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Du willst nur das Beste? Voilà:
Das Hotel «Intercontinental Alpensia» zu Pyeongchang ist ein vornehmes Haus und beherbergt sozusagen das grosse olympische Hauptquartier.
Es ist der 8. Februar im Jahre des Herrn 2018. Später Vormittag. Die freundliche Ruhe in der weiträumigen Lobby täuscht. In der Entourage des grossen, machtbewussten olympischen Vorsitzenden Thomas Bach macht sich Hektik, Ratlosigkeit, ja Entsetzen breit.
Nein, es geht nicht um aufgedeckte Attentatspläne oder neue Doping-Vergehen. Es geht bloss um ein paar Worte. Aber die Wirkung auf die Eitelkeiten der Herren der Ringe und der Politik ist verheerend. Zerrinnt im letzten Moment, nur einen Tag vor der Eröffnung des olympischen Spektakels, der grosse, schöne Traum? Der Traum, zumindest ein bisschen Weltgeschichte zu schreiben?
Vier Jahre lang haben die olympischen Funktionäre an einem diplomatischen Meisterstück gearbeitet: der olympischen Teilnahme eines gemeinsamen Frauen-Eishockeyteams beider Korea. Die olympische Idee, die Völker verbindet. Ganz im Sinne von Baron Pierre de Coubertin, dem Gründer der modernen olympischen Spiele.
Endlich weg von den bösen Doping-Schlagzeilen. Sonnenscheinpolitik im besten Wortsinne. Die Sonnenscheinpolitik war Teil der Beziehungen zwischen Süd- und Nordkorea. Südkoreas Präsident Kim Dae-jung hatte sie zu Beginn dieses Jahrhunderts gepflegt und dafür 2000 den Friedensnobelpreis bekommen. Thomas Bach in den Spuren eines Friedensnobelpreisträgers. Und daraus soll nun nichts werden?
Was ist passiert? US-Vize Mike Pence hat soeben mit markigen Worten die Verschärfung der wirtschaftlichen Sanktionen gegen Nordkorea angekündigt. Und betont, dass man sich durch ein bisschen olympisches Tauwetter nicht beeindrucken lasse.
Drei Stunden lang hängt nun alles an einem dünnen, seidenen Faden. Zieht sich die nordkoreanische Delegation zurück? Es scheint so. Die Telefondrähte (im übertragenen Sinne) glühen. Kurz nach 15 Uhr Ortszeit kommt doch noch die Entwarnung. Die nordkoreanische Delegation bleibt.
Und so nehmen die olympischen und diplomatischen Dinge doch noch ihren geplanten, protokollierten Lauf. Die Athletinnen und Athleten beider Korea ziehen heute bei der Eröffnungszeremonie hinter der «Fahne der Vereinigung» (mit der hellblauen Silhouette der Halbinsel auf weissem Grund) gemeinsam ins Stadion ein.
Südkoreas Präsident Moon Jae wird morgen Kim Yong Nam, das protokollarische Staatsoberhaupt Nordkoreas sowie Kim Yo Jong, die Schwester von Machthaber Kim Jong Un treffen. Und das Frauenteam beider Korea zum ersten Spiel des olympischen Turniers gegen die Schweizerinnen antreten.
Olympische Spiele und die Politik sind eben nicht zu trennen. Seit dem Beginn der ersten Spiele der Neuzeit (1896, Athen) träumen ihre Macher vom Primat des Sportes über die Politik. Dass während der Spiele die Welt in Frieden den Atem anhalten möge wie einst im alten Griechenland. Es ist eine der grossen Illusionen der Weltgeschichte.
Seit die olympische Idee 1936 in Berlin zum ersten Mal als Propaganda-Spektakel missbraucht worden ist, wird die Weltbühne der Spiele von der Politik benutzt. Sei es durch Boykotte (1956, 1976, 1980, 1984) oder durch Protestaktionen (1968), und zweimal (1972, 1996) sind die Spiele gar durch ein Attentat erschüttert worden. Und in der Neuzeit will die Kritik der politischen Vereinnahmung (Peking 2008 und 2022, Sotschi 2014) sowieso nicht mehr verstummen.
So ist es nur logisch, dass auch 2018 erst einmal die Politik die olympischen Schlagzeilen dominiert und einem Frauen-Hockeyteam aus Korea zu weltweiter Beachtung verhilft.