Er gehört seit mehreren Jahren zur Weltspitze im Skisport. Daniel Yule, der die Slalom-Gesamtwertung im letzten Winter auf dem vierten Platz abschloss, ist eine feste Grösse im Schweizer Ski-Team. Der 30-jährige Walliser, der oft als Kopfmensch beschrieben wird, ist auf den Skiern ebenso schlagfertig wie mit Worten und setzt sich stets für die Umwelt ein. Wir haben mit ihm telefoniert, um über den Saisonbeginn, seine ungebrochene Leidenschaft und die Polemik um die Rennen in Zermatt zu sprechen.
Letztes Jahr hatte die Saison am 11. Dezember begonnen. Die Saison 2023/2024 beginnt einen Monat früher. Ist das gut?
Daniel Yule: Ja, ich bin froh. Ich mag Rennen und je mehr Rennen es gibt, desto besser geht es mir. Letztes Jahr fand der erste Slalom in Val d'Isère am 11. Dezember und die Weltmeisterschaft in Courchevel im Februar statt, sodass die Slalomsaison nur zwei Monate dauerte (Red: zwei Rennen wurden nach der Weltmeisterschaft ausgetragen).
Ihr Kollege Ramon Zenhäusern sagte gegenüber Keystone-SDA auch, dass er die Verlängerung der Saison gutheisse.
Da bin ich gleicher Meinung. Wenn Sie aber Marco Odermatt fragen, wird er sagen, dass die Saison schon so lang genug ist. Aber für uns Slalomfahrer ist das nicht der Fall.
Die Slalomspezialisten haben in dieser Saison immerhin 13 Slaloms, in denen sie um die Kristallkugel kämpfen.
Ist das nicht genug?
Das ist ein Rekord und ich will mich nicht beschweren.
Chaque été, les équipes prennent l'avion pour aller s'entrainer dans l'Hémisphère sud. Les conditions sont désormais difficiles sur les glaciers l'été. Mais si vous aviez le choix, préféreriez-vous rester en Suisse?
Oui et non. Honnêtement, j’apprécie ces voyages dans l’Hémisphère sud (réd: les skieurs suisses étaient à Ushuaïa, en Argentine). Là-bas, c'est l'hiver et nous skions dans des conditions hivernales. Ça me coûte moins d’énergie d’aller là-bas que sur nos glaciers. En Argentine, le matin, on sort de la voiture et on est sur les pistes. Sans parler de la qualité des entrainements: il n’y a pas photo. On peut difficilement reproduire ça ici en Suisse durant l'été.
Jeden Sommer steigen die Teams ins Flugzeug, um auf der Südhalbkugel zu trainieren. Die Bedingungen auf den hiesigen Gletschern sind im Sommer schwierig geworden. Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie dann lieber in der Schweiz bleiben?
Ja und nein. Ehrlich gesagt geniesse ich die Reisen in die südliche Hemisphäre (Red: Die Schweizer Skifahrer waren in Ushuaia, Argentinien). Dort ist es Winter und wir fahren unter winterlichen Bedingungen. Es kostet mich weniger Energie, dorthin zu fahren, als auf unsere Gletscher. In Argentinien steigt man morgens aus dem Auto und ist auf der Piste. Von der Qualität des Trainings ganz zu schweigen: Es gibt keinen Vergleich. Das kann man hier in der Schweiz im Sommer kaum bewerkstelligen.
Sind Sie bei den Trainingsläufen mit Zeitmessung immer weit hinter Ihren Teamkollegen?
(lacht) Immer! Das ändert sich nicht. Ich bin lieber hinten, wenn es um nichts geht, und fahre im Rennen vorne mit. Natürlich wäre ich auch im Training näher an der Spitze. Aber es ist immer dasselbe, seit ich im Weltcup bin: Ich bin nie ganz vorne dabei und das bereitet mir vor dem Saisonstart Sorgen. So kann ich mich motivieren und mir selbst in den Hintern treten, um Lösungen zu finden, die mich schneller machen.
Je älter man wird, desto weniger Erwartungen hat man vor dem Saisonstart. Stimmt das?
Das ist eine gute Frage. Ich würde eher sagen, dass die Erwartungen anders sind. Ich habe bereits eine erfolgreiche Karriere hinter mir und bin sehr stolz darauf. Ich könnte morgen aufhören und mit Stolz auf meine Erfolge zurückblicken. Ich bin ruhiger, weil ich weiss, dass meine Karriere erfolgreich war. Aber der Siegeswille hat mit dem Alter nicht abgenommen.
In der vergangenen Saison waren Ihre letzten Slaloms nach zwei Siegen und einem Podiumsplatz eher kompliziert. Waren Sie vor der Weltmeisterschaft in Courchevel müde?
Nein, überhaupt nicht. Wenn man es genau betrachtet, waren es nur drei Rennen. Die Weltmeisterschaft war ein Tag zum Vergessen. In Palisades-Tahoe bin ich im ersten Lauf sehr gut gefahren. Der zweite Lauf war eine Katastrophe. Ich will keine Ausreden suchen, aber die Bedingungen in den USA waren besonders. Im zweiten Lauf war ich 1,20 Sekunden langsamer als Clément Noël (der nach zwei Läufen den dritten Platz belegte). Das ist nicht enorm viel. Danach kam mir der salzige Schnee in Andorra nicht entgegen.
Sind Sie nach den drei verpatzten Rennen in Panik geraten?
Nein, ich hatte keinen Grund, in Panik zu verfallen.
Die FIS hat in dieser Saison die Verwendung von Fluor verboten. Einige Fahrer befürchten, dass es zu falsch positiven Ergebnissen kommt. Bereitet Ihnen das Sorgen?
Ich versuche, nicht zu viel darüber nachzudenken. Ich weiss nicht einmal genau, wie das Gerät funktioniert, das die Menge an Fluor misst. Die Messmethode ist nicht wirklich ausgereift, aber ich bin auch kein Experte auf diesem Gebiet. Wenn wir als Beispiel den Fall von Ragnhild Mowinckel nehmen, bezweifle ich, dass sie Fluor an den Ski hatte. Meiner Meinung nach sind die Messgeräte nicht geeignet.
In den letzten Tagen gab es wieder mehr Covid-Fälle. Ist das in der Mannschaft und unter den Fahrern ein Thema?
Nein, das ist nichts mehr, wovor wir Angst haben. Wir sprechen nicht mehr untereinander darüber.
Sprechen wir über Zermatt und die damit verbundenen Diskussionen. Es wurden Fehler gemacht, aber ist das nicht eine Art öffentliche Hetze?
Man kann von einer gewissen Verbissenheit sprechen. Ein bisschen. Sagen wir, das Image hat gelitten, während Zermatt alles gegeben hat, um schöne Rennen auf die Beine zu stellen. Ich möchte auf keinen Fall auf die Organisatoren und freiwilligen Helfer einprügeln. Natürlich sind Bagger auf einem Gletscher nicht optimal. Wenn sie Glück gehabt hätten, hätten sie am letzten Wochenende (11. und 12. November) schöne Rennen veranstalten können und alle wären zufrieden gewesen. Das Problem sind die Bauarbeiten.
Die FIS hätte vielleicht einen Slalom anstelle einer Abfahrt organisieren können. Vielleicht. Einige Entscheidungen überraschen – wie diese Reisen in die USA mitten in der Saison. Aber die Organisation in Zermatt anzugreifen und sie als die Bösen darzustellen, ist falsch.
Sind die Schuldigen bei der FIS?
Die wichtigste Instanz ist und bleibt die FIS. Es ist die Führung der FIS, die die Richtlinien für ein Rennprojekt vorgibt. Und wenn Zermatt grünes Licht für die Austragung eines Weltcups bekommt, wäre es dumm, die Gelegenheit nicht zu nutzen. Es ist die FIS, die die Hebel in der Hand hat. Aber man hat vor allem weniger den Eindruck, dass die Klimaprobleme und -herausforderungen ignoriert werden.
Erklären Sie...
Der Weltcup wird nicht über Nacht klimaneutral werden. Wenn wir Schritt für Schritt beginnen, uns in die Richtung zu bewegen, unseren CO2-Fussabdruck zu verbessern, können wir immer mehr in Einklang mit der Natur arbeiten.
Alexis Pinturault hatte sich entschieden, nicht ins Wallis zu reisen und boykottierte die beiden Abfahrten, die auf dem Programm standen. Hätten es ihm andere Skifahrer gleichtun sollen, um ein Statement zu setzen?
Alexis Pinturault hat die Abfahrt boykottiert, okay. Aber er reiste nach Copper Mountain in den USA und trat in Sölden an, obwohl es vor dem Rennwochenende viel Kritik gab. Er hätte auch Adelboden boykottieren können, wo sich die weisse Piste wie ein Fremdkörper durch die grünen Weiden zog.
Haben die Kritik und die Polemik rund um die Rennen in Sölden und Zermatt nicht einen negativen Einfluss auf die Fahrer und auf Sie?
Ich denke nicht. Ich bin noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem ich aufgeben möchte, weil ich die Polemik satt habe.
Ich versuche, dem nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Wir stehen auf den Skiern, um unser Bestes zu geben. Ich liebe den Skisport und ziehe es vor, mit Lösungen anzukommen und konstruktive Kritik zu üben, um meinen Sport in Zukunft voranzubringen.
Wahrscheinlich muss ich an meinem Leseverständnis arbeiten... :-(