiatou Diani sowie Perle Morroni. Katoto, eine der besten Stürmerinnen der Welt und Teamkollegin von Ramona Bachmann bei PSG, blies ins selbe Horn wie Renard, die sie in ihrer Erklärung erwähnte: «Ich stimme nicht mehr mit dem Management des französischen Nationalteams und den vermittelten Werten überein.» Dies hätten ihr vergangene Vorkommnisse sowie die jüngsten Ereignisse gezeigt. Ihre internationale Karriere sei vorübergehend beendet – «solange die notwendigen Änderungen nicht umgesetzt werden».
Auch wenn die 24-jährige Katoto sie nicht namentlich erwähnt, ist für viele klar, dass damit vor allem die Nationaltrainerin Corinne Diacre gemeint ist. Diese wird aufgrund ihres eisernen und kompromisslosen Führungsstils auch «Drache» genannt. Auf Kritik aus dem Team reagierte sie stets mit harter Hand. Als sich Armandine Henry im Jahr 2019 kritisch über die «granit-harte und taktlose» Herangehensweise Diacres äusserte, wurde sie aus dem Nationalteam verbannt. Dabei hatte Henry das Amt der Kapitänin nach Diacres Antritt von Renard übernehmen dürfen. «Ich habe Mädchen in ihren Zimmern weinen sehen. Ich selbst habe auf meinem Zimmer geweint», hatte Henry über die Zeit im Nationalteam unter Diacre gesagt.
Sie war nicht die Einzige, die mit der Art von Trainerin Diacre nicht zufrieden war. Die Torhüterin Sarah Bouhaddi gab 2020 ihren Rücktritt aus der «Équipe Tricolore» bekannt. «Wir haben hier ein sehr negatives Ambiente», sagte die heutige PSG- und damalige Lyon-Goalie. Die Situation beschrieb sie später als «psychologisch unhaltbar». Trotz der Vorwürfe hielt der Verband bisher an Diacre fest – auch weil Le Graët ein grosser Befürworter der Trainerin war. Nun wird die Luft für die 48-Jährige, die zwischen 2014 und 2017 mit dem Zweitligisten Clermont Foot als erste Französin einen Profiklub bei den Männern trainierte, immer dünner. Bis zum 9. März will der Verband einen Entscheid über ihre Zukunft fällen.
Der Streit mit dem Verband und der Nationaltrainerin erinnert an den Konflikt in Spanien, wo eine Reihe von Spielerinnen die Zusammenarbeit mit Nationalcoach Jorge Vilda verweigert. Renard und Co. bekommen dabei zudem Unterstützung von Olympique Lyon, dem Klub, der zwischen 2007 und 2020 immer die französische Meisterschaft und zudem achtmal die Champions League gewann. Präsident Jean-Michel Aulas sprach gegenüber L'Équipe mit Blick auf Diacre und die Profis von einer «unumkehrbaren Situation».
Das französische Nationalteam plagt aber auch noch eine weitere Geschichte aus der Vergangenheit. Im Oktober 2021 wurde die PSG-Spielerin Kheira Hamraoui von zwei Männern aus ihrem Auto gezerrt und mit Eisenstangen geschlagen. Ihre Teamkollegin Aminata Diallo, der eine Verbindung zum Angriff vorgeworfen wird, wurde anschliessend mehrfach in Untersuchungshaft genommen. Nun nominierte Diacre das Opfer Hamraoui wieder für das Nationalteam.
Dies sei gemäss Spiegel ein Affront für die jetzt zurückgetretenen Katoto und Diani gewesen. Die beiden gelten als enge Freundinnen von Diallo, welche trotz der laufenden Klage nach Spanien zu Levante wechseln konnte. Katoto und Diani sollen Hamraoui bei PSG gar gemobbt haben, im April 2022 sei es im Training zu einem Handgemenge gekommen, nach welchem Hamraoui für Monate vom Team getrennt wurde.
In der Folge habe Katotos Berater dem Klub gemäss Untersuchungen gedroht, dass seine Klientin nur verlängern würde, wenn Hamraoui verkauft werde. Am Ende konnte Katoto mit einem Lohn von rund 600'000 Euro – Rekord im Fussball der Frauen – trotz Hamraouis Verbleib überzeugt werden, zu verlängern. Im Nationalteam wird sie aber vorerst nicht spielen, wodurch sie wie Renard, Diani und Morroni wohl auch die WM in Australien und Neuseeland verpassen wird. Damit fällt Frankreich wohl aus dem Favoritenkreis für das Turnier im Juli und August.
Es sind schwierige Zeiten für den französischen Fussballverband, der vor lauter Skandalen im Chaos zu versinken droht. Einen muss das aber nicht mehr kümmern. Noël Le Graët ist für die Zeit nach seinem Rücktritt bestens abgesichert. Der 81-Jährige übernahm bereits im Januar 2022 die Führung des FIFA-Büros in Paris. Gianni Infantino, Präsident des Weltverbands, lobte Le Graët nach dessen Rücktritt für die «exzellente Arbeit und seine Rolle in der erfolgreichen Entwicklung des französischen Fussballs».
"Ich möchte mich bei Le Graët für seine exzellente Arbeit bedanken"
Alles klar, ein Stinkstiefel deckt den anderen.
Katoto und Diani gehören für mich von der Nati ausgeschlossen, solange sie sich nicht entschuldigen für's Mobbing und sich von ihrer, vermutlich, kriminellen Freundin distanzieren. Nur schon um überhaupt ein Team formen zu können, darf man solche Störobjekte nicht aufbieten. Sonst hat man immer nur Knatsch.
Und Le Graët ist einer der führenden Köpfe weshalb die WM in Katar stattfand. Genau so ein 🤬 wie Infantino. Logisch sind die beiden die besten Freunde....
Ich hoffe eines Tages werde ich endlich auch ein Artikel darüber lesen wie die kranken Machenschaften von Gianni aufgedeckt und vor Gericht gezerrt werden😒