Schwingen ist in der Schweiz längst keine Randsportart mehr, sondern erfreut sich auch in den Städten zunehmender Beliebtheit. Zu Tausenden pilgern die Fans Jahr für Jahr an die regionalen und kantonalen Schwingfeste oder auf den Brünig, die Schwägalp, den Stoos oder zum Schwarzsee an die Bergfeste.
So richtig im Rampenlicht steht der Schwingsport aber dennoch nur alle drei Jahre – wenn das Eidgenössische ansteht und der Schwingerkönig gekrönt wird. Längst ist das ESAF ausverkauft. Neun Stunden pro Tag überträgt das SRF am Wochenende live aus Pratteln und in so manchem kleineren oder grösseren Dorf werden dafür Public Viewings organisiert.
Damit auch du weisst, worum es genau geht und wie das zweitägige Volksfest abläuft, nehmen wir dich mit auf einen kleinen Crashkurs.
Ein Kampf beim Schwingen wird «Gang» genannt und dauert beim Eidgenössischen normalerweise fünf Minuten. Gekämpft wird auf einer kreisförmigen, 7 bis 14 Meter durchmessenden, mit Sägemehl gepolsterten Fläche. Die zwei Gegner tragen über ihren Kleidern eine kurze, aus Zwilch gearbeitete Hose.
Die beiden Kontrahenten geben sich zuerst die Hand und greifen sich dann an die sogenannte Schwingerhose («Grifffassen») und versuchen, den Gegner durch das Anbringen von «Schwüngen» auf den Rücken zu zwingen. Der Sieg ist gültig, falls der überlegene Schwinger den Unterlegenen mit mindestens einer Hand an der Schwinghose festhält und der Unterlegene den Boden mit beiden Schulterblättern oder mindestens zwei Dritteln des Rückens berührt. Gibt's bis zum Ablauf der Gangdauer keinen Sieger, wird der Gang als «gestellt» und somit als Unentschieden bewertet.
Gewichtsklassen gibt es keine. Nicht erlaubt sind Halsgriffe, Kopfstösse oder der Druckaufbau durch Hebelwirkung gegen Gelenke. Bei Unterbrüchen wird die Zeit angehalten. Nach der Entscheidung wischt der Sieger dem Verlierer als Ausdruck der Fairness das Sägemehl vom Rücken. Das Duell wird mit einem abschliessenden Händedruck abgeschlossen.
Der Gang wird von einem Platzkampfrichter im Sägemehl und zwei Kampfrichtern am Tisch geleitet und anschliessend bewertet. Pro Gang werden dem Sieger und dem Verlierer Noten verteilt. Dabei wird die Notenskala 8,5 bis 10,00 verwendet. Der Schwinger mit der höchsten Gesamtpunktzahl nach acht Gängen wird am Ende Schwingerkönig.
Für diverse Vergehen wie Passivität, absichtliche Verzögerungen oder gefährliche Griffe kann der Kampfrichter dem Schwinger eine Viertelnote abziehen. Erst wird allerdings eine Ermahnung ausgesprochen, dann eine Verwarnung, erst danach kommt es zum Notenabzug. Einen Video-Schiedsrichter gibt es im Schwingen nicht, derzeit wird aber immer intensiver um dessen Einführung diskutiert.
Vor einem Schwingfest ist kein Spielplan erhältlich, wie dies beispielsweise bei einem Tennisturnier der Fall ist. Es gibt also keine Auslosung, stattdessen bestimmt das Kampfgericht die Einteilung der insgesamt acht Gänge.
Vor dem Wettkampf wird allerdings nur der erste Gang eingeteilt. Die Einteilung erfolgt nach der Qualifikation der Athleten, oft lässt man dabei die aktuell stärksten Schwinger gegeneinander antreten. Danach erfolgt die Einteilung der Gänge anhand der bereits erhaltenen Punktzahl. Schwinger aus den gleichen Teilverbänden sowie Schwinger aus den gleichen Klubs werden zunächst nicht gegeneinander eingeteilt. Gegen Ende des Schwingfests kann es dann aber durchaus dazu kommen.
Nach dem ersten Tag und den ersten vier Gängen scheiden die schlechtesten 10 bis 15 Prozent der Schwinger aus, nach sechs Gängen weitere 15 Prozent. In den Gängen 7 und 8 geht es um den Kranzausstich. Die besten 15 bis 16 Prozent aller Schwinger erhalten als Preis einen Eidgenössischen Kranz. Fortan dürfen sie sich «Eidgenossen» nennen.
Um den Königstitel kämpfen im Schlussgang die beiden Schwinger mit der höchsten Punktzahl nach sieben Gängen. Dort erhält der Sieger stets die Maximalnote 10. Nicht immer gibt es jedoch einen Schwingerkönig. Drei Szenarien:
Um den Gegner auf den Rücken zu legen, gibt es über 300 Variationen von Griffen und Schwüngen. Hier die gebräuchlichsten.
Der Kurzzug ist der am meisten verwendete Schwung. Man macht eine Körperfinte nach links, um anschliessend mit dem linken Bein zwischen die Beine des Gegners zu gelangen. Mit festem Griff folgt eine Drehung nach rechts. Oder umgekehrt.
Das eigene Bein geht sprungartig hinter das diagonal liegende Bein des Gegners. Danach wird der Oberarm fixiert und mit wuchtigem Druck nach vorne vervollständigt. Bei korrekter Ausführung ist dieser Schwung ein Garant für Maximalnoten.
Der Brienzer ist eine der effektivsten Waffen für Schwinger mit körperlichem Nachteil. Der Angreifer fasst den Griff über die Schulter am Gurt des Gegners. Er hängt mit dem Bein beim Gegner ein, packt mit der anderen Hand dessen Oberarm. Er hebt das Bein an und leert nach vorne rund ab.
Mit einer ruckartigen Bewegung des eigenen Gesässes nach links wird der Gegner über das eigene Hinterteil auf den Rücken gedreht. Wichtig zur Fixierung bei diesem Schwung ist der Griff mit der linken Hand an den rechten Oberarm des Gegners.
Der Bur ist der am häufigsten angewandte Schwung im Bodenkampf. Mit dem linken Bein wird das Knie des Gegners fixiert. Anschliessend wird mit der rechten Hand im Spalt bis zum Gurt an der Schwingerhose gegriffen, wodurch die Bewegungsfähigkeit des Gegners eingeschränkt wird. Danach wird der Gegner mithilfe der rechten Hand, verbunden mit einer Drehbewegung, am Boden überdrückt.
Der Angreifer hakt entweder mit seinem linken Bein am rechten des Gegners oder umgekehrt ein. Mit gleichzeitigem Vorwärtsdruck aus dem Oberkörper wird der Gegner rücklings aus dem Gleichgewicht gebracht und auf den Boden gedrückt. Der Nachteil des Gammen: Die Knie werden sehr stark belastet – Spezialisten leiden oft an Knieverletzungen.
Der Angreifer attackiert den Gegner mit einem Gammen, klemmt dann das gegnerische Bein mit den eigenen Beinen ein und hakt nachher übers Kreuz mit dem anderen Bein ein. Dadurch ist der Gegner in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und kann sich kaum mehr ausdrehen.
Der Fussstich ist ein Überraschungsschwung und wird meist angewandt, wenn man dem Gegner körperlich unterlegen ist. Zunächst wird eine Drehung angetäuscht, anschliessend stellt man mit dem rechten Fuss beim Gegner an und dreht mit viel Kraft nach hinten ab.
Der Kreuzgriff ist vor allem ein Schwung für kräftige Athleten. Die Schwingerhosen werden hinten mit beiden Händen gefasst und danach versucht man den Gegner nach hinten zu drücken, bis er den Stand verliert. Oft wird der Kreuzgriff gegen Ende des Ganges angewendet.
Manne, ad Arbet 🇨🇭