Dieser Knatsch ist fast so spannend wie eine Polemik innerhalb des Schweizer Fussball Nationalteams. Die komplizierte Beziehung zwischen Nati-Captain Granit Xhaka und SRF-Kommentator Sascha Ruefer geht in eine neue Runde. Diese Woche enthüllte CH Media, dass Ruefer eine Aussage über Xhaka aus der Nati-Doku «The Pressure Game» entfernen liess – aus Furcht, dass ihm diese als rassistisch ausgelegt werden könnte.
Dass zwischen einem Nati-Kommentator und einem Nati-Captain so etwas wie ein Streit entbrennt, ist ungewöhnlich. Vielleicht aber auch nicht nur Zufall. Schliesslich sind beide Alphatiere. Beide sorgen in ihren Rollen immer wieder für Schlagzeilen. Und beide sticheln gerne ab und an.
Es ist nicht nur Ruefer, der über Xhakas Rolle als Captain urteilt und manchmal hart austeilt. Vor genau einem Jahr beispielsweise erzählte Xhaka, wie gross die Qual sei, wenn er während einer Verletzungspause ein Nati-Spiel auf SRF verfolgen müsse. Wobei beide auch die Grösse haben, vergessen zu können.
Dass sich Ruefer zu einer Person des öffentlichen Interesses entwickelt hat, ist logisch. Schliesslich kommentiert er für SRF seit 14 Jahren die Spiele der Schweizer Nationalmannschaft. Er tut das leidenschaftlich. Manchmal überschwänglich, in beide Richtungen, etwas zu euphorisch bei Siegen, etwas zu niedergeschlagen bei Niederlagen.
Wenn Ruefer kommentiert, ist es jedenfalls selten langweilig. Bisweilen wird er für seine Art sogar in Deutschland gefeiert («Hätten wir doch nur auch so einen Kommentator!»). Aber er muss sich eben auch häufig mit kritischen Stimmen auseinandersetzen. Einmal, nach der WM 2014 in Brasilien, wurde Ruefer von seinen SRF-Chefs zu einem Coaching verknurrt, weil er die negativen Stimmen zu sehr an sich heranliess, «da habe ich komplett die Orientierung verloren».
Wenn Ruefer in diesen Monaten nun über Captain Xhaka, dessen Aktionen und Rolle spricht, wird ihm genau dies vorgeworfen: Dass er dabei die Orientierung verloren habe. Weil er sich anmasst, mit feurigen Worten zu einer Debatte beizutragen, die scheinbar nie endet. Es geht darum, ob Xhaka der richtige Captain dieser Nati ist.
Dass es dabei unterschiedliche Meinungen gibt, ist unvermeidbar. Entscheidend ist aber dies: In einer Unterhaltungsindustrie, wie sie der Fussball ist, sind solche Debatten essenziell. Je mehr prominente Stimmen sich daran beteiligen, desto besser.
Natürlich, Ruefer ist als SRF-Kommentator der erste Meinungsmacher im Lande und muss seine Worte schon von Amtes wegen abwägen. Dass er einmal übers Ziel hinausschiesst, braucht auch niemand zu negieren. Nur, wäre uns Zuschauerinnen und Zuschauern das Gegenteil lieber? Noch ein braver, überkorrekter Kommentator mehr? SRF möge uns davor behüten!
Das Schweizer Fernsehen kämpft unter der Leitung von Roland Mägerle seit längerem mit sinkendem Einfluss, verlorenen Übertragungsrechten – und leidet unter den Abgängen von prominenten Namen. Matthias Hüppi, Steffi Buchli, Jann Billeter oder Stefan Bürer sind allesamt gegangen. Sascha Ruefer ist eines der wenigen verbliebenen Aushängeschilder.
Trotzdem ist Ruefers Position nicht unumstritten. Indem er sich mit seinen Aussagen («Ich gebe die Nati nie freiwillig ab!») aufbauscht, bietet er auch internen Kritikern das Feld, die eine Entmachtung oder gar einen Abgang von ihm nur allzu gerne sehen würden.
Dazu steht die Vermutung im Raum, dass es auch beim Schweizerischen Fussballverband einige Leute gibt, die wegen des angespannten Verhältnisses Ruefer/Xhaka gerne einen Kommentatoren-Wechsel bei SRF sähen. Das Feld, in dem sich Ruefer befindet, ist also ziemlich spannungsgeladen.
Wie Ruefer über dieses gleitet, ist manchmal bewundernswert, manchmal irritierend. Die Aufregung um seine Person hält er scheinbar spielend leicht aus. Vermutlich auch, weil er bestens verstanden hat, wie man sich im Gespräch hält und zur Marke macht. Davon profitiert am Ende auch SRF.
Würde ihm ein bisschen weniger Verbissenheit in gewissen Momenten schaden? Vermutlich nicht. Muss er sich deswegen ändern? Bloss nicht!
Ein Kommentator der mitfiebert, gerne!
Aber nicht so.