Fabian Frei, der WM-Spieler, wie hört sich das an?
Fabian Frei: Das klingt sehr gut und war eine coole Erfahrung. Es war, in meinen Augen, nicht die beste WM, die je stattgefunden hat, aber für mich persönlich ist es sehr gut gelaufen. Ich hatte mehr Einsatzzeit, als ich dachte, weil ich davon ausging, dass ich vielleicht gar nicht spiele, ausser ein Granit Xhaka oder so verletzt sich. Und mit den zwei Einsätzen habe ich jetzt doppelt so viele WM- wie EM-Spiele.
Gab es einen speziellen Moment, der Ihnen bleiben wird?
Eher das Aufgebot an sich. Der Anruf von Murat Yakin.
Aber Sie sagten doch, von aussen betrachtet war Ihr Aufgebot in grösserer Gefahr als es, das effektiv war?
Ja, Murat Yakin hat mir im Nachhinein auch gesagt, dass es für ihn nie eine Frage war. Aber im letzten halben Jahr ist nicht viel passiert, was für mich gesprochen hätte.
Ist das das perfekte Ende Ihrer Nati-Karriere, oder wie halten Sie es mit einem Rücktritt aus der Nati?
Ich halte es wie Thomas Müller: Wenn man angerufen wird, nimmt man das an. Alex Frei hat mich auch gefragt, ob ich den Rücktritt gegeben habe. Aber für mich ist es immer eine Ehre, ein grosser Stolz und auch eine gewisse Bestätigung, dass man immer noch gut ist. Wenn ich den Rücktritt vom Profi-Fussball gebe, dann ist das auch das Ende der Nati-Karriere. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn es mich braucht, bin ich da.
Was nehmen Sie von dieser WM mit zum FC Basel?
Sicher eine grosse Portion Selbstvertrauen. Ich habe in den vier Wochen gesehen, dass ich noch immer gut mit den besten Spielern der Schweiz mithalten kann und dass ich Qualitäten habe, die auch in der Nati ein paar Spieler nicht haben. Beispielsweise mein Spielverständnis, das mich auszeichnet.
Haben Sie daran gezweifelt, dass ihr Niveau noch reicht?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich schon an diese WM gereist bin, mit dem Gedanken, dass ich mich wirklich zusammenreissen muss. Ich habe beim FCB unregelmässig gespielt, und die Nati ist dann doch noch einmal ein anderes Niveau, da sind die besten Spieler des Landes. Umso besser ist es dann, wenn man merkt, gut dabei zu sein.
Wie gut hat das getan?
Sehr gut. Das merke ich gerade auch jetzt, wo ich mich sehr wohlfühle, gut dabei und topfit bin. Es hat mir auch einen Motivationsschub gegeben. Jetzt will ich es noch einmal wissen.
Diese Konstellation macht die Geschichte ja noch spezieller: Nach dem Halbjahr, in dem Sie so wenig gespielt haben, wie lange nicht?
(unterbricht) wie noch nie! Die ganze Nati-Story ist für mich ohnehin speziell. Vor eineinhalb Jahren hätte ich nicht gedacht, dass ich überhaupt noch einmal ein Spiel für die Nati machen würde, geschweige denn zwei WM-Spiele.
Wieso haben Sie denn, wie Sie es sagen, so wenig wie noch nie gespielt im vergangenen Halbjahr?
Da gibt es ganz viele Gründe dafür. Oder besser: Es war eine Addition von kleinen Sachen. Ich hatte sehr wenig Ferien im Sommer nach der Nations League, knapp eine Woche. Dann bin ich mit an den Tegernsee in die Vorbereitung, konnte aber nicht an mein absolutes Top-Level herankommen. Ich war im Kopf vielleicht nicht ganz so frisch, wie man es sein müsste. Dann kam der Saisonstart, der okay war, aber bei dem die Resultate nicht ganz stimmten in der Liga. In der Folge habe ich ein paar Mal nicht gespielt und die Mannschaft begann, zu gewinnen. Das ist vielleicht dann auf persönlicher Ebene auch etwas Pech, dass die Leute und der Trainer den Eindruck gewinnen: Ohne mich läuft es besser. Aber man muss auch mal sagen: So wenig habe ich dann auch nicht gespielt. Und es ist logisch, dass wenn die Resultate nicht stimmen, man Gründe sucht.
Hat Ihnen der Trainer das alles erläutert?
Nach dem Sion-Match im September, den wir verloren haben, hat er mit mir geredet. Er hat mir die ein, zwei Dinge aufgezählt, die aus seiner Sicht nicht stimmten. Im nächsten Spiel habe ich nicht gespielt, wir haben gewonnen und es gab keinen Grund, zu wechseln. Ich bin zwar nicht mit jeder seiner Entscheidungen einverstanden, hätte ab und an vielleicht anders entschieden, aber ich habe es immer akzeptiert, respektiert und versucht, das Beste daraus zu machen.
Hat die Beziehung zwischen Ihnen und Alex Frei unter diesem Halbjahr gelitten?
Verstehen Sie mich richtig: Wenn man nicht viel spielt, ist in erster Linie für den betroffenen Spieler immer der Trainer schuld. Und ich bin keiner, der dann jedes Mal auf der Bank sitzt und das super findet. Wenn dem so wäre, wäre es ja auch ein Zeichen, dass das Feuer weg ist. Ich habe aber gespürt, dass es noch da ist. Das ist vielleicht etwas Positives, was ich aus dieser Zeit mitnehmen kann. Ich nerve mich noch über genug Dinge: den Mitspielern, dem Trainer, mich selbst. Und ich freue mich auch noch zu sehr, wenn es uns läuft. Aber wir schätzen uns nach wie vor, keine Angst.
Macht es der Fakt, dass Sie noch mit Alex Frei zusammengespielt haben, einfacher, eine solche Situation zu verstehen?
Das spielt für mich keine Rolle. Genauso wie es für mich keine Rolle spielt, dass ich noch mit David Degen zusammengespielt habe. Aber ich weiss beispielsweise, auf was ich mich gefasst machen muss, wenn ich mit Dave rede.
Und Sie müssen nicht fragen, ob Degen wirklich über Sie gesagt hat, Sie hätten einen Bierdeckelradius, sondern wissen, dass das stimmt.
Ja. Da war ich einen kurzen Moment auch böse auf ihn. Wir haben dann aber miteinander geredet und bevor das Gespräch überhaupt richtig begann, hat er sich entschuldigt. Und ich bin auch kein nachtragender Typ.
Es gab aber auch von Ihnen Aussagen, die schwierig waren. Sie sagten in Bratislava, dass alles, was der Trainer sage, stimme. Immer. Und man konnte durchaus einen gewissen Unterton wahrnehmen dabei.
Da war aber kein Unterton dabei. Wirklich nicht.
Die Antwort kam auf die Frage, ob es stimme, dass Sie ein Spieler sind, den man ab und zu provozieren müsse.
Das macht ja meine Antwort noch weniger schlimm, oder? Weil es wirklich so ist, dass man mich ab und zu provozieren muss.
Wieso?
Weil ich zwischendurch manchmal auch ein fauler Sack sein kann.
Waren Sie das in der Phase denn auch?
Nicht mehr als sonst (lacht). Nein, aber jetzt im Ernst: Ich bin seit zehn Jahren nicht der durchtrainierteste Spieler unserer Mannschaft, ich bin aber auch nicht der am wenigsten austrainierte Spieler. Das hat sich rund um den vergangenen September auch nicht geändert. Und seither sowieso nicht – im Gegenteil.
Das heisst, Sie haben dafür gesorgt, fitter zu sein?
Ja. Ich wollte nicht, dass mir mangelnde Fitness vorgeworfen werden kann, weder öffentlich noch vom Verein. Also habe ich mehr gemacht und habe jetzt auch bessere Werte.
🎉 Happy Birthday Captain ©️🥳#FCBasel1893 #MirSinBasel #rotblaulive pic.twitter.com/hpLDuUAvCa
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) January 8, 2023
Haben Sie einen privaten Fitnesscoach engagiert?
Meine Frau ist mein Coach. Es geht mehr darum, bewusster auf die Ernährung zu achten, mal das eine oder andere Schöggeli wegzulassen. Auch wenn ich ein Genussmensch bin und das brauche. Im Winter war ich einer der Fleissigsten, habe alles gemacht, was vorgeben wurde, was ich in der Vergangenheit auch nicht immer getan habe. Und ich mache Extraschichten. Es geht darum, zu zeigen, dass man etwas ändern will. Das sieht auch der Trainer.
Also ist nach dem vergangenen Herbst nichts hängen geblieben zwischen Ihnen beiden?
Von meiner Seite aus nicht. Und ich habe auch bei ihm nicht das Gefühl.
Wieso haben Sie sich zu der ganzen Situation nicht früher geäussert, wenn es ja gar nicht wirklich ein Problem gab?
Ich hätte sagen können, was ich will, das hätte an den Schlagzeilen nichts geändert. Und ich will mich auch nicht für jeden Mist rechtfertigen. Mich störte primär, dass die Leute meine Frau ansprechen, ich hätte zu Hause mal wieder zu viel gegessen. Oder meine Mutter sich Dinge anhören muss. Als ich Single war, waren mir solche Dinge egal. Aber wenn es auch an meine Familie herangetragen wird, dann nervt es mich.
Dann hätten Sie erst recht etwas sagen müssen.
Und was? Dass ich fit bin? Das bringt doch nichts.
Rechnen Sie damit, dass Sie in diesem Jahr wieder häufiger spielen werden?
Ich tue auf jeden Fall alles in meiner Macht Stehende (lacht).
Hatten Sie und der Trainer ein Gespräch, in dem Ihre Rolle im zweiten Teil der Saison definiert wurde?
Wir haben immer wieder Gespräche, aber kein spezifisches, wie meine Rolle aussehen wird.
Also auch nicht, ob Ihre Zukunft in der Innenverteidigung liegt? Im Training und im Testspiel gegen Freiburg spielten Sie dort.
Nein, aber ich rechne damit, auch dort eingesetzt zu werden. Und das ist auch okay für mich. Ich möchte nur nicht in jedem Spiel eine andere Position spielen, sondern ein bisschen Konstanz haben.
Wie erleben Sie eigentlich die Mannschaft, in der viele junge, aber wenig arrivierte Akteure sind?
Ich habe mich daran gewöhnt. Es ist zwar zwischendurch immer noch etwas neu, wie viele junge und wie wenig erfahrene Spieler wir im Kader haben. Aber es gibt keinen Graben zwischen Jung und Alt.
Aber die Entwicklung beim FCB geht weg von älteren und hin zu jüngeren Spielern.
Ja, und das ist natürlich unter uns älteren Spielern auch ein Thema. Ich verstehe diese Philosophie jedoch zu 100 Prozent und kann auch zu 100 Prozent dahinterstehen. Aber ich sage auch: Nur mit jungen Spielern geht es nicht. Es braucht uns immer noch. Vor allem dann, wenn es nicht läuft. Das ist auch normal. Ich war damals auch froh, als ich 20 war, und mit Marco Streller, Alex Frei und Beni Huggel erfahrene Spieler auf dem Platz standen.
Wenn die Chemie stimmt im Team, wieso verlief die Saison denn bislang nicht nach Wunsch?
Ich habe das Gefühl, dass wir deutlich unter unseren Möglichkeiten spielten. Wir könnten ohne Weiteres acht, neun Punkte mehr haben und es wäre gerecht. Aber wir sind zu oft unserer Naivität zum Opfer gefallen. Darum habe ich in gewissen Momenten das Gefühl, uns würde vielleicht ein zusätzlicher Spieler um die 26 oder 27 nicht schaden.
Spüren Sie denn jetzt, wo sich das Trainingslager dem Ende zuneigt, eine Veränderung, die eine Besserung zur Folge haben könnte?
Der Trainer sagt immer wieder, dass die Kennenlernphase zu Ende ist. Und das trifft es sicher. Jeder weiss mittlerweile, welche Rolle er hat. Der Trainer weiss, was ihm zur Verfügung steht und er muss nicht mehr gross testen. Das hilft sicher, ja. Es kommt Konstanz hinein, es kommen Abläufe dazu, die man trainieren kann. Daher habe ich schon das Gefühl, dass wir einen Schritt weiter sind.
So weit, dass der von Klubboss David Degen zur Pflicht gemachte 2. Platz erreichbar ist?
Pflicht ist das vor allem wegen der Finanzen. Für mich ist einfach Pflicht, dass wir besser werden. Die ganze Mannschaft, und da zähle ich mich selbstverständlich auch dazu. Und mit unserer Mannschaft ist das auch ein korrekt formuliertes Ziel. Und eines, das auch realistisch ist.