Manchester Citys Trainer Pep Guardiola ist für vieles bekannt. Doch eines ist ihm in seiner Karriere noch nicht gelungen: eine legendäre Aufholjagd in einem europäischen Wettbewerb. Als Trainer des FC Barcelona, von Bayern München und Manchester City hat er es auch bloss einmal erlebt, einen 0:3-Rückstand aus dem Hinspiel aufholen zu müssen. Das war mit Bayern in den Halbfinals 2015 gegen seinen ehemaligen Klub Barcelona. Das Rückspiel endete zwar mit einem Sieg, aber eben nur mit einem 3:2, die Bayern schieden aus.
Und trotzdem: Man traut Guardiola und seinem Team zu, den 0:3-Rückstand gegen Liverpool (heute um 20.45 Uhr im watson-Liveticker) wettzumachen. Schon einmal in dieser Saison hat Manchester City diesen Gegner im heimischen Stadion überfahren und 5:0 gewonnen. Ausserdem war auch das zweite Duell zwischen den Blauen aus Manchester und den Roten aus Liverpool in der Meisterschaft ein verrücktes Spiel. Im Januar führte Liverpool bis sechs Minuten vor dem Ende 4:1 und musste sich dann noch zu einem 4:3-Sieg zittern.
Liverpool ist also gewarnt und sein Trainer Jürgen Klopp sprach davon, in Manchester «höllisch arbeiten» zu müssen. Manchester City ist fähig, drei oder mehr Tore zu schiessen. Das hat der designierte englische Meister in dieser Saison ganz oft bewiesen, auch gegen Spitzenteams: zweimal gegen Liverpool, dreimal gegen Arsenal, einmal gegen Tottenham Hotspur, einmal gegen Napoli.
Es gäbe so viele Beispiele, aus denen Manchester City Hoffnung schöpfen könnte. Wären da bloss nicht die Eindrücke der letzten Tage. Auf das 0:3 in Liverpool folgte die 2:3-Heimniederlage gegen Manchester United. Eine 2:0-Pausenführung wurde in der zweiten Halbzeit innerhalb von 15 Minuten in eine Niederlage umgewandelt. Innerhalb von drei Tagen zweimal drei Gegentore zugelassen. Wie kommt das? «Vielleicht ist das meine Schuld. Darüber muss ich nachdenken», antwortete Guardiola.
Der Trainer-Guru tut tatsächlich gut daran, sich darüber Gedanken zu machen – nicht nur im Hinblick auf das Rückspiel gegen Liverpool. Denn es ist ein Muster erkennbar, das Schwächephasen offenbart, welche Guardiola-Teams immer mal wieder befallen. Gegen Liverpool kassierte Manchester City drei Gegentore in 19 Minuten. Mit Bayern verpasste Guardiola den Champions-League-Final 2014, weil im Rückspiel in München Real Madrid nach 34 Minuten 3:0 führte. Ein Jahr später schoss der FC Barcelona gegen Guardiolas Bayern im Halbfinal-Hinspiel in der Schlussviertelstunde drei Tore.
Gegen Liverpool müssen Guardiola und Manchester City solche Zwischentiefs nicht nur verhindern, sie sollten vor allem selbst in kurzer Abfolge mindestens zwei Tore erzielen, um die Hoffnung auf einen legendären Fussball-Abend möglichst lange am Leben zu halten. Selbst eine Partie wie der Achtelfinal der vergangenen Saison scheint denkbar, in dem Barcelona dank drei Toren nach der 88. Minute gegen Paris St-Germain 6:1 gewann und damit trotz der 0:4-Hinspiel-Niederlage noch weiter kam.
Der andere Viertelfinal von heute Abend scheint hingegen schon entschieden zu sein. Barcelona geht mit einem 4:1-Heimsieg als Polster ins Rückspiel zur AS Roma, der im Gegensatz zu Manchester City keine Aufholjagd zugetraut wird. (ram/sda)