Startet Marco Odermatt zu einem Weltcup-Rennen, so steht er auf dem Podest. Zumindest seit dem 12. März und Rang 2 im ersten Riesenslalom in Kranjska Gora stimmt diese Aussage zu 100 Prozent. Bei zwölf Starts – fünf Riesenslaloms, vier Abfahrten und drei Super-G – war der Überflieger aus Nidwalden nie schlechter als im 3. Rang klassiert, viermal gewann er gar.
Dass er seine fantastische Serie an Top-3-Platzierungen weiterziehen konnte, ist für Odermatt «definitiv die grösste Überraschung des Jahres». Denn noch am vergangenen Samstag nach seinem Triumph im Riesenslalom in Val d'Isère hatte er sich skeptisch gezeigt. Zu schlecht waren seine Erinnerungen an die Piste Saslong im Grödnertal, auf welcher vor Jahresfrist im Super-G trotz Topform nur der 24. Rang resultiert hatte.
«Ich kam hier noch nie richtig vom Fleck», drückte es der 25-Jährige im SRF-Interview vor dem ersten von drei Rennen in Val Gardena so plakativ wie drastisch aus. Befragt nach den Lehren aus der Vergangenheit lautete Odermatts Erkenntnis:
Und wie er – am Vorabend stark ermuntert von seinem Servicemann Chris Lödler – das tat. Odermatt war bereit, «da ich auf dieser Strecke nichts zu verlieren hatte», beim Set-up grosses Risiko einzugehen. Er fuhr deshalb das Rennen auf einem Ski, «den ich praktisch noch nie gefahren bin». Der aber von seinem Ausrüster Stöckli – als eine Erkenntnis der letzten Saison – komplett neu entwickelt worden ist, um eben auch bei solchen Schneeverhältnissen und auf Pisten wie in Val Gardena gut gerüstet zu sein. Dazu nahm Odermatt auch beim Skischuh einige Umstellungen vor: «Die Kombination bin ich so noch gar nie gefahren.»
Für seine Risiko-Bereitschaft wurde er fast maximal belohnt. Der mit der Nummer 12 gestartete Innerschweizer, der in Val Gardena seine erste Abfahrt bestritt, erwischte die Schlüsselstelle Ciaslat und ebenso die wichtige Ausfahrt in den flachen Schlussteil nahezu perfekt. Im Ziel sah er auf der Anzeigetafel grün aufleuchten. «Endlich», so lautete Odermatts Gedanke, dazu schrie er – in Siegerpose – seine Freude befreit mit einem «Jaaa!» Richtung Zuschauer.
Dass er nicht lange auf dem Leadersessel Platz nehmen und auf seinen ersten Abfahrtssieg im Weltcup hoffen durfte, lag an Vincent Kriechmayr. Der unmittelbar nach Odermatt gestartete Österreicher war in der nur gut 85 Fahrsekunden dauernden Sprint-Abfahrt um elf Hundertstel schneller. Damit erlöste er nicht nur sich persönlich mit dem ersten Podestplatz des Winters, sondern im 17. alpinen Saisonrennen – Frauen eingeschlossen – auch den ÖSV mit dem ersten Sieg überhaupt.
Zeit zur Freude bleibt weder Kriechmayr nach seinem 13. Weltcupsieg noch Odermatt nach seinem saisonübergreifend zwölften Podestplatz in Folge lange. Am Freitag steht auf der Saslong der Super-G auf dem Programm (Start 11.45 Uhr), am Samstag die Abfahrt auf der Originalstrecke. Da der Männer-Tross danach sofort nach Alta Badia weiterzieht, wo auf der Gran Risa am Sonntag und Montag gleich zwei anstrengende Riesenslaloms anstehen, liess Odermatt immer offen, ob er in Val Gardena alle drei Speed-Rennen bestreiten wird.
Vor allem den Verzicht auf die Abfahrt am Samstag zog er in Betracht. «Nun ist die Tendenz eher wieder so, dass ich auch die zweite Abfahrt bestreiten werde», so der Nidwaldner im Interview mit dem Schweizer Fernsehen. «Es läuft gut und ich fühle mich gut.» Ginge es nur um einen 20. Platz, «so hätte ich eher verzichtet». Aber eben: Wenn Odermatt startet, so geht es viel eher um einen Podestplatz. (nih/sda)