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Interview

Patrick Rahmen im Interview über die Schweizer Nati, Xhaka und den FC Basel

Der Schweizer Fussballtrainer Patrick Rahmen posiert anlaesslich seiner Praesentation als als neuer Nationaltrainer der U21 Nationalmannschaft, am Donnerstag, 14. Juli 2022, im Hotel Radisson in Luzer ...
Der neue U21-Nationaltrainer Patrick Rahmen.Bild: keystone
Interview

U21-Natitrainer Rahmen: «Wir haben in der Schweiz viele Spieler auf sehr hohem Niveau»

Der neue U21-Nationaltrainer Patrick Rahmen blickt im Interview in Richtung EM 2023 – und zurück auf seine Zeit in Basel.
20.09.2022, 16:0821.09.2022, 08:53
Raphael Gutzwiller / ch media
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Im Februar wurde er freigestellt beim FC Basel, nun hat Patrick Rahmen wieder einen Job. Er wird das U21-Nationalteam im nächsten Sommer an die EM in Rumänien und Georgien führen. Noch vor seinem gestrigen ersten Zusammenzug empfängt er im Haus des Schweizer Fussballs im bernischen Muri zum Gespräch. Dabei spricht er über seine Gefühle der Entlassung beim FC Basel, seine neue Aufgabe und über einen Schweizer Weltfussballer.

Nach der Entlassung im Februar beim FC Basel haben Sie gesagt, dass Sie sich wieder ein Team auf derselben Flughöhe suchen. Was hat den Ausschlag für den Job als U21-Nationaltrainer gegeben?
Patrick Rahmen:
Wenn man einen Klub wie den FC Basel trainiert hat, dann will man natürlich auf einem ähnlichen Niveau bleiben. Zumal es für mich keinen Grund gab, an mir zu zweifeln. Ich habe diese Zeit aufgearbeitet und kann vieles positiv werten. Darum habe ich rasch wieder nach vorne geschaut. Dann wurde nach dem Abgang von Mauro Lustrinelli etwas unerwartet die Stelle als U21-Nationaltrainer frei. Der Reiz, mit den besten Profis des Landes zu arbeiten und diese zu begleiten, ist gross. Ich denke, diese Stelle ist für fast jeden Schweizer Trainer sehr attraktiv.

Ottmar Hitzfeld hat einmal gesagt, man sei erst ein guter Trainer, wenn man einmal entlassen wurde. Hat Sie die Entlassung stärker gemacht?
Die Entlassung hat mich auf jeden Fall nicht schwächer gemacht. Ich bin Entscheide, die ich in dieser Zeit getroffen habe, noch einmal durchgegangen. Würde ich sie heute noch einmal so treffen? Ich kann das in den meisten Fällen mit «Ja» beantworten. Wir hatten einen sehr guten Punkteschnitt und haben international überzeugt. Insgesamt kann ich eine positive Bilanz ziehen. Zudem haben die Fans mir Wertschätzung entgegengebracht. Doch die Dinge wurden anders beurteilt. Das akzeptiere ich.

Basels Cheftrainer Patrick Rahmen nach dem Fussball Meisterschaftsspiel der Super League zwischen dem FC Basel 1893 und dem BSC Young Boys im Stadion St. Jakob-Park in Basel, am Sonntag, 29. August 20 ...
Patrick Rahmen wurde im Februar beim FCB entlassen.Bild: keystone

Als U21-Nationaltrainer steht man ständig in Kontakt mit den Schweizer Klubs. Wie ist heute der Austausch mit dem FC Basel und insbesondere David Degen?
David und ich haben einen ganz normalen Austausch, auch wenn es Dinge gibt, die wir anders sehen. Ein Entscheid wurde getroffen, ich konnte sie für mich werten. Jetzt geht es darum, mit dem FCB sowie mit den anderen Klubs, einen konstruktiven Austausch zu haben. Das findet in erster Linie über die Spieler oder über Trainer Alex Frei statt, da Basel aber keinen Sportchef hat, kann dies auch mal mit David Degen geschehen. Es gibt nichts, weshalb man nicht reden könnte.​

Beim FC Basel soll Ihnen der Job als Sportchef angeboten worden sein.
Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, Sportchef zu sein. Ich habe immer gute Schritte gemacht im Trainerwesen: zunächst im Nachwuchs, dann als Assistenztrainer, nun als Cheftrainer bei Biel, Aarau und Basel. Für mich hätte es nicht gepasst, jetzt Sportchef zu werden.

«Ich habe in Basel bewiesen, dass ich gut mit Druck umgehen kann.»

Der öffentliche Druck beim FCB ist so gross wie bei keinem anderen Schweizer Klub. Ist der Job beim U21-Nationalteam ein gewünschter Kontrast?
Das würde ich nicht so sagen. Ich habe in Basel bewiesen, dass ich gut mit Druck und der medialen Aufmerksamkeit umgehen kann. Schon bei Aarau, als wir schlecht starteten, bin ich ruhig und klar geblieben. Zwar lastet kein grosser täglicher Druck auf der U21-Nationalmannschaft, aber es gibt eine grosse Erwartungshaltung. Die Schweiz hat es zweimal nacheinander an eine Endrunde geschafft. Es ist eine Herausforderung, diese Erfolge zu bestätigen. Zudem steht mit der EM ein Highlight an.​

Der U21-Nationaltrainer verliert stets die besten Spieler, da diese in die A-Nati kommen. So ist Dan Ndoye wieder im A-Team aufgeboten. Das macht es schwerer, Ziele zu erreichen.
Nebst dem sportlichen Erfolg muss es unser Ziel sein, die Spieler auf das Niveau zu bringen, dass sie im A-Nationalteam spielen können. In den letzten Jahren konnten sich viele junge Spieler über die U-21 für das A-Nationalteam aufdrängen.​

Dan Ndoye beim Zusammenzug der Schweizer Fussball Nationalmannschaft, am Montag, 19. September 2022, in Bad Ragaz. Die Nationalmannschaft ist vor Ort im Trainingslager. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Rückte am Montag bei der A-Nationalmannschaft ein: Der 21-jährige Dan Ndoye.Bild: keystone

Doch die Situation erinnert ein wenig an jene beim FC Basel, als im Winter mit Arthur Cabral und Edon Zhegrova die beiden besten Spieler den Klub verliessen.
Das war schon nochmals etwas anderes. Wenn man als Klub hohe Ambitionen hat und dann zwei der besten Spieler abgibt, ist das eine sehr grosse Herausforderung. Bei der U21-Nati würde ich es lieber mit der Situation vergleichen, die ich als U21-Klubtrainer erlebt habe, wenn Spieler in die erste Mannschaft wechselten. Natürlich wollen wir mit dem bestmöglichen Team an die EM, aber wenn einige Leistungsträger vorher den Sprung in das A-Nationalteam schaffen, dann haben wir auch vieles richtig gemacht.

2011 hat die Schweizer U21 an der EM den Final erreicht. Unter anderem mit Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri oder Yann Sommer, die damals schon A-Nationalspieler waren. Ist das im nächsten Sommer wieder möglich?
Wir möchten natürlich mit dem bestmöglichen Team an die EM gehen, aber das A-Team hat Vorrang. Heute ist es schwierig, einzuschätzen, wer dann alles für uns spielen wird. Die EM ist noch zu weit weg und es gibt viele Faktoren, die einen Einfluss haben können. Deshalb ist eine klare Zielsetzung noch nicht möglich. Aber wir werden bestimmt mit einer starken Mannschaft und mit grossen Ambitionen nach Rumänien und Georgien reisen.

«Ich sehe Granit Xhaka auf Augenhöhe mit Haaland und De Bruyne.»

Die Schweiz wartet schon länger auf einen absoluten Weltstar: einen wie der Norweger Erling Haaland oder der Belgier Kevin De Bruyne. Was benötigt es, damit man einen solchen Superstar herausbringt?
Da bin ich anderer Meinung. In der Schweiz haben wir viele Spieler auf sehr hohem Niveau, die auch im Ausland ein hohes Standing geniessen. Granit Xhaka mag zum Beispiel zwar defensiver sein als die beiden genannten Spieler, aber ich sehe ihn auf Augenhöhe. Er ist ein herausragender Spieler, der eine grosse Persönlichkeit besitzt und seit Jahren bei einem Topklub Europas spielt. Haaland schiesst zwar viele Tore und De Bruyne ist natürlich auch ein aussergewöhnlicher Spieler. Aber das ist Xhaka auch. Für mich ist Xhaka so gut wie De Bruyne, einfach auf einer anderen Position.

IMAGO / Colorsport

Football - 2022 / 2023 Premier League - Arsenal vs Leicester City - Emirates Stadium - Saturday 13th August 2022 Granit Xhaka of Arsenal celebrates scoring goal no 3 with the shape ...
Spielt bei Arsenal bisher eine sehr starke Saison: Granit Xhaka.Bild: imago

Doch viele Fans wünschen sich einmal einen Schweizer, der zum Weltfussballer werden kann. Gibt es einen, dem Sie dies zutrauen?
Um dies zu beurteilen, bin ich noch nicht genug lange in meiner Funktion. Ich weiss nicht, ob es zum Beispiel ein Talent im Alter von 16 Jahren oder jünger gibt, der das Potenzial dazu besitzt. Doch es ist ohnehin sehr schwierig, dies in jungem Alter zu beurteilen. Etliche sehr talentierte Spieler haben keine Topkarriere gemacht. Und andere haben sie gemacht, obwohl man dies ihnen nicht zugetraut hat. Ich finde, wir machen in der Schweiz insgesamt einen sehr guten Job. Wenn man sieht, dass die U21 die Nummer elf in Europa ist und sich das A-Team für Endrunden qualifiziert, dann zeigt dies, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ob man einen Weltstar herausbringen kann, hat aber nicht nur mit der Ausbildung zu tun, sondern auch mit Glück und harter Arbeit.

Viele der grossen Schweizer Talente spielen bei Basel und YB. Sie bringen sich gegenseitig um Spielzeit. Wird das zum Problem?
Bei Basel ist es so, dass die Spieler durch die internationalen Auftritte in der Conference League zusätzliche Spielpraxis bekommen werden. Es wird Rotationen geben. Somit mache ich mir keine Sorgen. Bei den Young Boys ist der Konkurrenzkampf zwar gross, aber auch da werden unsere Spieler zu Einsätzen kommen. Lewin Blum spielt regelmässig. Dann bin ich mir sicher, dass Kastriot Imeri immer mehr spielen wird, sonst hätte ihn YB nicht von Servette geholt. Und Fabian Rieder spielt im Moment sensationell.​

YBs Fabian Rieder in Aktion, im Super League Spiel zwischen dem BSC Young Boys Bern und dem Servette FC, am Sonntag 14. August 2022 im Stadion Wankdorf in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Einer der Leistungsträger beim U21-Nationalteam: Fabian Rieder von YB.Bild: keystone

Auffällig war in diesem Sommer auch, dass viele junge Spieler in der Schweiz geblieben oder zurückgekehrt sind.
Die jungen Spieler machen sich heute viel mehr Gedanken über ihre Karriereplanung. Sie sagen sich: Ich mache besser den Schritt zu einem Schweizer Topklub, um dann von dort aus den Schritt ins Ausland gehen zu können. Dann werden sie dort mit einem viel höheren Standing verpflichtet, als sie es sonst hätten. Sie sind dann zum Beispiel gleich die Nummer eins auf ihrer Position. Ich denke, das ist ein kluger Weg. (aargauerzeitung.ch)

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Fussballer, die als Star in die Schweiz wechselten
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Windgeschwindigkeit bis 250 km/h – heftige Stürme in beiden Hemisphären
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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FreddyKruger
20.09.2022 16:28registriert Juli 2021
Also bitte! Xhaka wird zwar zu oft und zu Unrecht schlecht gemacht. Aber auf einer Stufe mit de Bruyne, einfach auf einer anderen Position? Bitte nicht übertreiben.
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Janosh
20.09.2022 16:52registriert Oktober 2018
Ehm, nein ist er nicht.
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Skunk42
20.09.2022 19:26registriert Februar 2022
Xherdan Shaqiri ist ja auch der Messi vom Lake Michigan.
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