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Sport nur mit Geisterspielen ist die grösste Torheit der Geschichte

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Fussball ohne Zuschauer – ein Bild, an das wir uns gewöhnen müssen.Bild: KEYSTONE
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Sport ohne Zuschauer – die grösste Torheit der Geschichte

Die Fussballmeisterschaft in leeren Stadien («Geisterpartien») doch noch zu Ende spielen? Sport unter Ausschluss des Publikums ist die grösste Torheit der Sport-Geschichte. Eine Polemik.
10.05.2020, 15:0411.05.2020, 07:18
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Am 22. November 1832 zerstörten Kleinfabrikanten («Tüchler») und Heimarbeiter aus dem Zürcher Oberland die Mechanische Spinnerei und Weberei Corrodi & Pfister in Oberuster. Was hat nun dieser «Maschinensturm» mit dem Sport zu tun? Ist auch nur der Vergleich nicht vollkommen schräg? Nein.

Es gibt sehr wohl eine Parallele aus diesem Ereignis. Damals wehrten sich Menschen dagegen, dass seelenlose Maschinen ihnen die Arbeit wegnahmen und dass wahre Handwerk wertlos machten. Wie wir heute wissen, war die Auflehnung vergeblich. Aber wenigstens gab es Widerstand.

Wenn Sport ohne Publikum möglich ist, dann ist der nächste Schritt irgendeinmal Sport ohne Sportler. Das mag sich noch absurd anhören. Aber künstlich produzierter, virtueller Sport passt wunderbar ins heraufziehende Zeitalter der Digitalisierung. Die letzte Konsequenz aus Spielen in leeren Stadien: Am Ende sind nach dem Publikum auch die Sportler für das Sportgeschäft so überflüssig wie damals im Zürcher Oberland die Heimarbeiter für die Textilindustrie.

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Auch in der National League fanden Geisterspiele statt.Bild: KEYSTONE

Geld regiert auch den Sport

Das Milliardengeschäft Sport hängt an der Werbewirtschaft und an den TV-Geldern. Der grosse Sport – zumindest den grossen Sport, den wir bis zu Beginn der Virus-Krise kannten – funktioniert nur, wenn sehr viele Menschen bereit sind, nicht nur Tickets zu kaufen, sondern auch TV-Gebühren zu bezahlen und wenn die Werbewirtschaft Milliarden in diesen Sport investiert.

Der Sport hat seine Unabhängigkeit längst verkauft, sich zu einem Teil der Unterhaltungsindustrie gemacht und beugt sich der Diktatur der TV-Anstalten. Der Sport kann ohne TV- und Werbemilliarden in seiner heutigen Form nicht mehr existieren.

Fussball und Hockey in leeren Arenen nur für die TV-Zuschauer gespielt ist Sport ohne Seele, ohne Emotionen und ohne Erlebniswert. Mag sein, dass es für ein paar Spiele Sinn macht, TV-Einnahmen zu retten. Aber es ist die grösste Torheit der Geschichte.

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Langfristig sind Geisterspiele keine Option.Bild: KEYSTONE

Übernimmt der E-Sport bald?

Wenn der Sport seine Seele – die Emotionen, den Erlebniswert – um ein paar TV-Silberlinge wegen freiwillig preisgibt und ohne Publikum spielt, öffnet er das Feld für eine Konkurrenz, die nach wie vor in geradezu fahrlässiger Art und Weise unterschätzt wird: für den E-Sport und die virtuelle Wirklichkeit.

Wenn es ohne Zuschauerinnen und Zuschauer geht, warum also nicht am Ende auch ohne Sportler? Bisher glaubten wir, auch für den Sport am TV seien Stimmung, Applaus, Emotionen und Atmosphäre unabdingbar. Was, wenn wir nun dank der Torheit der Manager durch «Geisterspiele» auf einmal erkennen, dass es ja auch ohne Publikum geht?

E-Sports ist auch während der Pandemie praktizierbar:

Der nächste Schritt ist dann: Wozu Klubs, Veranstaltern und Stars irrwitzige Millionensummen bezahlen, wenn wir im Netz virtuelle Stars und Helden kreieren und gegeneinander spielen lassen können? Warum Rad-, Töff- oder Formel 1-Rennen organisieren und Höllenmaschinen bauen, die Millionen kosten, wenn auch künstlich geschaffene Stars in einem virtuellen Rennen gegeneinander «fahren» können?

Kultmarken wie Bayern München, Real Madrid, YB, Ambri, der SCB oder Juventus lassen sich auch in einer virtuellen Sportwelt vermarkten. Eine künstlich, in Echtzeit computergenerierte virtuelle Realität kann als TV-Ereignis den wahren Sport ersetzen.

Während der Virus-Krise tun törichte Manager im echten Sport gerade mit «Geisterspielen» und virtueller Realität alles, um diesen Trend zu fördern und darauf aufmerksam zu machen. Wer will, kann am TV virtuelle Töffrennen oder – als Gipfel der Absurdität – eine virtuelle Tour de Suisse im staatstragenden Fernsehen SRF verfolgen.

Günstiger, sicherer, einfacher

Alles dreht sich ums Geld. Die Organisation von Sport mit Publikum bringt zwar Einnahmen, kostet inzwischen aber wegen Sicherheitsproblemen auch viel Geld. Virtueller Sport und E-Sport – der Wettkampf mit Computerspielen – kommen dagegen ohne bauliche Infrastruktur (Stadien, Rennstrecken) aus, verursachen keine Sicherheitskosten, sind nicht auf Bewilligungen von Behörden angewiesen, nicht vom Wetter abhängig, nicht von Pandemien bedroht, belasten die Umwelt nicht, sind global und dazu in der Lage, ihre eigenen Stars zu kreieren.

Noch sind virtueller Sport und E-Sport keine Konkurrenz für den echten Sport. Aber was ist, wenn sich diese Form der Unterhaltungsindustrie bei der neuen Generation in einer vielleicht gar nicht mehr so fernen Zeit durchsetzt und auf einmal so grosse Beachtung findet, dass sie zu einem Werbeträger und quotenstarken TV-Spektakel wird? Wenn TV-Stationen für die «Möblierung» ihrer Programme lieber günstigeren E-Sport und virtuellen Sport als viel zu teure richtige Spielen und Wettkämpfe einkaufen?

Noch scheint es ausgeschlossen, ja absurd, dass die TV- und Werbemilliarden vom echten auf den virtuellen Sport und den E-Sport umgeleitet werden. Und es mag sein, dass ich mit dieser Polemik zu früh bin wie George Orwell 1948 mit seinem verstörenden Roman «1984», der inzwischen eben doch von der Wirklichkeit überholt worden ist. Der Schritt in eine neue, heute noch unvorstellbare Unterhaltungswelt ohne echte Spiele und Wettkämpfe ist beunruhigend klein geworden.

Der wahre Sport würde dann ohne Werbe- und TV-Milliarden wieder an seine Ursprünge zurückkehren und mit dem wenigen Geld leben, das an der Abendkasse eingenommen wird. Aber er würde mit viel Herzblut von geerdeten Sportlern und nicht mehr von einer abgehobenen Kaste von Jungmillionären zelebriert und wäre ein Geheimtipp für die wahren Sportliebhaber. Wie Klein- und Kellertheater in der Kultur-Industrie. Ende der Polemik.

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31 Kommentare
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Gawayn
10.05.2020 16:28registriert März 2018
Ich bin da mit der Aussage des Artikels nicht konform.

Das Eine war der Niedergang vom Wert der Handwerkskunst.

Das Andere, ist reine Unterhaltungsindustrie.

Sport gab es weit vor Olympia. Selbst vor den früheren griechischen olympischen Spielen.

Ich bin selbst Trainer einer Sportart.
Weder ich, noch Andere vom Klub verdienen etwas daran.

Wir tun es aus Spass und aus dem Ursprungsgedanken des Sports.
Ja wir sind erfolgreich in Turnieren.
Aber viel Zuschauer haben wir nicht.
Brauchen wir nicht.

Sport ist NICHT an Zuschauer gebunden!
Nur Profisport...
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LAZIO1900
10.05.2020 15:25registriert März 2019
E-sport : Sorry, nein danke, dann lieber Töggelichaste.
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DocHoliday
10.05.2020 15:45registriert März 2020
Rosige Aussichten. Wenn die Fans dann auch in virtuellen Zügen zu den Spielen fahren und virtuell randalieren wär doch alles in Butter :D
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