Aufregung um einen Papiertiger – Gedanken zur neuen Super League
Die Kulturgeschichte der Rebellionen gegen die marktbeherrschenden Positionen der Sportverbände ist lang. Sie ist eine Geschichte des Scheiterns. Aus einem einfachen Grund: Es geht um nichts anderes als um Geld. Kein Investor der Welt mit klarem Verstand investiert seine Millionen in eine wilde Liga.
Die politische und kommerzielle DNA des Sportes ist und bleibt konservativ. Tradition und Verlässlichkeit sind entscheidend. Will heissen: Im Markt setzen sich dauerhaft nur Wettbewerbe um einen Titel mit Ausstrahlung und Geschichte durch. Eine Weltmeisterschaft, ausgeschrieben vom entsprechenden Sportverband, ausgetragen seit Generationen, kann nicht durch «wilde» Titelkämpfe konkurrenziert werden.
Genauso verhält es sich mit Meisterschaften im europäischen Fussball. Die Champions League ist ein Erfolgsprodukt, weil sie von der UEFA organisiert wird. Sie hat eine lange Geschichte. Sie ist aus den vor rund 70 Jahren kreierten Europacup-Wettbewerben hervorgegangen.
Die UEFA hat tatsächlich eine marktbeherrschende Stellung bei der Organisation von europäischen Klub- und Nationenturnieren. Deshalb funktionieren diese Wettbewerbe. Eine marktbeherrschende Stellung bedeutet nämlich auch Verlässlichkeit, politische und wirtschaftliche Kontinuität und eine reibungslose Organisation nach klaren Regeln.
Das sind die alles entscheidenden Faktoren für die TV-Stationen und andere mittel- und langfristig denkende Investoren. Sie investieren ihr Geld nur in ein berechenbares, klar strukturiertes und funktionierendes Geschäft. Aber nicht in eine künstliche, neue «Rebellenliga». Kommt dazu: Es gibt in letzter Konsequenz keinen sportlichen Wettbewerb im Fussball, bei dem ALLE mitmachen können. Im Kern hat theoretisch jede Liga eine marktbeherrschende Stellung und schliesst Klubs aus.
Die grössten Schweizer Europacup-Erfolge
Ohne das Geld aus der Medien- und Unterhaltungsindustrie bleibt eine europäische Superliga ohne den Segen und die Verlässlichkeit der UEFA eine Utopie. Sie gibt viel zu reden, sorgt für Aufregung und bleibt ein Luftschloss.
Die besten europäischen Klubs haben ihre Wurzeln in der nationalen Meisterschaft und können auch künftig nicht ohne diese Wurzeln sein. Das Big Business im europäischen Klubfussball ist eine Zauberformel: die Kombination aus starken heimischen Ligen und der Champions League.
Und die Sache ist ja noch nicht einmal zu Ende gedacht: Wo bleiben die Termine neben nationaler Meisterschaft und Champions League? Kein Klub wird auf diese Wettbewerbe verzichten. Wer rekrutiert die Schiedsrichter? Welche TV-Station überträgt erstens die Spiele und noch unendlich viel wichtiger: Welche TV-Station zahlt für die Übertragungsrechte?
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes hat in einer ganz anderen Richtung Wirkung: Es kann der Schlüssel für die Klubs und die nationalen Verbände sein, von der UEFA im Zusammenhang mit den europäischen Wettbewerben mehr Geld zu bekommen. Mit dem mahnenden Hinweis, es gebe dann noch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes, lässt sich am Verhandlungstisch schon etwas herausholen und die Türen zu den UEFA-Geldspeichern einen Spalt breiter öffnen.
Machen wir noch ein Gedankenspiel: Welcher helvetische Klubgeneral würde sich sofort mit Haut und Haaren an einer europäischen Super Liga beteiligen und auf unsere nationale Meisterschaft verzichten? Nur einer: Christian Constantin. Wird er nicht aufgenommen, so wird er beim Europäischen Gerichtshof klagen. Noch Fragen?
