Es war ein starker Kontrast zu der bedrückten Simone Biles von vor drei Jahren. Während der Geist der US-Turnerin in Tokio überhaupt nicht im Einklang mit ihrem Körper war und sie die berghohen Erwartungen deshalb nicht erfüllen konnte, lieferte die Super-Athletin gestern Dienstag wieder so richtig ab. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen gewann Biles den Teammehrkampf überlegen. Anstatt den Wettkampf unter Tränen abzubrechen, lachte und strahlte sie. Die 27-Jährige hatte wieder Spass an ihrem Sport.
Das ist überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Um die Freude am Kunstturnen wiederzufinden, musste Biles nämlich ihre Dämonen besiegen. Nach Tokio dachte sie nicht, dass sie noch einmal Wettkämpfe bestreiten könne. Sie fürchtete sich vor Saltos und Schrauben, weil sie in der Luft regelmässig die Orientierung verlor. Da sie sich bei den Olympischen Spielen 2021 aus dem Teammehrkampf zurückzog, war sie viel Hass ausgesetzt. Von einfachen Leuten in den sozialen Medien, aber auch TV-Moderatoren kritisierten Biles für den Entscheid.
Zunächst war unklar, was Biles plagte. Die erste Vermutung war eine Verletzung. Und so galt sie als «Quitter» – also als Person, die schnell aufgibt – und gar als Versagerin, wie sie in ihrer kürzlich erschienenen Doku «Simone Biles Rising» erläutert.
Es brauchte Zeit, um aus diesem Loch zu finden. Und vor allem brauchte es viel Arbeit. Erst nach anderthalb Jahren begann Biles wieder, regelmässig zu trainieren. Und die mittlerweile 23-fache Weltmeisterin und fünffache Olympia-Siegerin fand ihre Form wieder – spätestens bei der WM 2023 war der Einklang ihres Geists und ihres Körpers wieder hergestellt.
Und im Team-Mehrkampf bei Olympia 2024 in Paris bezwang sie dann auch ihre letzten Dämonen. Obwohl sie nicht an ihr Limit ging, war Biles die beste Athletin im Wettbewerb. Damit strafte sie ihre Kritiker auch gleich Lügen: Denn sie trat trotz einer angeschlagenen Wade an. Noch in der Qualifikation war ersichtlich, dass sie grosse Schmerzen hatte.
Vor drei Jahren erinnerten viele an Kerri Strug, die 1996 mit einer Knöchelverletzung den entscheidenden Sprung zu Olympia-Gold machte. Dass Biles mit mentalen und nicht mit körperlichen Problemen kämpfte, wurde damals von vielen ausser Acht gelassen.
Das ist für Simone Biles nun aber vergessen. Denn sie hat wieder ihren Spass gefunden. Hat den Kampf gegen ihre Dämonen gewonnen. Und kann ihr eigenes Ende schreiben – das war ihr grosses Ziel für die Olympischen Spiele in Paris. Nach Gold mit dem Team hat Biles noch vier weitere Chancen in den Einzel-Wettbewerben. Es wäre keine Überraschung, wenn die «Greatest Of All Time» im Kunstturnen überall Gold gewinnt. Denn die Überturnerin ist wieder in Topform – und eben: Sie hat wieder Spass am Sport.
Und genau das wollen wir bei Olympischen Spielen sehen.
Was die Medien machen ist nicht ideal, aber da kann Simone ja nix dafür.
Ich wünsche Ihr, aber auch allen Mitbestreiterinnen alles Gute!
Grundsätzlich richtig. Aber tönt doch etwas zu sehr nach: "Bitte heile Welt und keine Probleme für uns Sofasportler". Ich freue mich natürlich auch für jede SportlerIn, bei der Plan aufgeht. Aber auch das Scheitern (egal ob aus mentalen oder körperlichen Gründen) gehört dazu und soll ebenfalls Platz haben. Was ich mir vor allem Wünsche sind keine hämischen Kommentare oder Beleidigungen, wen jemand scheitert wie Biles in Tokyio oder Marlene Reusser an der WM. Hilft dann vielleicht Einigen im normalen Leben mit Niederlagen umzugehen.