Sport
Leichtathletik

Alex Wilsons Dopingsperre dürfte noch höher ausfallen

Der Sprinter Alex Wilson in Basel, am Mittwoch, 28. Juli 2021. Der Internationale Sportgerichtshof spricht fuer Wilson aufgrund eines positiven Doping-Befunds bis auf Weiteres eine provisorische Sperr ...
Alex Wilson legte keinen Einspruch gegen das Urteil des CAS ein. Bild: KEYSTONE

Alex Wilsons Dopingsperre dürfte noch höher ausfallen – vom Verurteilten fehlt jede Spur

Entgegen den Ankündigungen des Schweizer Sprinters Alex Wilson hat das internationale Sport-Schiedsgericht (CAS) in Lausanne keinen Rekurs gegen die vierjährige Sperre wegen eines Anabolika-Vergehens erhalten. Nun können acht weitere Jahre Strafe dazukommen.
23.10.2023, 15:5323.10.2023, 17:02
rainer sommerhalder / ch media
Mehr «Sport»

Am Ende eines Dopingverfahrens wird es stets ein wenig kompliziert. Definitiv für vier Jahre gesperrt wurde der Schweizer Rekordhalter über 100 m von der Disziplinarkammer des Schweizer Sports nämlich bereits am 28. Juni 2022. Rekurs beim Sport-Schiedsgericht CAS in Lausanne einlegen kann der verurteilte Sportler aber erst, wenn er die Urteilsbegründung erhalten hat.

Dies geschah bei Alex Wilson erst Mitte September 2023. Doch die lange Dauer für die Ausformulierung, wieso genau Wilson für seine positive Dopingprobe vom 15. März 2021 auf die anabole Substanz Trenbolon die maximale Strafe erhielt, hat sich aus Sicht des Gerichts gelohnt. Offensichtlich war die sehr ausführliche Begründung des Urteils derart hieb- und stichfest, dass sie keinen Ansatz für einen Rekurs offen liess.

Alex Wilson from Switzerlan in action during the men's 200 meters qualification round at the IAAF World Athletics Championships, at the Khalifa International Stadium, in Doha, Qatar, Sunday, Sept ...
Der Schweizer Sprinter beteuerte stets seine Unschuld. Bild: KEYSTONE

Zumindest ging beim CAS von Wilsons Anwälten definitiv kein Einspruch ein. Der Athlet selbst hatte einen solchen mehrmals angekündigt und bezeichnete sich stets als unschuldig. «Es ist mir persönlich – und für alle, die mich auf meinem bisherigen Weg unterstützt haben – ein grosses Anliegen, meine Unschuld zu beweisen», erklärte Wilson anlässlich der verhängten Sperre.

Auch für die WADA ist der Fall eindeutig

Doch die 21-tägige Frist zum Rekurs liess er nun ungenutzt verstreichen. Ob aufgrund der Aussichtslosigkeit oder aus Geldmangel, bleibt offen. Wilsons Rechtsvertreter Gabriel Nigon will mit Verweis auf das Anwaltsgeheimnis nichts sagen. Wilsons selbst ist nicht erreichbar, die zwei Handynummern des Athleten sind inzwischen ausser Betrieb und der genaue Aufenthaltsort nicht bekannt.

Neben dem Athleten selbst kann auch die Welt-Antidoping-Agentur (WADA) oder die Antidoping-Abteilung des internationalen Leichtathletik-Verbandes (Athletics Integrity Unit, kurz AIU) ein Urteil anfechten. Grundsätzlich passiert dies, wenn diese zwei Organisationen einen Entscheid als zu milde halten oder wenn sie die Begründung für die spätere Rechtssprechung für problematisch erachten.

Die Rekursfrist dieser zwei Parteien dauert länger. Sie haben zuerst 15 Tage Zeit, um die Fallakten in englischer Sprache einzufordern. Erst, wenn sie diese erhalten haben, beginnt die 21-tägige Frist für WADA und AIU. Doch bei Wilson hat – im Gegensatz zu vielen anderen Dopingurteilen – niemand Akteneinsicht verlangt. Der Entscheid der Disziplinarkammer ist also rechtskräftig.

Sperre von zusätzlich acht Jahren ist denkbar

Dieser Meilenstein löst im Fall von Alex Wilson nicht nur ein zweites Verfahren wegen des möglichen Erwerbs von Anabolika, EPO und Wachstumshormonen aus, sondern hilft der anklagenden Behörde auch argumentativ. Schliesslich richten sich die Anschuldigungen ab sofort gegen einen verurteilten Dopingtäter.

Alex Wilson, athlete suisse, reagit lors du 200m hommes a l'occasion du 40eme meeting d'athletisme Resisprint International dimanche 30 juin 2019 centre sportif de la Charriere a La Chaux-de ...
In La Chaux-de-Fonds freut sich Wilson 2019 über seinen Schweizer Rekord über 200 Meter. Bild: KEYSTONE

Wie schnell es bei einem zweiten Verfahren gehen kann, zeigt das Beispiel der nigerianischen Sprinterin Blessing Okagbare. Sie wurde während den Olympischen Spielen von Tokio wegen einer positiven Trainingskontrolle am 19. Juli 2021 auf ein Wachstumshormon suspendiert. Weil sie – wie mutmasslich auch Alex Wilson – vom US-Naturheilpraktiker Eric Lira mit unerlaubten Substanzen beliefert worden ist, wurde sie im Juli 2022 zu einer Sperre von insgesamt elf Jahren verurteilt.

Die Machenschaften des Texaners Eric Lira wurden vom FBI aufgedeckt. Seit einer Gesetzesänderung vor zwei Jahren kann in den USA auch die staatliche Strafverfolgung gegen Dopingvergehen aktiv werden. Das Beispiel von Lira, der geständig ist, zeigt, dass die US-Behörden primär Interesse an den Hintermännern haben. Auch der Schweizer Leichtathlet taucht in den Ermittlungen des FBI prominent auf.

Kooperiert Alex Wilsons jetzt mit den Behörden?

Wenn die Beweise gegen Alex Wilson, welche die Ankläger als umfassend bezeichnen, die Disziplinarkammer überzeugen, droht dem Schweizer Sprinter jamaikanischen Ursprungs eine Höchststrafe von insgesamt zwölf Jahren. Ein zweites Dopingvergehen kann mit einer doppelt so langen Sperre wie das Erstvergehen sanktioniert werden.

Strafmildernd könnte ein umfassendes Geständnis und eine Kooperation von Wilson mit den Behörden sein. Diese hat bisher nicht stattgefunden. Noch gibt es keine Anzeichen, dass sich das jetzt ändert. Umgekehrt hat der gefallene Leichtathletik-Star jetzt nichts mehr zu verlieren, höchstens etwas zu gewinnen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Alle Leichtathletik-Weltrekorde
1 / 49
Alle Leichtathletik-Weltrekorde
Männer– 100 Meter: Usain Bolt (JAM), 9,58 Sekunden, 2009 in Berlin.
quelle: ap / gero breloer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So erklärt Kariem Hussein seinen positiven Dopingtest
Video: extern / rest
Das könnte dich auch noch interessieren:
24 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Campino
23.10.2023 16:16registriert Februar 2015
Ach hört doch auf.
Er ist 33 jährig!
Diese Karriere ist so oder so zu ende.
Schade!
1333
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zanzibar
23.10.2023 17:07registriert Dezember 2015
Das Schweigen und das löschen der Telefonnummer kann als Geständnis gewertet werden. Er ging zum Ende seiner Karriere "All in". Hat nicht geklappt. Ob er jetzt 4, 8 oder 120 Jahre gesperrt wird macht keinen Unterschied mehr
774
Melden
Zum Kommentar
avatar
Skydiver58
23.10.2023 17:23registriert Januar 2018
Ja nun schade. Er ist schuldig und darum soll er acht Jahre gesperrt bleiben…! Dass er sich nicht zeigt, ist seine Entscheidung. Könnte aber nicht gut ausgelegt werden. Ich wünsche ihm viel Glück auf seinem Weg, welchem auch immer.
483
Melden
Zum Kommentar
24
Viktor Giacobbo: «Schreiben Sie es genau so: Beni ist auch eine Nutte»
Viktor Giacobbo und Bernard Thurnheer sind die beiden vielleicht berühmtesten Winterthurer. Nun steht ihr Heimverein im Cup-Halbfinal gegen Servette. Sie sprechen über die Liebe zum FCW, die unterschätzte Stadt und ihr neues Leben.

Sie beide sind die grössten Berühmtheiten von Winterthur. Haben Sie Angst vor Konkurrenz, jetzt, wo die Fussballer des FC Winterthur eine so tolle Saison spielen?

Zur Story