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Sägemehlmeister Zaugg

ESAF in Mollis 2025: Ein Video-Beweis im Schwingen?

Das Kampfrichter-Trio vor dem Schlussgang am Mittellaendischen Schwingfest am Sonntag, 31. Mai 2015 in Richigen. (KEYSTONE/Lukas Lehmann)
Kampfrichter bei einer Besprechung am Ring.Bild: KEYSTONE
Sägemehlmeister Zaugg

Video-Beweis im Schwingen? Kein Thema und nicht nötig

Seit Schwingen ein TV-Sport geworden ist, werden Fehler der Kampfrichter sichtbar. Aber einen Video-Beweis nach dem Vorbild des Fussballs oder Eishockeys wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Auch deshalb, weil die Kampfrichter im Schwingen die besten Unparteiischen der gesamten globalen Sportwelt sind.
28.08.2025, 12:5328.08.2025, 13:26
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Zum Charme des Schwingens gehören Fehlentscheidungen der Kampfrichter. Richtig auf dem Rücken oder doch nicht? Maximalnote 10 oder doch nicht? Diese Diskussionen gibt es seit mehr als hundert Jahren.

Nur bei einem einzigen «Bösen» gab es nie Zweifel: beim legendären Hans Stucki, 1969 im Schlussgang des Eidgenössischen (Niederlage gegen Ruedi Hunsperger), fünffacher Eidgenosse und Sieger bei 16 Kranzfesten. Stucki war taubstumm und drückte seine Gegner unerbittlich ins Sägemehl. Er löste den Griff erst, wenn ihm der Platzkampfrichter mit einem kräftigen Schlag auf den Rücken endlich den Sieg signalisierte. Bei ihm gab es wahrlich keine flüchtigen Siege.

Ein Kampf (Gang) wird von drei Kampfrichtern bewertet. Einer beobachtet die schwingerische Arbeit aus nächster Nähe im Sägemehlring und zwei sitzen ausserhalb am Tisch. Dieses Trio ist für die Bewertung des Ganges (Auf dem Rücken oder nicht?) und die Notengebung zuständig (Tatsachen-Entscheide).

Mehr als 100 Jahre lang gab es die Diskussionen um Kampfrichterentscheidungen und die Notengebung lediglich im kleinen Kreis auf der Tribüne, in der Festhütte und im Wirtshaus. Film- oder Videoaufnahmen waren selten und die ersten Direktübertragungen in alle Wohnstuben gibt es erst seit 1995, eine vollständige Berichterstattung sogar erst im 21. Jahrhundert.

Ein Kampfrichter konsultiert seine Uhr beim Schwarzseeschwinget, am Sonntag, 22. Juni 2014, in Schwarzsee. (KEYSTONE/ Peter Schneider)
Der Kampfrichter im Sägemehl entscheidet nicht alleine.Bild: Keystone

Inzwischen ist das Schwingen populär wie nie und es ist ein TV-Sport geworden. Alle wichtigen Feste werden live übertragen. Fehlentscheidungen der Kampfrichter inklusive Notengebung werden nun für alle sichtbar, notfalls durch Wiederholungen in Zeitlupe. Seit immer mehr TV-Kameras das Geschehen im Sägemehlring übertragen, hat das Schwingen seine Unschuld verloren und die Kampfrichter sehen sich den gleichen Kritiken und Polemiken ausgesetzt wie die Schiedsrichter im Fussball oder im Eishockey.

Logisch also, dass inzwischen da und dort ein VAR (Video Assistant Referee) gefordert wird. Im Schwingen wäre es ein VAK (Video-Assistent-Kampfrichter). Rolf Gasser ist als langjähriger Geschäftsführer des Verbandes mit dieser Thematik bestens vertraut. Er sagt unmissverständlich: «Der Video-Beweis ist im Schwingen kein Thema.» Und er geht davon aus, dass das so bleiben wird.

Die Argumente gegen den Video-Beweis im Sägemehl

Erstens: Chancengleichheit ist oberstes Gebot. Also müsste jeder Gang (Kampf) aufgezeichnet werden. Mindestens drei zusätzliche Kameras pro Sägemehlring wären beispielsweise in Mollis erforderlich. Was in Mollis bei sieben Plätzen 21 zusätzliche Kameras zu den bereits 14 in der Arena eingesetzten bedeuten würde. Wenn nicht jedes Fest mit VAK durchgeführt werden könnte, dann müssten der Transparenz halber die Listen der Kranz- und Festgewinner mit einem Sternchen versehen werden: +mit VAK, *ohne VAK.

Zweitens: Die Kritik würde sich bloss vom Sägemehl ins VAK-Büro verlagern. Bald einmal wäre die Kritik: «Der VAK war halt ein Berner.» Oder ein Innerschweizer. Oder ein Nordostschweizer. Kommt dazu: Die Notengebung ist keine exakte Wissenschaft, die sich per Video so auflösen lässt wie die Frage, ob der Ball oder der Puck im Tor war oder nicht.

Drittens: Wie wir aus dem Fussball und dem Eishockey wissen: Selbst ein VAR und andere Möglichkeiten der Videohilfe garantieren keine absolute Gerechtigkeit.

Viertens: Die vom Verband sehr gut geschulten Kampfrichter im Sägemehl sind die besten Unparteiischen der gesamten globalen Sportwelt. In Mollis überwachen 21 Kampfrichter (plus fünf Ersatzleute) an zwei Tagen rund 900 (!) Gänge. Dabei ist ihre Fehlerquote mindestens um den Faktor 100 kleiner als die von Fussball- oder Hockey-Schiedsrichtern.

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Die Reglemente im Schwingen haben sich seit mehr als hundert Jahren bestens bewährt. Die Schwinger kommen weitere hundert Jahre ohne VAK aus.

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Die Favoriten am ESAF 2025 in Mollis
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Die Favoriten am ESAF 2025 in Mollis

Das Sägemehl in Mollis wird gepflegt. Am Sonntag verlässt es einer von 274 Teilnehmern als Schwingerkönig.

quelle: keystone / gian ehrenzeller
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ESAF 2025 – So gut kennt ihr euch im Schwingen aus
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20 Kommentare
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Ziasper
28.08.2025 13:50registriert September 2017
Nur weil etwas seit 100 Jahren Bestand hat, heisst es nicht, dass man es nicht ändern darf. Sonst hätten wir immer noch kein Frauenstimmrecht in der Schweiz...was bei gewissen Leuten im Schwingerbereich wahrscheinlich noch auf offene Ohren stösst.
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