Was für eine Leistung von Chiara Leone! Mit einem neuen olympischen Rekord von 464,4 Punkten sichert sich die 26-jährige Aargauerin Gold im Dreistellungskampf mit dem Luftgewehr über 50 m. Dabei beeindruckt Leone nicht nur mit ihrer Präzision, sondern vor allem auch ihren Nerven. Sinnbildlich dafür steht der Abschluss.
Mit 0,7 Punkten Vorsprung auf US-Amerikanerin Sagen Maddalena geht die Schweizerin in den letzten Schuss – und lässt der amtierenden Weltmeisterin nicht einmal die Chance, sie noch aufzuholen. Leone schiesst als erste und holt 10,8 Zähler, der Maximalwert beträgt 10,9. Damit darf Leone jubeln und die Schweiz hat nicht nur ihre vierte Medaille an den Olympischen Spielen 2024, sondern auch das erste Gold in Paris. Wobei sich die Anlage in Châteauroux, wo die Schiess-Wettbewerbe stattfinden, rund 250 Kilometer südlich der Hauptstadt befindet.
Gerade die letzten Schüsse hätten viele Nerven gebraucht, wie Leone im SRF-Interview nach der Medaillenzeremonie erklärte: «Das war schon sehr hart.» Jedoch sei es ein unglaubliches Gefühl gewesen mit ihren Fans, die bei ihren Schüssen jeweils lautstark gejubelt haben. «Ich musste gar nicht schauen, was ich geschossen habe. Ich habe es immer schon gehört, wenn es ein guter Schuss war», so die Goldmedaillengewinnerin.
Schon nach den ersten 15 Schüssen hatte Chiara Leone in Führung gelegen. Nur die Österreicherin Nadine Ungerank konnte kniend mit Leones 156,2 Zählern mithalten. In der Folge fiel Leone zwar etwas zurück, nach der Liegend-Stellung lag sie hinter Maddalena und der Chinesin Qiongyue Zhang auf Platz 3. Nach der ersten Serie im stehenden Anschlag war Leone aber plötzlich wieder Zweite, weil Maddalena zweimal patzte. So fiel Leones schwächeres Ergebnis nicht wirklich ins Gewicht.
Zumal sie wie schon nach ihrer missratenen ersten Serie in der zweiten Stellung hervorragend reagierte. Während die Chinesin Zhang mit einer einigermassen komfortablen Führung in die Ausscheidungsrunde der besten sechs ging, lauerte Leone dahinter. Und als der Führenden dann zwei schwächere Schüsse unterliefen, war Leone zur Stelle. Sie ging kurz vor Schluss in Führung und verteidigte diese dann mit ihrer Nervenstärke und einem herausragenden letzten Schuss.
Dies dürfte nun auch etwas gefeiert werden. Jedoch gebe es ein Problem: «Wir müssen morgen irgendwie nach Biel kommen. Noch wissen mein Trainer und ich nicht, wer dann fährt», verriet die Schützin, die im September dann Südamerika bereisen werde. Bis dahin sei noch nicht wirklich etwas geplant. Einzig die Schlussfeier in Paris werde sie definitiv besuchen – bisher war Leone ja nicht im olympischen Dorf einquartiert. Den Rest wolle sie aber spontan auf sich zukommen lassen.
Chiara Leone ist erst die zweite Schweizerin, die im Schiessen Olympia-Gold gewinnt. Vor drei Jahren in Tokio ging der Sieg im selben Wettkampf an Nina Christen. Eine Medaille konnten die Schweizer Schützinnen jedoch auch in Paris bereits feiern. Audrey Gogniat sicherte sich mit dem Luftgewehr über 10 m Bronze.
Auch aus diesem Grund sagt Leone nach ihrem Triumph stolz: «Es ist ein Riesenerfolg für das Schiesswesen in der Schweiz, dass wir den Olympia-Sieg bei uns behalten können. Es zeigt, wie gut das System funktioniert und wie viel Arbeit wir hineinstecken.»
Herzliche Gratulation!