Sie haben es schon wieder getan. Ende März lockten die Frauen des FC Barcelona mit der Schweizer Nationalspielerin Ana-Maria Crnogorcevic für das Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Erzrivale Real Madrid mehr als 91'000 Zuschauerinnen und Zuschauer ins Camp Nou. Damit stellten sie in einem offiziellen Spiel der UEFA oder FIFA eine neue Rekordkulisse bei den Frauen auf.
Und nun, nur einige Tage später, sind sie kurz davor, dies zu wiederholen. Vor zwei Tagen vermeldete der Klub, dass für das Halbfinal-Hinspiel in der Königsklasse gegen Wolfsburg bereits 50'000 Tickets verkauft wurden. Mittlerweile ist gar klar: Das Stadion wird am 22. April gar ausverkauft sein. Das Camp Nou in Barcelona fasst 99'354 Fans – der nächste Rekord ist also nur Formsache.
Women’s football you guys 🔥
— THEIR PITCH (@theirpitch) March 31, 2022
2022.03.30
FC Barcelona v Real Madrid in the @UWCL
91.553 in attendance at Camp Nou pic.twitter.com/tObfZq4YtU
Normalerweise tragen die Barça-Frauen ihre Heimspiele im Estadi Johan Cruyff aus. Die kleine Arena auf dem Trainingsgelände der Katalanen bietet maximal 6000 Zuschauern Platz. Für die heissesten Ligaspiele waren bislang jeweils rund 5000 Sitze besetzt. Wie kommt es also zum plötzlichen Hype rund um das Frauenteam?
Einerseits ist es sicher so, dass die Tickets für die Frauen ein gutes Stück billiger sind als bei den Männern. Bei Ligaspielen beläuft sich der teuerste Eintrittspreis auf 15 Euro. In der Champions League dürfte es nochmals etwas teurer sein, aber noch immer ein Bruchteil im Vergleich zu den Auftritten von Pedri, Ansu Fati und Co.
No one cares about women football, they said 🤷🏼♀️
— Mariana Vaz Pinto (@marianavazpinto) March 30, 2022
FC Barcelona vs Real Madrid, Champions League #EqualGame pic.twitter.com/FQLrwQTIz4
Andererseits dürften aber auch die grossen Erfolge der Mannschaft in der jüngeren Vergangenheit die riesige Begeisterung ausgelöst haben. Im Mai 2021 gewannen die Barça-Frauen erstmals in ihrer Geschichte die Champions League. Ein Jahr später sicherten sie sich sechs Runden vor Schluss den Meistertitel – den siebten der Klubgeschichte. Barcelona hat in dieser Saison noch kein einziges Spiel verloren und dabei 168 Tore erzielt und nur deren zwölf erhalten.
Derart dominant trat die Mannschaft beileibe nicht immer auf. 2001 durften die Katalaninnen der frisch gegründeten spanischen Superliga nicht beitreten, weil ihre Resultate in der Saison zuvor zu schlecht waren. 2007 folgte nach einiger Zeit in der höchsten Liga gar der Abstieg. Erst 2012 gab es den ersten Titel der Klubgeschichte.
Doch im Sommer 2015 folgten grosse Veränderungen. Sportdirektor Markel Zubizarreta, Sohn des ehemaligen Barça-Keepers Andoni, sorgte für professionelle Strukturen in der Frauen-Abteilung. Ein eigentlich simpler Schritt, aber die Mentalität in allen Bereichen zu ändern, war harte Arbeit, erklärte Zubizarreta zuletzt. Der Staff wurde auch bei den Frauen massiv ausgebaut. Neu gab es nicht nur einen Trainer, sondern auch Assistenten, Analystinnen, Teamärzte, Psychologinnen und Ernährungsberater.
Statt nur die besten Spielerinnen der Welt zusammenzukaufen, wurde langfristig gedacht und auch innerhalb der bekannten Nachwuchs-Akademie «La Masia» aufgerüstet. Die Teams der Juniorinnen erhielten zusätzliche Trainer und Betreuer und auch im Scouting-Bereich investierten die Katalanen mehr Geld. Die U10-, U12- und U14-Mädchenteams von Barcelona spielen in Knabenligen mit. Die Logik: Je stärker die Gegner der jungen Spielerinnen, umso besser spielen sie dann als Erwachsene.
Die Investitionen zahlen sich nun in der Form von Dominanz in der heimischen Liga aus – und eben in einem prall gefüllten Camp Nou. Die Norwegerin Caroline Graham Hansen sagt nach dem historischen Spiel gegen Real: «Das heute ist der Beweis, dass man mit Frauenfussball Geld verdienen kann. Es sind nicht einfach nur 91'000 Menschen hier, sondern 91'000 Menschen, die eine Party feiern. Und wenn du Spass hast, willst du wiederkommen.»
Der Vorverkauf für das Duell gegen Wolfsburg gibt ihr recht. Doch das Halbfinal-Duell gegen den deutschen Vizemeister wird eine deutlich grössere Knacknuss als jenes gegen Real. Die «Wölfinnen» gewannen die Champions League schon zweimal und standen zudem dreimal im Final.