Mit dem Schwägalp-Schwinget steht am kommenden Sonntag nur noch ein Kranzfest auf dem Programm, bevor es Ende August im Glarnerland Ernst gilt.
Die aussichtsreichsten Königsanwärter und ihre Chancen auf die Krone:
Der 25-Jährige ist der stärkste der starken Berner. Staudenmann hat in diesem Jahr die Bergfeste auf dem Weissenstein und auf dem Stoos gewonnen, siegte beim Mittelländischen und beim Oberländischen Schwingfest, und dazu gewann er das Freiburger Kantonale. Am Sonntag erlitt er einen leichten Rückschlag, als er beim Nordwestschweizer Teilverbandsfest nach zwei Gestellten den Schlussgang verpasste. Vielleicht war dies für den Mathematik-Studenten und zweifachen Eidgenossen gerade zum rechten Zeitpunkt ein Schuss vor den Bug.
Eben erst ist Moser 20 Jahre alt geworden, doch er hat schon 4 Kranzfestsiege auf dem Konto und 27 Kränze zuhause. Der Bauer gewann heuer das Berner Kantonale und war Co-Sieger beim Nordostschweizer Teilverbandsfest. Am Sonntag gewann er das kleinere Lüderen-Schwinget ob Langnau. Staudenmann ist zwar der erfolgreichste Schwinger der Saison, doch Moser konnte ihn zwei Mal bezwingen. Das gibt Mumm.
Der Sieg beim Emmentalischen war das bisherige Highlight von Walthers Saison. Der Schlussgangteilnehmer des Unspunnen-Schwingets 2023 musste sich am Sonntag zum erst dritten Mal in diesem Jahr geschlagen geben, als ihn Nick Alpiger zum Auftakt des Nordwestschweizerischen auf den Rücken legte. Auch die anderen Niederlagen kassierte Walther gegen Titanen: gegen Staudenmann und Moser. Er könnte zur Stelle sein, wenn die beiden Berner Top-Männer stolpern.
Mit 33 Jahren bleibt Aeschbacher realistischerweise nur noch eine Chance auf den Königstitel. Der Sennenschwinger, der mit 102 Kränzen Mitglied des Hunderter-Klubs ist, wird in Mollis all-in gehen. Ob das drei Jahre nach der Schlussgang-Teilnahme in Pratteln erfolgreich endet?
Der Zimmermann aus dem Toggenburger Weiler Dreien ist eine imposante Erscheinung: 1,97 m gross, Schuhgrösse 49. Dass er momentan der heisseste Siegesanwärter der Nordostschweizer ist, verdankt der Kilchberg-Sieger 2021 seinem jüngsten Erfolg. Am Sonntag gewann der 25-jährige Ott das Nordwestschweizer Teilverbandsfest. Als Bodenspezialist «verschenkt» er hie und da einen Viertelpunkt, weil er nicht die Maximalnote 10 für einen Plattwurf holt. Das könnte ihm am Eidgenössischen zum Nachteil gereichen.
Seit einem Jahrzehnt zählt Giger bei allen grossen Festen zu den Top-Favoriten. In Kilchberg (2021) und am Unspunnenfest (2023) klappte es mit einem Triumph, beim Eidgenössischen hat es für den Thurgauer Modellathleten bislang nicht hingehauen. Giger feierte in diesem Jahr vier Kranzfestsiege, unter anderem auf der Rigi. Dennoch traut man ihm – womöglich wegen seines Hintergrunds beim Esaf – ein bisschen weniger zu als bei den ersten drei Teilnahmen am Eidgenössischen.
Der Bündner war der Krone so nah, als er 2016 im Schlussgang von Estavayer gegen Matthias Glarner den Kürzeren zog. Bis heute hat Armon Orlik 25 Kranzfeste für sich entscheiden können, in diesem Jahr waren es 2 (Zürcher Kantonales, Glarner-Bündnerisches). Orlik, dessen Bruder Curdin zu den besten Berner Schwingern zählt, war in diesem Jahr nie schlechter als Dritter. Kein Wunder, zählt er in Mollis zu den Siegesanwärtern.
Der 22-jährige Toggenburger aus Hemberg ist eine Wundertüte. Wer König werden will, braucht acht gute Gänge – und Konstanz ist etwas, das Schlegel zuweilen fehlt. Geht ihm alles auf, ist er nicht zu stoppen – so wie am Nordostschweizer Teilverbandsfest Ende Juni. Eine Woche später zeigte er sein anderes Gesicht: Am Innerschweizer verlor er beim Anschwingen gegen Schwingerkönig Joel Wicki – und gleich darauf auch gegen Noe van Messel, einen Schwinger noch ohne eidgenössischen Kranz. Auf dem Weissenstein bei seinem nächsten Auftritt gewann Schlegel am gleichen Tag gegen Staudenmann und Moser. Absolut unberechenbar.
Mit dem Triumph auf dem Brünig hatte der Schwingerkönig von 2022 bereits einen emotionalen Höhepunkt in dieser Saison. Zuvor gewann Wicki schon das Innerschweizer und zuletzt mit 6 Mal der Note 10 ein kleineres Fest zuhause in Sörenberg. Die Nummer 1 der Zentralschweiz ist zweifellos ein heisser Anwärter darauf, im Glarnerland erneut auch die Nummer 1 im ganzen Land zu sein.
Angesichts seines Potenzials sind die neun Kranzfestsiege des 29-jährigen Reichmuth ein Hohn. Doch immer wieder bremsten Verletzungen den Zuger aus, so dass er viel zu selten zeigen konnte, was er drauf hat. In diesem Jahr blieb er bislang verschont – und präsentierte sich bärenstark. Reichmuth gewann das Luzerner Kantonale und häufte eine Reihe weiterer Spitzenplatzierungen an. Ein Triumph in Mollis wäre eine Versöhnung mit dem Schwingsport, die auch bei Fans ausserhalb der Innerschweiz für die eine oder andere Freudenträne sorgen würde.
Die Formkurve des stärksten Athleten des NWSV zeigt eher gegen unten. Das eigene Teilverbandsfest beendete Alpiger nach der Schlussgang-Niederlage gegen Ott als Dritter. Ein Schwinger aus der Nordwestschweiz müsste über sich hinauswachsen, um die Armada der Berner, Ostschweizer und Innerschweizer fast im Alleingang in Schach zu halten – dazu scheint Alpiger nicht in der Lage zu sein. Der letzte Titelgewinn eines Nordwestschweizers liegt mittlerweile 67 Jahre zurück (1958 Max Widmer).
Was auf Alpiger und Co. zutrifft, trifft auf die Südwestschweizer noch viel mehr zu. Sie haben zu wenige starke Schwinger, um Favoriten anderer Teilverbände zurückzubinden. So muss es Lario Kramer wohl ziemlich alleine richten. Zu mehr als dem dritten eidgenössischen Kranz wird es dem Freiburger höchstwahrscheinlich nicht reichen.