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Dominik Paris vor Lauberhorn: «Die Pisten sind schlechter als früher»

Dominik Paris of Italy reacts in the finish area during the men's downhill race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup in Wengen, Switzerland, Saturday, January 13, 2024. (KEYSTONE/Peter Schneide ...
Dreimal stand er auf dem Podest – ein Sieg fehlt Dominik Paris in Wengen aber noch.Bild: keystone

Dominik Paris: «Die Rennen sind gefährlicher, wenn wir auf normalem Schnee fahren»

Keiner hat mehr Rennerfahrung in Wengen als der italienische Skistar Dominik Paris. Doch gewonnen hat er am Lauberhorn noch nie. Mehr Sorgen als um seine eigene Sieglosigkeit macht sich der 35-jährige Südtiroler aktuell aber über die Präparation der Rennstrecken.
16.01.2025, 13:33
Rainer Sommerhalder / ch media
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Der grosse italienische Altmeister Dominik Paris, 35, hat in seiner Karriere 19 Abfahrten auf neun verschiedenen Strecken gewonnen. Das Lauberhorn fehlt in seinem Palmarès, obwohl er im Berner Oberland in den letzten fünf Jahren dreimal auf dem Abfahrtspodest stand. Dass es nie zum Sieg gereicht hat, liegt vor allem an einer Passage. Trotzdem liebt der Südtiroler die Strecke in Wengen. Hier hat er 2009 seinen Einstand in den Weltcup gefeiert. Kein Fahrer im aktuellen Starterfeld hat mehr Erfahrung auf dieser Strecke als der «Domme». Er bestreitet am Samstag seine 17. Weltcup-Abfahrt am Lauberhorn.

Welche Bedeutung hat das Lauberhorn für Sie?
Dominik Paris:
Das Lauberhorn ist ein Rennen, das mir vom ersten Tag her richtig gut gefallen hat. Die Abfahrt 2009 war mein allererster Einsatz im Weltcup. Das Rennen ist gigantisch und zu Recht ein absolut cooler Klassiker.​

Ihre positivste Erinnerung an Wengen?
Mein erstes Podium im Januar 2020, obwohl ich mir dann zwei Tage später im Training das Kreuzband gerissen habe. Ich brauchte elf Jahre, bis ich es in Wengen endlich einmal aufs Podest geschafft habe.​

Und woran möchten Sie sich lieber nicht erinnern?
(Lacht.) Ich bin im Kernen-S auf dem Hosenboden gelandet. Das war nicht unbedingt eine Glanzleistung. Aber ansonsten sind es wirklich sehr schöne Erinnerungen ans Lauberhorn. Logisch, wenn man nur das Rennresultat betrachtet, ist man ab und zu enttäuscht.

Dominik Paris of Italy (2nd place), Beat Feuz of Switzerland (winner) and Thomas Dressen of Germany (3rd place), from left, celebrate on the podium after the men's downhill race at the Alpine Ski ...
Endlich auf dem Podest! 2020 wurde Dominik Paris am Lauberhorn Zweiter hinter Beat Feuz.Bild: KEYSTONE

Die Schlüsselstelle Kernen-S stand Ihnen mehr als einmal im Weg zum ersehnten Lauberhorn-Sieg. Haben Sie schon mal von dieser Passage geträumt?
Geträumt nicht gerade. Aber ich kann festhalten, dass ich das Kernen-S im Verlauf meiner Karriere in verschiedensten Varianten kennengelernt habe.​

Es ist definitiv nicht Ihre Lieblingspassage im Ski-Weltcup!
Nein, es ist eine Passage, mit welcher ich mich mit am schwersten tue. Es ist eine enge Kurve, und ich scheitere regelmässig darin, den nötigen Speed mitzunehmen.

«Rein von der Vermarktung her wäre eine Ausweitung des Weltcups eine positive Sache, aus Sicht der Logistik hingegen schwierig.»

Überhaupt erscheint das Lauberhorn mit seinen Schlüsselstellen, seiner Länge, seiner Abgeschiedenheit nicht zeitgemäss!
Es ist halt ein Klassiker, bei dem man sagt, das gehört dazu. Das Rennen ist für uns Athleten ja gerade wegen all dieser Faktoren so spannend. Nur wegen der Landschaft wäre Wengen nicht Weltcuport. Der Charakter und die Eigenschaften der Strecke machen das Lauberhorn erst einzigartig.​

Der FIS-Präsident möchte den Ski-Weltcup globaler machen. Was halten Sie von Rennen in China oder in Südamerika?
Ich weiss nicht genau, wohin der Weg gehen wird. Man sieht, dass es immer schwieriger wird, in Europa dauerhaft schneesichere Orte für den Weltcup zu finden. Heuer war die Schneesituation in Bormio sehr kritisch. Aber es bleibt viel Denkarbeit. Will man beispielsweise Skirennen übers ganze Jahr austragen? Ich bin nun seit 15 Jahren den gleichen Rhythmus gewohnt. Für meine Generation wäre eine Umstellung schwierig zu bewerkstelligen. Die jungen Fahrer sind sicherlich flexibler, was eine künftige Ausrichtung des Rennkalenders betrifft. Rein von der Vermarktung her wäre eine Ausweitung des Weltcups eine positive Sache, aus Sicht der Logistik hingegen schwierig.

Marco Odermatt hat seine Erfolge im vergangenen Winter in Kitzbühels Nachtleben ziemlich intensiv gefeiert. Wo findet man Sie am Abend nach einem Abfahrtssieg?
(Lacht.) Mittlerweile zu Hause. Ich mag es gemütlich. Und ich muss mir die Energie fürs nächste Rennen und nicht für die Festivitäten aufsparen. Ich habe in der Vergangenheit durchaus ab und zu so richtig gefeiert, aber das musste ich mir in den vergangenen Jahren ein wenig abgewöhnen.​

Switzerland's Marco Odermatt celebrates with the team after taking second place in an alpine ski, men's World Cup downhill race, in Kitzbuehel, Austria, Saturday, Jan. 20, 2024. (AP Photo/Gi ...
Marco Odermatt lässt es nach Siegen gerne mal krachen – Dominik Paris musste sich das abgewöhnen.Bild: keystone

Und mit den Gründen zum Feiern ist es derzeit so eine Sache: Man hat Sie in dieser Saison bislang im Zielraum der Rennen enttäuscht, vielleicht sogar etwas ratlos gesehen. Wieso läuft es nicht nach Wunsch?
Schwierig zu sagen. Ich habe den Eindruck, das Skifahren an und für sich wäre nicht so schlecht. Aber aus irgendwelchen Gründen funktioniert es noch nicht wie gewünscht.​

Werden Sie alt?
Alt wird hoffentlich jeder. Ich hoffe, mir gelingt es, besser in den Rennmodus zu kommen. Sonst wird es eine schwierige Saison.​

«Die Unterlagen wechseln heute viel mehr – von weich bis übertrieben hart. Es ist keine ideale Situation.»

Wie unterscheidet sich der 35-jährige Dominik Paris von jenem Fahrer, der vor 16 Jahren zum ersten Mal in Wengen am Weltcupstart stand?
Der unterscheidet sich sehr. Die Erfahrung ist um Welten grösser.​

Mit welcher Konsequenz?
Wenn man jung ist, gibt man einfach Gas und weiss oft gar nicht, wieso es funktioniert oder nicht. Heute habe ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was ich machen will und wie es sich im Rennen anfühlen soll. Der Idealfall wäre der Mix aus beidem.​

Und wie weit hat sich der Ski-Weltcup in dieser Zeit verändert?
Es ist schon eine andere Welt. Die Präparierung der Pisten ist ganz anders als damals. Die Unterlagen wechseln viel mehr – von weich bis übertrieben hart. Wir haben keine Regelmässigkeit mehr bei den Pisten.

Das tönt eher nach Rückschritt!
Die Situation ist wirklich nicht ideal. In jüngster Zeit hatten wir keine guten Verhältnisse. Früher wusste man: Wenn man auf die Weltcupstrecke kommt, ist es hart und eisig. Es gab höchstens ab und zu ein Rennen, bei dem dies nicht ganz so gelungen ist – meistens nur auf wenigen Abschnitten der Strecke. Mittlerweile sind gesamte Strecken schlecht präpariert. Wenn ich an Gröden denke: Da sind wir auf einer Strecke gefahren, die eigentlich eine Unterlage für Touristen bot. Und wir sollen dort Weltcup-Rennen fahren.​

epa11788368 Dominik Paris of Italy in action during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Val Gardena, Italy, 21 December 2024. EPA/ANDREA SOLERO
Die Piste in Gröden hat Dominik Paris gar nicht gepasst.Bild: keystone

An was liegt es: Am Klimawandel oder am Können der Pistencrew?
Wo man die Schuldigen findet, weiss man nicht. Aber man tut sich definitiv schwerer damit, eine gute Piste zu präparieren. Vielleicht fehlt es am Interesse, das weiss man nicht so genau.​

Werden die Abfahrten als Konsequenz daraus gefährlicher?
Ich finde die Abfahrten gefährlicher, wenn wir auf normalem Schnee fahren. Das Material übernimmt dann die Kräfte direkter. Auf eisiger Unterlage greift das Material viel weniger schnell.​

«Ich staune über die Anzahl und die Qualität der Talente in der Schweiz. Irgendetwas machen die Schweizer besser als Österreich und Italien.»

Lange war das Nationenduell Österreich – Schweiz auch in den Abfahrten das Mass aller Dinge. Derzeit befindet sich das österreichische Speedteam in einem ziemlichen Loch. Wo sehen Sie die Gründe?
Man sieht bei den Österreichern wie übrigens auch in Italien, dass der Skinachwuchs immer mehr fehlt. Im Gegensatz staune ich über die Anzahl und die Qualität der Talente in der Schweiz. Diese machen Druck auf die etablierten Fahrer und pushen sich im Team gegenseitig. Von einer solchen Konstellation hat auch Österreich früher profitiert. Heute fehlt sie. Irgendetwas machen die Schweizer besser.

Haben die Leistungen eines Franjo von Allmen oder eines Alexis Monney auch Sie beeindruckt?
Was mich am meisten beeindruckt, sind die Qualitäten dieser Fahrer. Es geht dann vor allem noch darum, wie schnell jemand lernt, bis er sich in der Weltspitze etabliert. Odermatt zum Beispiel hat unglaublich schnell gelernt. In Bormio lag er beim ersten Start drei Sekunden zurück, und zwei Jahre später kam er mit Bestzeit ins Ziel.​

Sie gelten als sehr zugänglicher Athlet. Wie oft werden Sie von jüngeren Fahrern um Rat gefragt?
Es geht so, nicht so oft. Wenn jemand mich aber um einen Rat bittet, helfe ich gerne.​

Im italienischen Team haben Sie so etwas wie Heldenstatus?
Nein. Ich bin ein ganz normaler Rennfahrer. Anders wäre mir auch nicht wohl.

Italy's Dominik Paris reacts at the finish area of an alpine ski, men's World Cup downhill race, in Bormio, Italy, Thursday, Dec. 28, 2023. (AP Photo/Alessandro Trovati)
In Bormio ist Dominik Paris Rekordsieger – bei Olympia erwartet er aber ein ganz anderes Rennen.Bild: keystone

In gut einem Jahr finden in Bormio die Speedrennen der Olympischen Winterspiele statt. Ich nehme an, für Sie als Rekordsieger auf dieser Piste eine prickelnde Perspektive?
Schauen wir mal. Ist in meinen Gedanken noch weg, in einem Jahr kann sehr viel passieren. Es ist sicher ein grosses Ziel, starten zu können. Es wird aber ein ganz anderes Rennen sein als im Weltcup.​

Wieso?
Die Olympia-Abfahrt ist Mitte Februar. Da ist viel mehr Licht auf der gesamten Strecke. Die Aufgabe für die Abfahrer wird dadurch deutlich einfacher.

Sie warten noch auf eine Medaille bei Olympia. Wie sehr treibt Sie das an?
Ich habe dieses Ziel jetzt schon einige Male verfehlt (lacht). Der Wunsch wäre sicher weiterhin vorhanden. Aber wenn es nicht passt, dann passt es nicht.​

«Ich habe noch keine Ahnung, was ich nach der Karriere mache. Es wird sich schon irgendwas ergeben.»

Olympische Spiele im eigenen Land – was löst das in Ihnen aus?
Nachdem ich bereits so oft bei Winterspielen dabei gewesen bin und diese immer enorm weit weg stattgefunden haben, freue ich mich schon darauf, dass Olympia zurück nach Europa kommt. Ich habe im Sommer die Spiele in Paris verfolgt. Es ist schon etwas ganz anderes, wenn du einen solchen Anlass zu Hause erleben kannst. Ich bin gespannt, wie es sich in der Realität anfühlen wird. Ich kann es mir noch nicht so richtig vorstellen, aber ich denke, es ist mit viel mehr Emotionen verbunden.​

Olympia erscheint als perfekter Zeitpunkt für den Abschied als Rennfahrer.
(Lacht.) Schauen wir mal, was passiert!​

Gibt es schon Pläne für das Leben nach der Athletenkarriere?
Wenn ich Pläne hätte, wäre ich nicht mehr auf der Piste.​

Was kann Dominik Paris besonders gut?
Ski fahren, das ist ja das Problem (lacht). Ich habe noch keine Ahnung, was ich nach der Karriere mache. Es wird sich schon irgendwas ergeben.​

epa11823979 Dominik Paris of Italy in action during the men's Downhill training at the FIS Alpine Skiing World Cup in Wengen, Switzerland, 14 January 2025. EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
Ist er an diesem Wochenende dran?Bild: keystone

Ein Tipp zum Abschluss: Wer gewinnt die Abfahrt am Lauberhorn?
Eine schwierige Frage: Ich hoffe ganz stark, dass ich endlich einmal an der Reihe bin.​

Und wer wird Zweiter?
Der Odermatt wird sicherlich sehr stark auftrumpfen. Die Rennfahrer mit den guten Riesenslalom-Schwüngen sind mit dem Kernen-S ein wenig im Vorteil. Das hat man bei Feuz und Janka schon gesehen. Odi ist sicher der Favorit. Aber ich hoffe, ich kann ein Wörtchen mitreden.

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Die Sieger der Lauberhorn-Abfahrt seit 1997
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Die Sieger der Lauberhorn-Abfahrt seit 1997
2025: Marco Odermatt (Schweiz, rechts) gewinnt vor Landsmann Franjo von Allmen (links).
quelle: keystone / jean-christophe bott
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Odermatt versetzt alle ins Staunen
Video: watson
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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Drunken Master
16.01.2025 14:25registriert Juli 2018
Geht es nur mir so, oder liest man die Antworten von Dominik Paris automatisch in seinem Dialekt? 😅
Den kann man einfach nur mögen... ein super Typ!
490
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Toerpe Zwerg
16.01.2025 14:06registriert Februar 2014
Was für ein sympathischer Typ!

Schönes Interview.
370
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    Und mitten im Match klingelt plötzlich Bencics Telefon
    Was du hier findest? Aussergewöhnliche Tore, kuriose Szenen, Memes, Bilder, Videos und alles, das zu gut ist, um es nicht zu zeigen. Lauter Dinge, die wir ohne viele Worte in unseren Sport-Chats mit den Kollegen teilen – und damit auch mit dir. Chat-Futter eben.
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