Wer geglaubt hatte, Roger Federer verschwinde nach seinem Rücktritt im September 2022 aus der Öffentlichkeit, wurde dieser Tage wieder einmal widerlegt. Federer zu Besuch bei Rolex, Federer beim Spiel der Schweizer Fussballnationalmannschaft im Stadion, Federer in Tokio, Federer im Kurzfilm von «Schweiz Tourismus» mit dem Comedian Trevor Noah.
Trotz des dichten Terminkalenders – Federer ist bekanntlich Vater von vier Kindern, baut in der Kempratner Bucht am Zürichsee ein Zuhause und reist als Botschafter für seine Stiftung um den Globus – bleibt ihm Zeit, um sich Aktivitäten zu widmen, für die in den letzten Jahren kaum Zeit war.
Auch aus Angst vor einer Verletzung liess er die Finger vom Wintersport, obwohl er in Lenzerheide in Sichtweite zum Sessellift wohnt. Bis Mitte Januar, als er ein Video in den sozialen Medien teilte und dazu schrieb: «Es ist 15 Jahre her. Es fühlt sich so gut an, wieder auf der Piste zu sein.»
Auch abseits der Pisten bleibt Federer umtriebig. Wie Recherchen von CH Media zeigen, liess er kürzlich über seine Tenro AG die Markenrechte für sein RF-Logo um die Klasse 9 der internationalen Nizza-Klassifikation erweitern. Also für Ski- und Sonnenbrillen. Er hat nun während sechs Monaten Zeit, den Schutz auszudehnen – auf die EU, die USA und Asien.
Federer wahrt sich damit die Möglichkeit, mit einer eigenen Linie in einen Markt einzusteigen, dem grosses Wachstumspotenzial attestiert wird. Um 5 Prozent soll der globale Umsatz bis 2027 jährlich wachsen – besonders im asiatisch-pazifischen Raum, wo Federer mit seinem Sponsor Uniqlo einen starken Partner hat. Ein Markt, in dem auch die Laufschuhmarke On, wo Federer Teilhaber ist, wachsen will und bereits stark verankert ist. Ein Grossteil der Produktion befindet sich in den chinesischen Metropolen Schanghai und Guangzhou und an mehreren Standorten in Vietnam.
Wie konkret diese Überlegungen sind, lässt sich kaum abschätzen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass es plötzlich schnell gehen kann. Im Dezember 2020 erweiterte Federer sein Markenimperium um ein Logo und vier weitere Mitglieder: «The Roger Clubhouse», «The Roger Centre Court», «The Roger Wildcard» und «The Roger Advantage». Schon im Jahr darauf kamen entsprechende Schuhe der Marke On in den Verkauf.
Offenbar verfolgt Roger Federer – vertreten durch die auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Basler Anwaltskanzlei Wenger Plattner – beim Branding eine auf zwei Logos abgestützte Markenstrategie: einerseits das ikonische RF-Logo, andererseits ein R mit schwarzem Punkt, das er im Frühling 2023 registrieren liess. Darin enthalten sind Sportartikel, Kleidungsstücke und Schuhwaren, Tonträger, Lederwaren, Reise- und Handkoffer, Glaswaren und sogar Christbaumschmuck. Die möglichen Geldquellen, die sich Federer damit erschlossen hat, sind gigantisch, das Fundament dafür gelegt.
Denn nicht weniger als zehn Marken sind inzwischen im Markenregister auf die Tenro AG eingetragen, aus deren Verwaltungsrat Federer zwar im Herbst 2018 ausgeschieden ist, die er als Präsident des Verwaltungsrates der übergeordneten Tenro Holding AG aber noch immer kontrolliert.
Kontrolle – das ist für den Unternehmer Federer offenbar die oberste Maxime. Ein Grund dafür dürfte die unliebsame Erfahrung sein, die er mit seinem früheren Sponsor, dem Sportartikelhersteller Nike gemacht hatte. Diesem hatte er die Rechte an seinem RF-Logo überlassen, was nach der Trennung 2020 eine komplizierte Entflechtung verursachte. Erst nach zwei Jahren Tauziehen gingen die Rechte von Nike auf Federers Tenro AG über.
Federer hat seine Lehren aus der Erfahrung gezogen. Stärkstes Indiz dafür, wie wichtig ihm die Kontrolle über sein Markenimperium zu sein scheint, ist, dass nicht etwa On die Markenrechte an den Schuhen hält, die mit seinem Namen vertrieben werden, sondern Federer über die Tenro AG. Und das, obwohl er bei On Teilhaber ist. Damit behält er die Kontrolle.
Domiziliert ist die Tenro AG seit ihrer Gründung im Jahr 2007 in einem unscheinbaren Einfamilienhaus in einer Siedlung in Bottmingen, einer Baselbieter Gemeinde in der Basler Agglomeration, umgeben von hohen Bäumen, gepflegten Hecken und viel Grün. Gut möglich, dass Federer von hier aus dereinst auch in den Verkauf von Ski- und Sonnenbrillen einsteigt – und bei seinem nächsten Skiausflug eine Eigenmarke trägt. Es wäre der nächste unternehmerische Coup des 20-fachen Grand-Slam-Siegers.
Dass nicht alles automatisch zu Gold wird, was Federer anfasst, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2003. Kurz nach seinem ersten Wimbledon-Sieg gründete er mit seiner heutigen Frau Mirka Vavrinec RF Cosmetics. Die Eau de Toilette, Aftershaves, Duschgels und Deos konnten sich am Markt aber nicht behaupten. 2009 wurde das Unternehmen liquidiert.
Die Produkte funktionieren nur (vermutlich überteuert) weil sein Name drauf steht. Bitte den Irrsinn nicht unterstützen.