Thorsten Fink: «Xherdan Shaqiri hat auch meiner Karriere einen Kick gegeben»
Thorsten Fink, vor einem Jahr, damals als Tabellenführer in Belgien, haben Sie gesagt, Sie seien ein glücklicher Trainer in Genk. Gilt das immer noch? Auch nach der Heimniederlage am Sonntag?
Thorsten Fink: Der Trainer ist immer noch glücklich. Das 0:1 gegen Mechelen haut uns nicht um, denn wir haben uns genügend Chancen herausgespielt und waren einfach nicht effektiv. Manchmal muss man für sein Glück kämpfen, das ist wie in einer langen Ehe, wo es mit den Jahren auch mal schwierig sein kann. Jeder hat seine Stärken und Schwächen und dann ist die Frage, wie man gut miteinander auskommt. Und beim KRC Genk ist es nun so, dass wir tabellarisch noch nicht so weit oben sind, aber ich bin fest davon überzeugt, dass wir nach 30 Spielen unter den Top 4 sein werden und in der Playoff-Runde um die Meisterschaft mitspielen können.
Diese Playoffs sind Ihrer Mannschaft zum Verhängnis geworden.
Aus neun Punkten Vorsprung nach der Hauptrunde sind durch die Halbierung nur noch vier geblieben. Aber ich weiss ja, wie es ist: In den vergangenen beiden Jahren war der Tabellenerste nach 30 Runden nicht der Erste nach 40 Spieltagen. Royale Union Saint-Gilloise war vorletztes Jahr 19 Punkte vor und ist nach der Teilung der Liga auch nicht Meister geworden – wie wir.
Dieses Saint-Gilloise liegt als Meister und Champions-League-Teilnehmer wieder vorne. Genk hat von den letzten zwölf Spielen zwar nur zwei verloren, aber einen schlechten Start gehabt.
Wir haben eine gute Mannschaft, aber wir haben im Sommer eben auch für sehr viel Geld Spieler verkauft. Wir haben unseren Top-Torjäger Tolu Arokodare abgegeben an Wolverhampton für eine Rekordablöse (angeblich 26 Millionen Euro; Anm. d. Red.) und Linksaussen Christopher Bonsu Baah (für 17 Millionen nach Saudi Arabien). Und Mike Penders, der Chelsea gehört (20-Millionen-Ablöse), ist jetzt Stammtorhüter in Strasbourg. Das alles ist nicht so einfach zu ersetzen. Wir haben dafür immer wieder junge Spieler gebracht, aber die brauchen halt ihre Zeit.
Zeit, die man nie hat im Profifussball.
Unsere neuen Spieler mussten sich erst finden. Wir haben in Daan Heymans (von Charleroi) eine neue Nummer 10, der genauso verletzt war wie unser neuer Torhüter aus Österreich, Tobias Lawal. Und vorne spielt immer noch Hyeon-gyu Oh. Den wollte eigentlich der VfB Stuttgart, aber er ist durchgefallen beim Medizincheck wegen angeblichen Knieproblemen, die er gar nicht hat. Jetzt ist er aktuell unser bester Torschütze. Wir sind langsam in Fahrt gekommen, die Zeichen zeigen nach oben und jetzt stehen uns drei weitere Heimspiele hintereinander ins Haus, unter anderem gegen Basel und im Cup gegen Anderlecht.
Die Vereinspolitik wird von Ihnen mitgetragen? Wenn es nicht wie gewünscht läuft, ist der Trainer ja immer der Erste im Umzug, der dran glauben muss.
Wenn es Kritik von aussen gibt, können der Präsident, der Sportdirektor und der CEO das einordnen. Es gibt ein grosses gegenseitiges Vertrauen und sie wissen, was sie am Team und am Trainer haben. Mein Vertrag wurde vergangene Saison schon nach ein paar Monaten verlängert und ist unbefristet. Es macht mir grossen Spass, die Arbeit hier fortzuführen.
Ist es denn noch etwas Besonderes für Sie, gegen Basel anzutreten? Drei Mal haben sie als GC-Trainer gegen den FCB gespielt – und notabene drei Mal verloren.
Der FC Basel liegt mir immer noch am Herzen, die Stadt hat mir gefallen, die Fans, die Muttenzerkurve. Und ich habe ja auch gute Arbeit geleistet. Der Start damals war schwierig, Georg Heitz wurde nach den ersten acht Spielen schon nervös, aber dann hat es gefunkt und wir haben alles weggehauen. Für mich ist das immer noch etwas Besonderes, weil der FCB der Verein ist, mit dem ich am meisten erreicht habe. Zweimal Meister und einmal Cupsieger.
Wie werden Sie Ihre Mannschaft auf Ihren ehemaligen Klub einstellen?
Der FC Basel ist immer ein guter Verein in Europa, ein Team, dass sich nicht hinten reinstellt, sondern Fussball spielen will und schwer zu knacken ist. Davon gehe ich mal aus. Aber ich glaube auch, dass sie im Moment zu Hause stärker sind als auswärts. Das müssen wir irgendwie nutzen und dabei natürlich auf Xherdan Shaqiri aufpassen.
Es kommt zum Wiedersehen mit Xherdan Shaqiri. Wann haben Sie ihn letztmals getroffen?
Das muss noch während seiner Zeit bei Bayern München gewesen sein. Lange her, und ich kann mich gar nicht mehr genau daran erinnern. Xherdan ist ja ein Paradebeispiel für einen Spieler, den ich mal trainieren durfte. Er hat mir vom ersten Moment an gefallen, als ich ihn im Trainingslager in St. Moritz gesehen habe. Natürlich wurde damals im Verein gute Nachwuchsarbeit geleistet, aber in der ersten Mannschaft waren kleinere Spieler nicht so gefragt. Ich glaube schon, dass ich sagen kann, einen grossen Anteil daran zu haben, dass er so eine Karriere gemacht hat. Deshalb freue ich mich sehr, Xherdan wiederzusehen. Er war immer ein lustiger Typ, ein kleiner Filou, den ich überall einsetzen konnte.
Zum Beispiel als Linksverteidiger in der Finalissima 2010 in Bern gegen den Top-Torjäger Seydou Doumbia. Auf die Idee muss man erst einmal kommen. Da gipfelte Ihre Unerschrockenheit und die von Shaqiri im ersten Meistertitel, den Sie beide für den FCB gewonnen haben.
Das hat ja auch meiner Karriere einen Kick gegeben. Und meiner Motivation, junge Spieler zu entwickeln und weiterzubringen. Da gibt es den einen oder anderen wie Jonathan Tah, Heung-min Son oder Hakan Çalhanoğlu. Granit Xhaka gehört natürlich genauso dazu – und eben Shaqiri. Ich hatte nie Angst, sie von Anfang an zu bringen. Weil sie mir immer das Gefühl gegeben haben, dass ich sie jederzeit spielen lassen kann, weil sie frech und intelligent genug sind auf dem Platz, um mein Spiel umzusetzen.
Haben Sie Kontakt gehalten mit Shaqiri?
Eigentlich nicht. Wir mögen uns sehr, aber ich glaube, er war mal sauer auf mich, weil ich gesagt habe, dass er mit ein paar Kilos weniger noch mehr hätte herausholen können. Ich will ja immer nur das Beste für meine Jungs, und mit seiner Karriere kann Xherdan ja mal wirklich zufrieden sein. Er hat viel erreicht und das hat er sich alles selbst erarbeitet. Ich habe nur den Anstoss gegeben.
Genk hat mit sieben Punkten in der Europa League eine gute Ausbeute, beide Auswärtsspiele wurden gewonnen, 1:0 bei Glasgow Rangers und ein spektakuläres 4:3 in Braga.
Wir sind in der Europa League stark, weil die Gegner gegen uns sehr hoch spielen. Dann haben wir unsere Stärken, weil wir sehr schnelle Spieler haben. Das kommt international mehr zum Tragen als in der eigenen Liga gegen Mannschaften, die tiefer stehen und kontern.
Sie sind auf Kurs K.o.-Runde.
Na ja, wenn wir das Heimspiel gegen Basel gewinnen, haben wir alle Möglichkeiten. Dann geht es noch gegen Utrecht, daheim gegen Malmö, für das die Saison schon vorbei ist, aber als erstes kommt das Spiel bei Midtjylland, was für mich das schwierigste wird – die verlieren seit Monaten fast nie mehr. Deshalb kann Basel für uns das Schlüsselspiel sein, um in die nächste Runde einzuziehen. Diese Chance wollen wir wahrnehmen. (aargauerzeitung.ch)
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