«Man kann mit vielen Worten wenig sagen, oder mit wenig Worten viel», eröffnete Kilian Wenger die Pressekonferenz in Wilderswil und fügte an: «Ich möchte mitteilen, dass ich per sofort vom aktiven Schwingsport zurücktrete.» Als Hauptgrund für seinen Entscheid gab er anhaltende akute Rückenbeschwerden an.
Wenger bestätigte damit, was viele vermuteten. Spekuliert worden war im Vorfeld der Pressekonferenz einzig über den Zeitpunkt seines Abgangs. Schliesslich beschliesst mit dem Jubiläumsschwingfest am 8. September in Appenzell ein Fest mit eidgenössischem Charakter die Saison. Der Oberländer, Schwingerkönig von 2010 in Frauenfeld, wird also nicht mehr bis zum Saisonende durchziehen, sondern hängt seine Zwilchhosen per sofort an den Nagel. Am Sonntag auf dem Brünig bestritt er sein letztes Fest – ohne den so begehrten Kranz zu holen.
Er habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, nach dem Brünig einen Schlussstrich zu ziehen – unabhängig vom Ausgang jenes Bergfestes, das er zweimal gewinnen konnte (2014, 2021).
Mit 110 Kränzen gehört Wenger zu den erfolgreichsten Schwingern. Nur 13 Athleten haben mehr gesammelt. Seinen mit Abstand grössten Erfolg feierte Wenger 2010 in Frauenfeld, als er sich am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest mit acht Siegen in acht Gängen praktisch aus dem Nichts zum Schwingerkönig krönte. Auf dem Weg zum Thron legte der damals erst 20-Jährige unter anderem den dreifachen König Jörg Abderhalden, Bruno Gisler und im Schlussgang Martin Grab auf den Rücken.
Vor drei Jahren, in seinem letzten wirklich guten Jahr, stand Wenger vor einem weiteren Meilenstein. Im Schlussgang des Kilchberg-Schwingets bot sich ihm die Chance, seinen zweiten Titel eidgenössischer Prägung zu gewinnen. Er unterlag jedoch Samuel Giger.
So bleibt der Königstitel vor 14 Jahren das grosse Highlight in der Karriere von Wenger. Insgesamt gewann der fünffache Eidgenosse 23 Kranzfeste, das letzte vor drei Jahren – auf dem Brünig. Seither stockte die Karriere von Wenger, konnte er nicht an seine Erfolge anknüpfen und musste zuletzt des Öfteren die Heimreise ohne Eichenlaub antreten.
Der Entscheid, die Zwilchhosen zum jetzigen Zeitpunkt an den Nagel zu hängen, sei für ihn «absolut stimmig». Dass seine Karriere nun zu Ende sei und Neues auf ihn warte, sei angsteinflössend und erleichternd zugleich. «Es fällt eine grosse Last von meinen Schultern, und ich freue mich auf alles, was die Zukunft bereithält.» Vor allem wolle er mehr Zeit mit seinen Liebsten verbringen, so der Familienvater.
Er habe sich bewusst dagegen entschieden, vorgängig zu kommunizieren, welches sein letztes Fest sei. Statt etwa am Berner Kantonalen in Burgdorf am 11. August vor grossem Heimpublikum abzutreten, geht der König, der stets und überall zu den Publikumslieblingen gezählt hat, auf leisen Sohlen. So, wie er es sich gewünscht hat. (nih/sda)