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Ex-Rugby-Star Sébastien Chabal leidet an Gedächtnisverlusten

Sebastien Chabal RUGBY : Toulouse vs Stade Francais - 23eme Journee de TOP14 - Toulouse - 12/05/2024 ThierryBreton/Panoramic PUBLICATIONxNOTxINxFRAxBEL
Sébastien Chabal leidet an dramatischen Gedächtnisverlusten.Bild: IMAGO/PanoramiC

Rugby-Star Chabal erinnert sich nicht mehr an seine Spiele – oder die Geburt der Tochter

Auf dem Rugbyfeld war er eine Ikone. Nun spricht Sébastien Chabal über seine dramatischen Gedächtnisverluste.
15.04.2025, 14:1915.04.2025, 14:19
Alexander Kohne / t-online
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t-online

Sein markanter Bart ist noch da – etwas länger als früher und von grauen Strähnen durchzogen. Auch das Haar trägt Sébastien Chabal weiterhin lang. Vor Jahren stand er für Härte wie kaum ein anderer. «Anästhesist» nannten sie ihn, weil seine Tacklings Gegner reihenweise zu Boden schickten – oft bewusstlos. Nun spricht der 47-Jährige in einem Interview mit dem YouTube-Kanal Legend über das, was davon geblieben ist: nichts.

Er habe keine Erinnerung mehr, sagt Chabal – nicht an seine Spiele, nicht an die Hymnen vor dem Anpfiff. Und auch nicht an den Moment, als seine Tochter geboren wurde. «Es ist wahr, ich habe keine Erinnerung mehr – und wenn ich sage keine, dann meine ich keine», so der frühere französische Nationalspieler.

Das Gespräch mit Sébastien Chabal.Video: YouTube/LEGEND

Ein Leben zwischen Ruhm und Risiko

Chabal stand 62-mal für Frankreich auf dem Platz. Mit 1,91 Metern und 120 Kilogramm galt er als Inbegriff körperlicher Dominanz im Rugby. Die Marseillaise sang er stets laut mit, wurde durch seine Auftritte zur nationalen Figur – besonders im rugbyverrückten Südwesten des Landes. Unternehmen engagierten ihn für Werbekampagnen, im Pariser Wachsfigurenkabinett Musée Grévin steht eine Wachsfigur von ihm.

Sebastien Chabal of France, left, charges through to score a try during the Rugby World Cup Group D match between France and Namibia, Toulouse, southwestern France, Sunday Sept. 16, 2007. (AP Photo/Ka ...
Sébastien Chabal auf dem Höhepunkt seines Schaffens.Bild: AP

Doch Ruhm und Risiko lagen bei Chabal stets nah beieinander. Die vielen Stösse gegen den Kopf seien wohl die Ursache für seine Amnesie, vermutet er. Sein Körper trägt Spuren der Karriere: verknorpelte Ohren, tiefe Stimme – und der Gedächtnisverlust.

Die Debatte nimmt Fahrt auf

Nach dem Interview war das Thema in den französischen Abendnachrichten präsent. Seither läuft eine Diskussion über die Risiken des Rugbysports. Kritiker warnen seit Langem vor den Folgen ständiger Kollisionen: Kopf gegen Schulter, Knie gegen Schädel, Kopf gegen Kopf. Neurologen erklären, dass auch kleinere Erschütterungen das Gehirn langfristig verändern können.

Gleichzeitig betonen Verteidiger der Rugbywelt, dass sich seit Chabals Karriereende viel verändert habe. Es gebe heute mehr Schutzmassnahmen und Sicherheitsprotokolle sowie verpflichtenden Kopfschutz. Vergleiche mit Boxen, Eishockey oder American Football sollen relativieren. Doch Chabals Geschichte könnte das Bild des Sports beschädigen – und Eltern davon abhalten, ihre Kinder Rugby spielen zu lassen.

Ein Tabu gerät ins Wanken

Chabal ist nicht der Einzige, der über Spätfolgen berichtet. Auch andere Ex-Profis leiden an früher Demenz oder merklichen Verhaltensänderungen. Viele schweigen aus Scham. Dass ein so prominenter Name nun offen spricht, könnte etwas verändern. Chabal arbeitet inzwischen als TV-Kommentator und hat mit seiner Offenheit womöglich eine Tür geöffnet.

Ob er sich bereits von einem Spezialisten habe untersuchen lassen, wurde er gefragt. Seine Antwort: «Nein, wozu auch, das Gedächtnis kommt ohnehin nicht zurück.»

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29 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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What is a DJ if he can't scratch
15.04.2025 14:13registriert Oktober 2022
CTE ist kein Mythos. Deswegen sehe ich auch Faustschläge (von irgendwelchen Pseudos auf der Strasse) als versuchten Totschlag an und dies sollte entsprechend geahndet werden...
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Jimmy Dean
15.04.2025 14:47registriert Juli 2015
Ob er sich bereits von einem Spezialisten habe untersuchen lassen, wurde er gefragt. Seine Antwort: «Nein, wozu auch, das Gedächtnis kommt ohnehin nicht zurück.»

Naja, er mag damit Recht haben, aber wenn ich mich nicht mehr an die Geburt meiner Tochter erinnern könnte, sässe ich als erster beim Arzt im Wartezimmer.
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Kramer
15.04.2025 16:18registriert September 2021
Es ist wichtig dass nun vermehrt über CTE berichtet wird. Im Kampfsport ist das ganze noch drastischer, da gibts Athleten die mit 35 schon keinen geraden Satz mehr herausbringen.
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