Usyk schlägt Fury im «Kampf des Jahrhunderts» und schreibt Geschichte – so war der Fight
Die Boxwelt wartete lange auf diesen Kampf zwischen den beiden mit Abstand besten Schwergewichtsboxern der letzten Jahre. Zähe und langwierige Verhandlungen zwischen den beiden Lagern und ein verschobener erster Termin im Februar aufgrund einer Verletzung Furys strapazierten die Geduld vieler Boxfans, gleichzeitig stieg die Spannung damit umso mehr.
Die beiden Athleten bewiesen beim Aufeinandertreffen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad schliesslich aber, dass sie dem Hype (und dem Preis für Stream-Zuschauende) absolut gerecht werden konnten.
Usyk und Fury lieferten sich einen hochklassigen Fight, in dem beide bessere und schlechtere Phasen verzeichneten. Letztendlich sahen die Kampfrichter Usyk knapp vorne (114-113 Fury, 114-113 Usyk und 115-112 Usyk).
Usyk startete besser in den Kampf und setzte Fury mit seinem Tempo unter Druck, mehrfach konnte er Treffer landen. Ab der dritten Runde fand der 35-jährige Fury dann besser in den Kampf und kontrollierte das Geschehen mit seinem Jab, seiner Reichweite. Auch konnte er nun einige harte Treffer anbringen, Usyk wirkte phasenweise angeschlagen. Der Brite fühlte sich nun offenbar sehr wohl und fing an Usyk zu verspotten, indem er herumhüpfte, seinen Gegner angrinste und teilweise provokativ seine Deckung offen liess.
Doch der Ukrainer wusste sich irgendwie zurück zu beissen, ab Durchgang 8 war er Fury wieder mindestens ebenbürtig. Er war indes auch wesentlich näher an einem Sieg durch einen Knockout als Fury. In Runde 9 bearbeitete der 37-Jährige, der gegenüber seinem britischen Kontrahenten klare Grössen-, Gewichts- und Reichweitennachteile aufweist, seinen Gegner derart intensiv, dass dieser in den Seilen hing. Fury wurde am Ende der Runde angezählt, durfte letztlich aber weiterkämpfen, obwohl er immer noch benommen wirkte, und entging so dem technischen K.o. – eine Entscheidung, die durchaus für Diskussionen sorgte.
Doch durch den Punktsieg am Ende sind diese hinfällig, Usyk ist der erste unumstrittene Schwergewichtschampion seit Lennox Lewis 1999 und dessen Sieg über Evander Holyfield. Unumstritten bedeutet, die Gürtel der vier grossen Verbände WBO, IBF, WBA und WBC gleichzeitig zu besitzen. Usyk hatte die ersten drei bereits auf seiner Seite, mit dem Sieg gegen Fury, dem 22. im 22. Profikampf, entriss er seinem 2,06 Meter grossen Kontrahenten nun auch noch den WBC-Titel.
Der Ukrainer zeigte sich nach dem Kampf glücklich und emotional: «Es war eine solch grosse Chance für mich, für meine Familie, mein Land, für die Geschichte.»
Unmittelbar nach dem Kampf erhielt Usyk bereits jede Menge Glückwünsche, so auch aus der kriegsgebeutelten Heimat. Unter anderem gratulierte der Kiewer Bürgermeister und ebenfalls ehemalige Box-Weltmeister Vitali Klitschko auf Telegram mit einem Verweis auf den Krieg: «Oleksandr Usyk hat einmal mehr bewiesen, dass die Ukrainer in der Lage sind, einen starken Gegner in einem schwierigen Match zu besiegen.» Ähnlich äusserte sich Präsident Wolodymyr Selenskyj:
Fury auf der anderen Seite, der einst Vitalis Bruder Wladimir entthronte, war sich nach dem Fight derart sicher, dass er der Sieger sein sollte, dass er kurz vor der Verkündung der Entscheidung bereits die Hand in die Höhe reckte. Dennoch gratulierte der «Gypsy-King», so sein Spitzname, Usyk im Anschluss höchst fair und würdigte dessen Leistung.
Fury erwähnte dabei die Rückkampfklausel, die einen zweiten Kampf zwischen den beiden Ausnahmeboxern am 12. Oktober vorsieht. Usyk nahm die Revanche noch im Ring an.
