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Jonas Omlin im Interview: «Davon haben wir uns nicht mehr erholt»

COLOGNE, GERMANY - 02.04.23: Jonas Omlin, The football match of Bundesliga 1. FC Koeln vs Borussia Moenchengladbach. at Rhein Energie Stadion PUBLICATIONxNOTxINxRUS Copyright: xVITALIIxKLIUIEVx
Jonas Omlin steht seit diesem Jahr in der Bundesliga unter Vertrag.Bild: www.imago-images.de
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Omlin über schwierige Zeit in Frankreich: «Davon haben wir uns nicht mehr erholt»

Jonas Omlin wechselte im Winter von Montpellier nach Mönchengladbach, wo er Yann Sommer ersetzt. Wie hat Omlin dieses Wechsel-Spektakel erlebt? Wie hat er sich bei seinem neuen Verein eingelebt? Im Exklusiv-Interview erzählt er zudem ganz offen, warum er in Frankreich viele Probleme hatte und was er vom Alpstaeg-Theater in Luzern hält.
23.04.2023, 10:01
Etienne Wuillemin, Céline Feller / ch media
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Sie sind mittlerweile drei Monate in Mönchengladbach, wie fällt Ihre erste Bilanz aus?
Jonas Omlin: Positiv. Ich fühle mich sehr wohl bei Borussia, wir haben hier tolle Trainingsbedingungen. Natürlich sind die Resultate nicht immer so ausgefallen, wie wir uns das gewünscht hätten, wir müssen weiter hart an unserer Konstanz arbeiten. Aber insgesamt bin ich sehr zufrieden.

Wie haben Sie sich eingelebt?
Wir haben ein schönes Haus in der Nähe von Düsseldorf gefunden und fühlen uns dort sehr wohl. Für unseren kleinen Sohn haben wir auch schon einen Kita-Platz, dort lebt er sich gerade gut ein und findet viele Freunde. Das macht vieles einfacher. Wenn ich weiss, dass es meiner Familie gut geht, habe ich meinen Kopf auch frei.

Das tönt nach einer gewissen Erleichterung.
Ich bin mega froh, dass ich hier bin. Die letzten zweieinhalb Jahre in Frankreich waren eine lehrreiche Zeit, aber nicht immer einfach. Allein schon, hier – mehr oder weniger – in der Muttersprache reden zu können, vereinfacht so viel. Ich fühle mich wieder freier. Und es wird einem so viel geboten in diesem Verein. Die Professionalität ist beeindruckend.

Können Sie die Schwierigkeiten in Frankreich konkretisieren?
Der Start war schon schwierig. Ich bin in ein fremdes Land gewechselt, mit einer fremden Sprache, und das während der Corona-Zeit. Wir waren faktisch ans Haus gefesselt. Und genau die Zeit, die man nutzen müsste, um sich einzuleben, wurde uns genommen. Wir konnten die neue Heimat gar nicht kennenlernen. Davon hat sich meine Familie irgendwie nicht mehr richtig erholt. Wir haben uns sehr schwer zurechtgefunden. Wobei, ganz am Schluss haben wir doch noch Freunde neben dem Fussball gefunden, ein cooles Pärchen …

… das deutsch sprach?
Eigentlich französisch, aber sie konnten sehr gut englisch. Wir sind nach vier Monaten umgezogen von einem Haus in eine Wohnung, näher ins Zentrum. Danach fanden wir uns besser zurecht. Und dann sind wir täglich ins gleiche Café gegangen, wo wir dieses Pärchen kennengelernt haben. Das ist ein Tipp für alle, die an einen neuen Ort kommen: Geht immer an denselben Ort, so lernt man Leute kennen.

Lag es nur an Corona, dass die Integration kompliziert war?
Wohl nicht. Die Franzosen beharren sehr auf ihrer Sprache. Da musst du direkt französisch lernen. Als Aussenstehender oder Ausländer ist es schwierig, in diese «Familie» reinzukommen, weil du dich einfach nicht gleich ausdrücken kannst. Aber schlussendlich ging es darum, meinen Job zu machen und in der Ligue 1 Spiele zu sammeln. Es war eine lehrreiche Zeit, ich musste mich durchsetzen und behaupten, aus meiner Wohlfühl-Oase rauskommen. Wir nehmen auch viel mit aus dieser Zeit.

Wie ist die Integration in Deutschland bis anhin verlaufen?
Sehr gut. Mittlerweile sind auch die persönlichen Dinge aus der Schweiz bei uns angekommen. Rund um den Wechsel musste meine Familie eine Art Nacht-und-Nebel-Aktion durchführen.

Erzählen Sie!
Sie fuhren an einem Wochenende runter und haben alles zusammengepackt. Mir selbst blieb keine Zeit dazu. Zum Glück hatten wir eine möblierte Wohnung, so dass es wenigstens nicht allzu viele Möbel zu zügeln gab. Aber wenn man zweieinhalb Jahre an einem Ort lebt, dann sammelt sich schon einiges an Plunder an. Das alles haben sie dann in die Schweiz gebracht zur Zwischenlagerung. Nun wissen wir auch, dass es nicht zwingend eine gute Idee ist, an einem Sonntag mit Lieferwagen durch den Zoll zu wollen (lacht). Man lernt nie aus. Für den nächsten grossen Umzug werden wir dann ein Zügelunternehmen engagieren.

Wie haben Sie die Tage rund um den Transfer erlebt? Es war ja schon speziell, weil mit Yann Sommer ein zweiter Schweizer Torhüter direkt involviert war. Erst als klar war, dass Bayern München die geforderte Ablösesumme von 8 Millionen Euro bezahlt, war der Weg frei für Ihren Wechsel.
Oh ja, es war ziemlich turbulent. Am Nachmittag hatte ich noch einen Teamevent. Mein Handy war auf laut. Aber so wirklich wusste niemand, was jetzt Sache ist. Dann rief mich mein Berater um ca. 17 Uhr an und sagte: Es fehlt nur noch ein Mail, pack deine Sachen. Das habe ich getan, die wichtigsten Sachen mitgenommen. Und bin dann mit dem Auto in Richtung Schweiz gefahren, weil es keine direkten Flüge gibt zwischen Montpellier und Düsseldorf. Um 3 Uhr in der Nacht kam ich an. Danach ging ich am Morgen direkt zum Flughafen, ab nach Düsseldorf, da der Medizin-Check, der dauerte auch noch einmal ein paar Stunden. Am Nachmittag war dann alles unterschrieben, dann hatte ich schon die erste Videoanalyse, weil es zwei Tage später schon losging mit dem ersten Spiel …

Der Spieler Jonas Omlin der Schweizer Fussball Nationalmannschaft gibt Autogramme bei der Ankunft nach dem Ausscheiden von der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar (FIFA World Cup Qatar 2022) ...
Jonas Omlin nimmt sich am Flughafen Zeit für einen kleinen Fan.Bild: keystone

Hatten Sie in diesen Tagen auch Kontakt mit Yann Sommer?
Ja, wir haben uns regelmässig ausgetauscht. Wir sassen im selben Boot. Wir beide wollten diese Transfers – aber wir haben auch gemerkt, dass es nicht nur in unseren Händen lag, ob es wirklich klappt. Wir waren unseren damaligen Vereinen gegenüber auch verpflichtet, Verträge zu erfüllen. Weder er noch ich wollten, dass böses Blut entsteht. Hätten wir nicht gehen dürfen, hätten wir das akzeptieren müssen. So konnten wir uns jeweils Freud und Leid austauschen, erzählen, wer gerade wieder was gehört hat.

Zuletzt hatten Sie im Training eine kleine Auseinandersetzung mit Marcus Thuram. Was war da los?
Emotionen gehören im Fussball dazu, daher kommt auch so eine kleine Meinungsverschiedenheit schon mal vor. Tatsächlich war es aber nichts Wildes und wurde von den Medien etwas hochgeschaukelt.

Hatten Sie zu beissen daran, dass Sie an der WM nur die Nummer 3 der Nati-Torhüter waren?
Das war schon nicht ganz einfach. Schliesslich war es vor der WM offen, wer die Nummer 2 ist. Der Entscheid fiel erst kurz vor Turnierstart. Für mich lief es nicht ideal, weil ich kurz vor WM-Beginn noch verletzt war. Ich hatte nicht die Spiele in den Beinen, die ich gebraucht hätte. Aber hey, ich bin 29, ein paar Jahre habe ich noch, ich hoffe schon, dass ich noch ein paar Nati-Spiele sammeln kann. Als Goalie kann man da schon noch ein paar Jahre rumturnen.

Roman Bürki sagte irgendwann einmal: «Die ewige Ersatzrolle will ich mir nicht mehr antun» und trat zurück. Besteht diese Gefahr bei Ihnen auch?
Diese Gefahr ist klein. Ich geniesse die Zeit mit den Nati-Kollegen zu sehr. Einige sind zu guten Freunden geworden. Es ist immer ein schönes Wiedersehen. Man kommt aus dem Fussball-Alltag raus. Dazu ist es nur schon eine Bereicherung, auf diesem Level zu trainieren.

Hechtet Ihr Sohn Lio auch bereits durch die Stube wie ein kleiner Torhüter?
Der Kleine ist in einem goldenen Alter, er ist bald zweieinhalb. Diese Phase ist sehr spannend, manchmal auch mühsam klar, weil er teilweise Energie hat, wo er nicht so viel Energie haben sollte. Es ist extrem schön, wie viel Freude er uns schenkt. Sein Schlaf ist prächtig. Und er ist schnell zu begeistern, nicht nur für Fussball.

Bald erhält er ein Geschwister – wann ist es so weit?
Im Sommer, wenn alles gut kommt. Wir sind zuversichtlich. Wissen aber noch nicht, ob es ein Bruder oder eine Schwester wird. Einfacher wird es im Familienalltag eher nicht (lacht). Aber wir freuen uns sehr, dass die Familie wächst.

Ihre Profi-Karriere hat beim FC Luzern so richtig Schwung aufgenommen. In dieser Saison wird vieles überschattet durch den Streit zwischen Bernhard Alpstaeg und dem Verwaltungsrat. Verfolgen Sie das Geschehen in der Heimat? Und lässt Sie das auch so ratlos zurück wie viele Menschen aus der FCL-Familie?
Ja, schon ziemlich. Ich bekomme mit, was in den Medien geschrieben wird. Was alles dran ist, und vor allem, was sonst noch alles erzählt werden müsste, was wir Aussenstehende nicht mitbekommen, das kann ich nicht beurteilen, ich habe in diesen Fragen auch nur den Laien-Blick. Darum möchte ich mich auch nicht dazu äussern, was genau falsch gelaufen ist. Aber eines ist klar: Es ist sehr schade, dass so viel Unruhe entstanden ist. Weil ich den FCL einen sehr tollen Verein finde, mit coolen Fans, mit einem coolen Stadion. Meiner Meinung nach hätte man einen Weg finden sollen, um die ständigen Unruhen zu verhindern.

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