Seit er Ende Mai bei den French Open im Halbfinal gegen Rafael Nadal im Rollstuhl vom Platz gebracht werden musste, hat Alexander Zverev keine Partie mehr bestritten. Der Deutsche hat sich dabei die drei Aussenbänder im rechten Sprunggelenk gerissen. Weil sich danach ein schmerzhaftes Knochenödem bildete, verzögerte sich die Rückkehr auf den Platz weiter. Doch nun steht fest: Zverev wird Anfang Dezember sein Comeback geben.
Als Bühne hat sich der 25-Jährige ein Einladungsturnier in Saudi-Arabien ausgesucht, den Diriyah Tennis Cup. «Ich freue mich sehr auf meine erste Reise nach Saudi-Arabien», lässt sich Alexander Zverev in einer Mitteilung der BSG Sports Group AG zitieren. Das Unternehmen ist in Andermatt im Kanton Uri domiziliert, die Fäden zieht der Österreicher Peter-Michael Reichel. Er organisiert auch seit drei Jahrzehnten Frauentennisturniere.
Nun wirbt er im Auftrag des saudischen Königshauses die Werbetrommel für den Diriyah Tennis Cup. Alimentiert wird das Turnier, bei dem sich zwölf Spieler über drei Tage messen, von Saudi Aramco, dem grössten Ölproduzenten der Welt. 2021 hat der Staatsbetrieb 400 Milliarden Dollar Umsatz erzielt und einen Gewinn von 110 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Der Börsenwert beträgt 2,42 Billionen Dollar. Saudi Aramco ist damit das wertvollste Unternehmen der Welt. Geld? Spielt eine untergeordnete Rolle.
Entsprechend lukrativ ist eine Teilnahme für die beiden ersten bestätigten Spieler: den Russen Daniil Medwedew, den Sieger der Premiere 2019, und Alexander Zverev. Vor drei Jahren brachte eine Teilnahme 100'000 Dollar, der Sieger erhielt eine Million. Neue Zahlen sind noch nicht bekannt.
Das Tennisturnier ist nur ein kleiner Teil der Diriyah Season, die sich über mehrere Monate erstreckt und ein Formel-E-Rennen, Wettbewerbe im Springreiten und Basketball, aber auch Konzerte beinhaltet. Diriyah liegt am nordwestlichen Rand der Hauptstadt Riad, ist der Herkunftsort der Herrscherdynastie Al Saud und seit 2010 Unesco-Weltkulturerbe.
Diriyah bietet die perfekte Kulisse, um im Schaufenster der Öffentlichkeit ein Pfauenrad zu schlagen. Mit glanzvollen Wettkämpfen mit den besten Sportlern der Welt. Transportiert wird das Bild einer offenen Gesellschaft, gebaut auf Innovation, beseelt von visionärem Geist. Was Saudi-Arabien in Tat und Wahrheit tut, ist das, was Autokratien schon immer getan haben: den Sport für Propaganda missbrauchen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International nennen diese Imagepflege Sportswashing.
Sie zeichnen ein ganz anderes Bild von Saudi-Arabien. Für sie ist es ein Land, das Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt, die per Gesetz einer männlichen Vormundschaft unterliegen, ihnen den Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen erschwert, Homosexuelle foltert und Dissidenten ermordet. Das auf dem Al-Safah-Platz in der Hauptstadt Riad, im Volksmund «Kopf-ab-Platz», so viele Menschen enthaupten lässt, dass man einst per Online-Anzeige Henker von Königs Gnaden suchte.
#Saudi Arabia’s @DiriyahSeason festival kicks off with dazzling show. #DiriyahGate https://t.co/zJ5B31D5AV pic.twitter.com/Wij7wEwJIl
— Arab News (@arabnews) October 21, 2022
Das Königreich Saudi-Arabien ist eine absolute Monarchie und richtet sein Rechtssystem auf der Grundlage der Scharia aus. Die von den Vereinten Nationen verabschiedete Allgemeine Erklärung der Menschenrechte lehnt Saudi-Arabien ab, weil sie nicht mit dem Islam vereinbar sei.
Saudi-Arabien verkörpert damit alles, das nicht mit unserem Verständnis einer freien Gesellschaft zu vereinbaren ist: Es gibt keine freien Wahlen, keine Religionsfreiheit, keine Gewaltenteilung, keine Pressefreiheit, keine Versammlungsfreiheit, keine Meinungsfreiheit. Regelmässig werden Amputationen, Steinigungen und Auspeitschungen durchgeführt.
Weshalb also, lassen sich Sportler von diesem Regime vor den Karren spannen? Das wollten wir von Alexander Zverev wissen. Doch Bruder Mischa, der zugleich sein Manager ist, reagierte nicht auf die Anfrage.
Folgende sechs Fragen blieben deshalb unbeantwortet:
Alexander Zverev ist für diese Missstände nicht verantwortlich. Doch wenn er in Saudi-Arabien spielt, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, sich von einem Regime missbrauchen zu lassen, das Menschenrechte mit Füssen tritt, Frauen unterdrückt und Dissidenten foltert und hinrichtet. Gerade deshalb, weil es sich nicht um ein offizielles Turnier handelt. Und weil er, der sich schon über 32 Millionen Dollar Preisgeld erspielt hat, sich den Luxus leisten könnte, nicht den Dollarnoten der Öl-Scheichs zu erliegen.
Ist es Unwissenheit, fehlende Sensibilität oder Ignoranz, die Zverev dazu verleiten? Antworten gibt er keine. Dabei gibt es durchaus auch Gründe, Saudi-Arabien nicht zu boykottieren, sondern die Bühne zu nutzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen und Veränderungen anzustossen.
Doch Alexander Zverev schweigt und verpasst damit eine Gelegenheit. ER setzt sich damit dem Verdacht aus, sich als Marionette der Öl-Scheichs instrumentalisieren zu lassen. Frei nach dem Motto: Beisse nie die Hand, die dich füttert. Also macht Zverev die Hand auf. Nicht aber den Mund. (aargauerzeitung.ch)
Aber hey, Dubai ist voll cool und Rodger macht gerne Werbung für Ferien dort. Nur Frauen sollten sich nicht vergewaltigen lassen, da sie sonst in den Knast kommen. Das alles scheint Rodger zu mögen.