Der internationalste Klub – hier spielten am meisten verschiedene Nationalitäten
Was wären unsere Fussballligen ohne die Stars aus anderen Ländern? Während diese früher noch als Exoten galten, gibt es heute kaum eine Nation, die nicht in einem Klub vertreten ist. Aber wie sieht die Realität wirklich aus?
Wir haben die 108 Klubs, die aktuell in den höchsten Ligen in Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien und der Schweiz spielen, nach ihrer Internationalität untersucht. Die grösste Überraschung: Der Verein, der die meisten verschiedenen Nationalitäten seit 1955 engagierte, ist ein Schweizer.
Die Recherche basiert auf den gesammelten Daten von Transfermarkt (siehe Box für Details). Das sind die Resultate:
Gezählt wurden nicht die einzelnen Spieler, sondern die Klubs für die ein Spieler auflief. So zählt Robert Lewandowski als Pole bei Dortmund und Bayern München. Matias Delgado gilt bei Basel aber nur als ein Argentinier, obwohl er zweimal zum FC Basel stiess.
Die Daten der ausländischen Spieler sind in den verschiedenen Ligen unterschiedlich weit zurück lückenlos erfasst. In der Super League seit 1955/56, der Bundesliga seit 1963/64, der Serie A seit 1952/53, der Ligue 1 seit 1994/95, der Premier League seit 1992/1993 und der La Liga seit 1999/2000. Davor kann es Lücken geben. Allerdings waren vor 1995 ausländische Spieler nur begrenzt einsetzbar stammten meist aus den bekannten Fussballnationen. Die grosse Internationalität kam erst nach 1995 auf.
Der internationalste Klub
Aus den 108 untersuchten Klubs schwingt tatsächlich ein Schweizer Verein oben aus. Und es ist nicht Sion. In keinem anderen Klub kickten seit Erfassung der Daten mehr Nationen als bei GC. Der Rekordmeister aus Zürich hatte in dem Zeitraum Spieler aus insgesamt 75 Nationen unter Vertrag. Sion, das insbesondere unter dem eigenwilligen Präsidenten Christian Constantin an Internationalität zulegte, schafft es auf bisher 72 Nationen.
Teams mit den meisten Nationalitäten
- Grasshoppers: 75
- FC Sion: 72
- Manchester City: 69
- AS Monaco: 68
- FC Lugano, Mainz 05, FC Watford, Brighton & Hove: 67
- Crystal Palace: 66
- Eintracht Frankfurt, West Ham: 65
- Arsenal, Olympique Marseille, Strassbourg: 64
- Lausanne-Sport, Genua CFC, Wolverhampton, FC Southampton: 63
- Udinese Calcio, Stade Rennes: 62
Am anderen Ende der Ausländerverpflichtung steht – wenig überraschend – Athletic Bilbao, das sich als inoffizielles «Nationalteam der Basken» versteht. Verpflichtet werden nur Spieler mit baskischen Wurzeln. So schafften es bisher erst sechs «Ausländer» ins Team. Der bekannteste von ihnen ist wohl Welt- und Europameister sowie Bayern-Legende Bixente Lizarazu, ein französischer Baske.
Teams mit den wenigsten Nationalitäten
- Athletic Bilbao: 6
- US Sassuolo: 32
- RB Leipzig: 33
- FC Burnley: 36
- FC Villarreal: 39
- FC Elche: 40
- Clermont Foot, Deportivo Alaves: 41
- Real Sociedad: 42
- SSC Napoli, Stade Brest, FC Getafe: 43
- Real Madrid, FC Sevilla, TSG Hoffenheim, FC Metz: 44
Auffällig auch, dass die aktuellen Vertreter der Super League insgesamt eine deutlich höhere Vielfalt ausweisen als die Klubs der fünf Topligen. Zu erklären dürfte dies unter anderem damit sein, dass für die Top-5-Ligen grundsätzlich nur die besten Fussballer der Welt verpflichtet werden, in der Super League aber auch Spieler mit weniger Qualität Unterschlupf finden, womit auch Fussballer aus weniger bekannten Fussballnationen eher einen Vertrag erhalten können.
Die «unbeliebtesten» Nationen
Insgesamt haben seit 1955 schon Akteure aus 178 verschiedenen Nationen (aktuelle Anzahl UNO-Mitglieder: 197) in den ausgewählten Ligen (Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien, Schweiz) gespielt. Mit dabei sind auch heute nicht mehr existierende Länder wie die DDR, Sowjetunion oder Jugoslawien.
Interessant ist der Blick auf jene Länder, die bis heute kaum Spieler gestellt haben – oder noch gar nie. Letzteres betrifft insgesamt 42 aktuelle Nationen. Während aus Amerika praktisch jedes Land vertreten ist, sind die asiatischen Spieler deutlich untervertreten:
In den sechs untersuchten Ländern kamen praktisch überall ähnlich viele Nationalitäten zum Einsatz. Einzig bei den aktuellen Premier-League-Teams spielten mit 135 deutlich am meisten verschiedene Herkunftsländer.
Die beliebtesten Nationen
Super League:
- Italien: 226
- Frankreich: 219
- Deutschland: 213
- Brasilien: 209
- Argentinien: 91
Die aktuellen Superligisten haben vier klare Favoriten: Italien, Frankreich, Deutschland und Brasilien. Alle anderen Nationen folgen mit grossem Abstand. Mit Liechtensteinern wurden bisher 29 Verträge abgeschlossen.
Serie A
- Brasilien: 526
- Argentinien: 489
- Frankreich: 234
- Uruguay: 223
- Kroatien: 154
Die Serie A zeigt dagegen eine klare Vorliebe für ausländische Kicker aus Brasilien (526) und Argentinien (489). Auch Spieler aus Uruguay, Kroatien und – etwas überraschend – Schweden sind sehr beliebt. Werden Afrikaner verpflichtet, so sind dies in den meisten Fällen Ghanaer (100).
La Liga
- Argentinien: 537
- Brasilien: 343
- Uruguay: 210
- Frankreich: 189
- Portugal: 155
Auch in Spanien ist die Vorliebe für südamerikanische Fussballer bekannt. Dort allerdings dominiert das spanischsprechende Argentinien (537) vor Brasilien (343) und Uruguay (210). Für Schweizer gab es bisher neunmal ein Plätzchen:
Bundesliga
- Brasilien: 198
- Kroatien: 181
- Österreich: 166
- Polen: 141
- Türkei: 141
Auch in Deutschland wurden die meisten Verträge mit Brasilianern (198) unterzeichnet. Allerdings folgen danach Kroaten (181) und Österreicher (166). Mit Spielern aus der Schweiz wurden schon 129 Kontrakte abgeschlossen. Das reicht für Rang 6.
Ligue 1
- Senegal: 291
- Brasilien: 237
- Algerien: 231
- Kamerun: 204
- Argentinien: 201
In Frankreich stellt Frankreich selbst die grösste «Ausländergruppe» in der Ligue 1. Dies ist der AS Monaco geschuldet, die als ausländisches Team an der Liga teilnehmen kann. Wir haben die Franzosen bei Monaco hier aber nicht berücksichtigt.
So sticht die Vorliebe für afrikanische Fussballer aus ehemaligen französischen Kolonien heraus: Der Senegal (291) stellt so die grösste Ausländergruppe, ebenfalls weit vorne: Algerien, Kamerun, die Elfenbeinküste, Marokko und Mali:
Premier League
- Schottland: 943
- Irland: 601
- Wales: 487
- Nordirland: 310
- Frankreich: 295
Während sich die anderen grossen Nationen gerne aus Südamerika oder Afrika bedienen, setzt die Premier League auf viele Vertreter aus Schottland, Irland, Wales und Nordirland. Oder vielleicht müssten wir sagen: setzte. Denn in den letzten Jahren holten die traditionell starken Fussballnationen mächtig auf. Auch spannend: Australier (124) wurden bisher öfter berücksichtigt als Brasilianer (111).
