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Wimbledon: Dominic Strickers grosse Entourage schluckt viel Preisgeld

Dominic Stricker of Switzerland celebrates after winning his first round match against Alexei Popyrin of Australia at the All England Lawn Tennis Championships in Wimbledon, London, Wednesday, July 5, ...
Dominic Stricker nach seinem ersten Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier.Bild: keystone

Stricker reist mit grösserer Entourage als einst Federer, obwohl kaum Geld übrig bleibt

Knapp 100'000 Franken Preisgeld spült Dominic Stricker der erste Sieg im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers in Wimbledon in die Kassen. Weil das Team in den letzten Monaten gewachsen und die Kosten damit gestiegen sind, bleibt davon noch nicht viel übrig.
06.07.2023, 10:56
Simon Häring, Wimbledon / ch media
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Am vergangenen Wochenende liefen die Drähte im Team von Dominic Stricker heiss. Dringend gesucht: Tickets für das Wimbledon-Debüt. Denn das vom Turnier zur Verfügung gestellte Kontingent reichte nicht aus, um alle zu berücksichtigen, die sich für den Erfolg des 20-Jährigen einsetzen.

Anfang April erhielt die ohnehin schon grosse Entourage Strickers mit der Verpflichtung des Deutschen Dieter Kindlmann als Vollzeittrainer und von Physiotherapeut Philipp Purkert weiteren Zuwachs. Inzwischen umfasst das Team Stricker vierzehn Personen. Der Walliser Hotelier Martin Werlen bucht Hotels, kümmert sich um Flüge. Für juristische Fragen zuständig ist der Wirtschaftsanwalt Dr. Roger Cadosch. Der Berner gilt als Experte für Steuerrecht und sitzt auch im Stiftungsrat der Schweizerischen Sporthilfe. Auch auf einen Mentalcoach und einen Statistiker greift Stricker zurück.

Familienmodell wie bei Roger Federer

Dreh- und Angelpunkt ist Vater Stephan Stricker, der als Manager fungiert und sein Pensum als Polizist in Belp auf 60 Prozent reduziert hat. Neben Vater Stephan ist auch Mutter Sabine eingebunden. Und Strickers ältere Schwester Michèle pflegt die Inhalte auf den sozialen Medien, wo Stricker auf allen Kanälen präsent ist, sogar auf der Business-Plattform Linkedin.

Es ist ein Familienmodell, wie es in der frühen Phase der Karriere Roger Federer praktiziert hat. In Strickers Fall ist es auch eine Sparmassnahme, wie sein Vater sagt. «Momentan sind wir auf jeden Franken angewiesen.» Er habe jede Woche Anfragen von Agenturen, die Stricker gerne unter ihre Fittiche nehmen würden. Doch er könne keine Provisionen bezahlen.

Dominic Stricker of Switzerland uses his towell beside his fans during his first round match against Alexei Popyrin of Australia at the All England Lawn Tennis Championships in Wimbledon, London, Wedn ...
Die Entourage von Dominic Stricker mit den schwarzen Baseballcaps wird immer grösser.Bild: keystone

Auch nicht nach dem bisher grössten Zahltag in der Karriere des Sohnes. In einer mehrfach wegen Regens unterbrochenen Partie setzte sich dieser am Mittwoch nach 3:09 Stunden Spielzeit mit 3:6, 6:3, 6:2, 4:6, 7:5 gegen den Australier Alexei Popyrin (ATP 93) durch. Im fünften Satz machte Stricker einen 1:4-Rückstand wett und nahm Popyrin beim Stand von 5:5 nach 0:40 den Aufschlag ab. Für Stricker war es der erste Fünfsätzer. Die Belohnung ist ein Duell mit dem Amerikaner Frances Tiafoe (25, ATP 11).

Der erste Sieg im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers bringt Stricker auf einen Schlag rund 100'000 Franken Preisgeld. Bis Mitte Jahr hatte er rund 150'000 Franken erspielt, das Karrieretotal beträgt rund 720'000 Franken.

Was nach viel Geld klingt, deckt bisher allenfalls die horrenden Kosten, die eine Tenniskarriere verursachen. «Noch nicht. Die Hotels und Flüge kosten sehr viel», sagte er im letzten Herbst bei den Swiss Indoors Basel auf die Frage, ob er mit den damals 200000 Franken Preisgeld (vor Steuern) seine Kosten gedeckt habe. Das war, noch bevor Dominic Stricker sein sportliches Umfeld vergrössert und weiter professionalisiert hat.

Dieter Kindlmann, coach of Swiss tennis player Dominic Stricker, arrives at the All England Lawn Tennis Championships in Wimbledon, London, Sunday, July 2, 2023. The Wimbledon Tennis Championships 202 ...
Seit April ist Dieter Kindlmann Dominic Strickers Trainer.Bild: keystone

Zirka 500'000 Franken Budget im Jahr

Für einen Spieler mit seiner Klassierung in der Weltrangliste leistet sich Stricker eine bemerkenswert grosse Entourage. Marco Chiudinelli zum Beispiel, der es bis an die Schwelle zu den Top 50 der Welt schaffte, teilte sich seinen Trainer meistens mit einem anderen Spieler. Als Roger Federer 2003 in Wimbledon seinen ersten Grand-Slam-Titel feierte, begleiteten ihn Trainer Peter Lundgren, Physiotherapeut Pavel Kovacs und seine heutige Frau Mirka, die sich zudem um die Medienarbeit kümmerte. Doch im Gegensatz zu Stricker war Federer damals bereits ein Top-Ten-Spieler.

Allerdings lässt sich im Tennis im Vergleich zu damals deutlich mehr Geld verdienen. 2003 erhielt Federer als Sieger 965'820 Dollar. In diesem Jahr erhält der Sieger den dreifachen Betrag. Noch mehr explodiert sind die Summen in den ersten Runden. Wer vor 20 Jahren in der ersten Runde verlor, erhielt «nur» etwa 15'000 Franken. Heute sind es 55'000 Franken.

46 Sponsoren sorgen für Sicherheitsnetz

Inzwischen dürften die jährlichen Ausgaben auf gegen eine halbe Million Franken angewachsen sein. Es sind Investitionen in die Zukunft, oder wie es Vater Stephan Stricker sagt: «Wir gehen nun ein Risiko ein, weil wir uns in zwei, drei Jahren nicht vorwerfen wollen: Wir haben etwas verpasst.» Heisst aber auch: Wer sich wie Stricker einen Vollzeittrainer leistet, muss bei allen vier Grand-Slam-Turnieren den Sprung ins Hauptfeld schaffen.

Nach Paris hat Dominic Stricker diese Hürde in Wimbledon nun zum zweiten Mal in Folge genommen. Nach Monaten an der Schwelle zu den Top 100 der Weltrangliste trennt ihn nur noch ein Sieg vom Vorstoss in den erlauchten Kreis, der ihm bei Grand-Slam-Turnieren den Gang durch die Qualifikation ersparen und finanzielle Sicherheit garantieren würde.

Frances Tiafoe of the US returns to China's Wu Yibing in a first round men's singles match on day three of the Wimbledon tennis championships in London, Wednesday, July 5, 2023. (AP Photo/Ki ...
Strickers Gegner in der zweiten Runde von Wimbledon: Frances Tiafoe.Bild: keystone

Allerdings ist Stricker nicht auf Gedeih und Verderb dem sportlichen Erfolg ausgeliefert. Vater Stephan hat in den letzten Monaten ein imposantes Portfolio an Sponsoren aufgebaut. Es umfasst drei Hauptsponsoren, drei Premiumpartner, fünf Ausrüster, neun Goldpartner und insgesamt sagenhafte 46 Sponsoren. Dazu kommen Gönner und Donatoren.

Der sportliche Erfolg gibt dem Team von Dominic Stricker recht. Nicht immer gilt also das Sprichwort, wonach viele Köche den Brei verderben. (aargauerzeitung.ch)

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4 Kommentare
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Junge Schnuufer
06.07.2023 11:19registriert April 2018
"Der sportliche Erfolg gibt dem Team von Dominic Stricker recht."

Wenn ich das richtig verstehe, reicht es knapp die Kosten zu decken? Das ist in meinen Augen also die absolute Mindestanforderung. Ob der Erfolg wirklich recht gibt, wird sich wohl in ein paar Jahren zeigen.
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