Sport
Motorsport

Formel-1-Tests: Alles nur ein grosser Mercedes-Bluff?

FILE - Mercedes driver Lewis Hamilton of Britain reacts after finishing second in the Formula One Abu Dhabi Grand Prix in Abu Dhabi, United Arab Emirates, Sunday, Dec. 12. 2021. After losing the Formu ...
Lewis Hamilton glaubt nicht, dass Mercedes zu Saisonbeginn um Siege mitfahren kann.Bild: keystone

Hamilton schlägt nach letzten Tests Alarm – doch Verstappen glaubt ihm kein Wort

Die Kräfteverhältnisse in der Formel 1 sind vor dem Saisonauftakt auch wegen des neuen Reglements ziemlich unklar. Mercedes wähnt sich trotz ihres radikalen Designs weit zurück, doch die Konkurrenz kann da nur müde lächeln.
14.03.2022, 13:0518.03.2022, 13:42
Philipp Reich
Folge mir
Mehr «Sport»

Gross war der Aufruhr um den neuen Silberpfeil vor den letzten Testtagen an diesem Wochenende in Bahrain: Mercedes präsentierte einen superschlanken Boliden, der keine Seitenkästen mehr zu haben scheint. Stattdessen sind auf den Flanken des W13 lediglich Kühlerschlitze zu sehen, die Rückspiegel sind auf den zu einem Zusatzflügel umgewandelten Seitenaufprallelementen befestigt.

Die Konkurrenz war geschockt und fragte sich bereits laut, ob das radikale Design auch legal sei. Gemäss «Sport1» hatte Ferrari am Freitag sogar eine offizielle Anfrage bei der FIA platziert. Doch diese winkte schnell ab und machte klar, dass Mercedes tatsächlich ein Schlupfloch im etwas ungenau formulierten Reglement gefunden hatte.

Mittlerweile hat sich der Rauch etwas gelegt, denn Mercedes konnte bei den letzten Tests nicht mit den schnellsten Teams mithalten. Auf der heissen und welligen Strecke von Bahrain hüpfte der Wagen noch stark und so verloren Lewis Hamilton und George Russell teils viel Zeit auf Red Bull und Ferrari. «Wir liegen nach unserer Rechnung etwa eine halbe Sekunde hinter ihnen», erklärte ein Mercedes-Ingenieur gegenüber «Auto, Motor und Sport».

Lewis Hamilton schlug deshalb bereits Alarm. «Im Moment glaube ich nicht, dass wir um Siege kämpfen werden», sagte der siebenfache Weltmeister nach dem letzten Testtag im Wüstenstaat. Sein Mercedes-Team spulte mit 384 Runde zwar die meisten Einheiten ab, doch seine Eindrücke waren durchwachsen.

«Dass wir nicht die Schnellsten sind, ist sicher jedem klar», sagte Hamilton, der in diesem Jahr als erster Fahrer zum achten Mal Weltmeister werden möchte. «Ferrari scheint am schnellsten zu sein, und vielleicht Red Bull und dann wir oder McLaren. Wir sind derzeit nicht an der Spitze», so der einstige Dauersieger.

Die aktuelle Situation fühle sich «ganz anders an als letztes Jahr», sagte Hamilton: «Es sieht nicht so gut aus.» Er sieht Mercedes vor grossen Herausforderungen, um mit der Konkurrenz mithalten zu können. «Mir wurde gesagt, dass wir eine beträchtliche Menge Geschwindigkeit finden müssen», erklärte Hamilton, was seiner Meinung nach etwas länger dauern könnte.

Red Bull und Ferrari, die in Sachen Design den genau gegensätzlichen Weg von Mercedes eingeschlagen haben und sehr breit bauen, vermochten von den zehn Teams am meisten zu überzeugen. Zum Abschluss der Tests fuhr Titelverteidiger Max Verstappen im Red Bull am Samstag vor Ferrari-Pilot Charles Leclerc die schnellste Runde.

Bei Ferrari nimmt man die Testergebnisse von Mercedes und die Aussagen von Hamilton allerdings nicht allzu ernst: «Wir erleben seit fünf oder sechs Jahren, dass Mercedes bei Tests beteuert, wie schwierig alles sei. Aber das glaube ich keine Sekunde», erklärte der spanische Pilot Carlos Sainz. «Anhand der GPS-Daten können wir sehen, was Sache ist und – ich sage besser nicht mehr dazu. Aber all das ist typisch Mercedes. Immer hübsch den Gegner starkreden, und dann kommen sie zum Rennen und fahren alles in Grund und Boden.»

Max Verstappen ist ähnlicher Ansicht: «Es läuft tatsächlich immer ein wenig nach dem gleichen Muster ab. Wenn ein Rivale eine gute Leistung zeigt, dann heisst es: ‹Wir sind gewiss nicht Favorit.› Und dann eine Woche später, wenn die Dinge beim Rennen gut laufen, heisst es: ‹Oh, wir haben die Wende in nur einer Woche geschafft. Das ist nicht normal, unglaubliche Arbeit›», so der aktuelle Weltmeister.

Verstappen hatte schon zuvor immer wieder betont, man solle nichts auf die Rundenzeiten geben. «Vor einem Jahr haben wir ähnliche Töne von Mercedes gehört, als wir beim Wintertest die Schnellsten waren, und dann haben sie das erste Rennen gewonnen.» Auf die Frage, welches Team ihm Eindruck gemacht habe, antwortet der Niederländer: «Ferrari war konstant schnell. Ich bin davon überzeugt, dass sie ein solides Auto haben.»

Ob Mercedes nur geblufft oder sich mit dem radikalen Design des W13 tatsächlich vergriffen hat, werden wir spätestens am kommenden Freitag sehen. Dann beginnt in Bahrain mit zwei Trainings das erste GP-Wochenende der neuen Saison. Am Samstag steht das Qualifying auf dem Programm, am Sonntag um 16.00 Uhr folgt dann das Rennen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Mehrfach-Weltmeister der Formel 1
1 / 19
Die Mehrfach-Weltmeister der Formel 1
Lewis Hamilton: 7x Weltmeister (2008 im McLaren, 2014, 2015, 2017, 2018, 2019 und 2020 im Mercedes).
quelle: keystone / mark thompson
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Aya weint (doch) über blöde Autofahrer
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
giandalf the grey
14.03.2022 15:36registriert August 2015
Ja komm... Tires are gone, gell Lewis? Klar legt niemand direkt seine Karten auf den Tisch, aber, dass sie diese Spielchen Jahr für Jahr dermassen auf die Spitze treiben, macht Mercedes einfach elends unsympathisch. Ich hoffe, dass wir dieses Jahr möglichst viele verschiedenen Rennsieger sehen und dass am Ende ein Ferrari oder McLaren den Titel holt. Aber wenn Mercedes, wie es zu befürchten ist, trotzdem wieder alle rasiert, hoffe ich einfach, dass Russell Hamilton dermassen in Grund und Boden fährt, dass Wolff gar nicht auf die Idee kommen kann eine Stallorder zu geben.
6523
Melden
Zum Kommentar
avatar
Keller Baron
14.03.2022 14:18registriert Juni 2014
Diese Spielchen spielt Mercedes jedes Jahr. Immer heulen sie anfang Season rum das ihre Autos langsam wären. Diese Spielchen werden echt immer lächerlicher!
5121
Melden
Zum Kommentar
avatar
Scenario 7
14.03.2022 14:04registriert November 2020
Typisch Mercedes…
4114
Melden
Zum Kommentar
29
Pogacar jagt das Double – heute startet der Giro d'Italia

Auf dem Weg vom Grossraum Turin, wo der diesjährige Giro d'Italia am Samstag seinen Auftakt nimmt, bis zum 26. Mai, wenn in Rom der Sieger feststehen wird, legen die Fahrer, gemeldet sind 176, 3400 Kilometer zurück. Dabei sind knapp 45'000 Höhenmeter zu bewältigen, deutlich weniger als in den letzten zwei Jahren mit jeweils über 50'000 Höhenmetern.

Zur Story