Hundert Seiten umfasst das von den zuständigen Kreisen noch geheim gehaltene Konzept der «Interessengruppe Olympische Winterspiele Schweiz 2030». Es ist privat erarbeitet worden und steht nicht in Verbindung mit dem Schweizer Sport-Dachverband Swiss Olympic.
Vorgesehen sind gemäss diesem Papier 14 Austragungsorte in neun Kantonen: Bern, Graubünden, Obwalden, St.Gallen, Uri, Waadt, Wallis, Zug und Zürich. Das Zentrum dieser dezentralen Olympischen Spiele soll sich in Zürich befinden. Eröffnungs- und Schlussfeier sollen im Letzigrund-Stadion über die Bühne gehen. Diese Dezentralisierung erhöhe die Akzeptanz des Projektes, weil verschiedene Städte und Regionen profitieren, glauben die Initianten.
In Zürich wäre das grösste olympische Dorf geplant. Weitere Unterkünfte für die insgesamt rund 3000 Sportlerinnen und Sportler sind in Crans-Montana, Davos, Laax, St.Moritz, Engelberg und Kandersteg vorgesehen. Je nachdem sollen diese Häuser mobil errichtet und wieder abgebaut, oder nach Olympia für andere Zwecke weitergenutzt werden.
Für einige wenige Sportarten müsste gebaut werden, vorgesehen sind Provisorien. So ist für den Eisschnelllauf, für den es in der Schweiz aktuell keine Anlage gibt, ein mobiler Bau auf der Berner Allmend angedacht, mit Platz für 10'000 Zuschauende. Und die historische Natureisbahn in St.Moritz soll, wohl aus Gründen der Planungssicherheit, ausnahmsweise mit Kunsteis errichtet werden.
Swiss Olympic möchte diese Vision der privaten Gruppierung nicht gross kommentieren. «Wir sind an unserer Machbarkeitsstudie, diese Arbeit ist Anfang Oktober abgeschlossen. Dann wird man sehen, wie sich Olympische Spiele in der Schweiz präsentieren könnten», sagt Mediensprecher Alexander Wäfler.
Die reiche Erfahrung in der Organisation von Wintersport-Anlässen wird im Entwurf ebenso als Schweizer Stärke hervorgehoben wie der ausgezeichnete Ruf des Landes für Qualitätstourismus. Zudem wird auf die zumeist kurzen Wege zwischen Zürich und den Austragungsorten hingewiesen.
Ein grosser Teil der notwendigen Bauten steht bereits. Es blieben keine Olympia-Ruinen zurück. Nur wo Nachhaltigkeit nachgewiesen werden kann, soll in neue Sportanlagen investiert werden.
Hauptsächlich bereitet die ablehnende Haltung eines grossen Teils der Bevölkerung Sorgen. «Kaum ein anderes Land hat so oft kandidiert und ist an der Abstimmung der Bevölkerung gescheitert.» Die Schweiz würde mit hoher Wahrscheinlichkeit im IOC die Winterspiele 2030 bekommen – wenn sie sich bewerben kann.
Das grösste Hindernis auf dem Weg zum olympischen Spektakel ist die Demokratie. Die bange Frage: Ist es möglich, die Abstimmungen in den verschiedenen Gemeinden und Kantonen zu gewinnen? Entscheidend wird dabei sein, ob es gelingen wird, eine charismatische Persönlichkeit zu finden, die dazu in der Lage ist, die olympische Idee «dem Volk» zu verkaufen.
Werden die Spiele 2030 der Schweiz zugesprochen, dann könnten die entsprechenden Anlagen während längerer Zeit nicht für andere Veranstaltungen genützt werden. Das könnte etwa die Eishallen betreffen.
Swiss Olympic steht seit April 2023 im Dialog mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Noch im Herbst soll eine Studie vorliegen, in der die Rahmenbedingungen für eine Durchführung Olympischer Spiele in der Schweiz in den Jahren 2030, 2034 oder 2038 geprüft werden. Im Oktober dürfte der Grundsatzentscheid fallen, ob die Idee Olympische Winterspiele 2030 konkreter wird.
Das IOC plant, die Olympischen Winterspiele 2030 im Sommer 2024 zu vergeben. Offiziell beworben haben sich dafür Schweden (mit der Hauptstadt Stockholm und dem Wintersportort Are) sowie Salt Lake City, bereits 2002 Austragungsort. Die Amerikaner bevorzugen allerdings die Spiele 2034. Denn 2028 werden mit den Sommerspielen in Los Angeles bereits Olympische Spiele in den USA ausgetragen. Das IOC favorisiert für 2030 die Schweiz. Aber eben: Wird sich die Schweiz bewerben?