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Das ist Jannik Sinner: Tennisspieler, Pizzaiolo, Skifahrer, Gucci-Model

Jannik Sinner of Italy plays a backhand return to Karen Khachanov of Russia during their fourth round match at the Australian Open tennis championships at Melbourne Park, Melbourne, Australia, Sunday, ...
Jannik Sinner steht in Melbourne im Final.Bild: keystone

Pizzaiolo, Skifahrer, Gucci-Model: Das ist Jannik Sinner, der nach dem Titel greift

Nach einem Sieg gegen Titelverteidiger Novak Djokovic steht Jannik Sinner bei den Australian Open erstmals in seiner Karriere in einem Grand-Slam-Final. Wer ist der 22-jährige Italiener?
27.01.2024, 15:02
Simon Häring / ch media
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Er ist in San Candido im Südtirol aufgewachsen und seine Eltern betreiben noch heute die rustikale Talschlusshütte im Fischleintal in den Dolomiten. Bergsteigerlegende Reinhold Messner kehrte hier ein und Franz Klammer nächtigte schon dort. Logisch also, dass Jannik Sinner Skifahrer wurde. 2008 war er bei den Junioren italienischer Meister im Riesenslalom.

Erst im Alter von sieben Jahren begann Sinner mit dem Tennis, dem er sich später ganz verschrieb. Weshalb? «Weil du beim Skifahren 90 Sekunden hast und nach einem Fehler alles vorbei ist. Im Tennis hingegen kannst du während Stunden spielen, viele Fehler machen und dennoch gewinnen.»

Wobei: Viele Fehler machte Sinner im Halbfinal der Australian Open nicht. Mit 6:1, 6:2, 6:7 (6:8), 6:3 bezwang er den 24-fachen Grand-Slam-Sieger und Titelverteidiger Novak Djokovic. Für den 36-jährigen Serben war es die erste Niederlage in Melbourne seit 2018 und nach 33 Siegen in Folge. Zu einer Breakchance kam er während der 3:22 Stunden Spielzeit nicht. Danach sprach er von «einer der schlechtesten Grand-Slam-Partien, die ich je gespielt habe». Von seiner Leistung zeigte er sich «schockiert».

epa11105096 Novak Djokovic of Serbia reacts during a press conference after losing the Men's semi final match against Jannik Sinner of Italy at the Australian Open tennis tournament in Melbourne, ...
Novak Djokovic war restlos bedient.Bild: keystone

Dritter Italiener in einem Grand-Slam-Final

Völlig überraschend kam Sinners Sieg nicht. Drei der letzten vier Duelle gegen Djokovic hat er für sich entscheiden können. Neben Rafael Nadal und Roger Federer ist er nun der dritte Spieler, der Djokovic im Davis-Cup, bei den ATP-Finals und in einem Grand-Slam-Turnier bezwungen hat.

Neben Matteo Berrettini (Niederlage gegen Djokovic 2022 in Wimbledon) und Adriano Pannatta, der 1976 bei den French Open gewann, ist Sinner auch der dritte Italiener im Final eines Grand-Slam-Turniers im Einzel.

Jannik Sinner a sorti le grand jeu face � Novak Djokovic
Schlägt gegen Daniil Medwedew seine grosse Stunde?Bild: keystone

Mit 13 verliess Sinner sein Zuhause

Erst im Alter von neun Jahren trainierte Sinner intensiver Tennis. Sein Grossvater war es, der ihn morgens von der Schule zum Training ins 40 Kilometer entfernte Bruneck fuhr. Sein Trainer dort, Heribert Mayer, erzählte jüngst die Anekdote, dass Sinner im heimischen Wohnzimmer Tennis gespielt und dabei immer versucht habe, den Lichtschalter zu treffen. «Und zwar so lange, bis das Licht immer wieder an- und ausging.»

Beharrlichkeit, Entschlossenheit und Unabhängigkeit sind Eigenschaften, die Jannik Sinner den Weg an die Weltspitze geebnet haben. Im Alter von 13 Jahren verliess er die heile Bergwelt und zog nach Bordighera, in eine Kleinstadt in Ligurien nahe der französischen Grenze. Dort hatte Riccardo Piatti seine Zelte aufgeschlagen. Er hatte zuvor schon Roger Federers Ex-Trainer Ivan Ljubicic an die Weltspitze gebracht – und, bis er 18 Jahre alt war, Novak Djokovic betreut. Die Wege trennten sich nur deshalb, weil Piatti nicht bereit war, Vollzeit mit dem Serben um die Welt zu reisen.

Des einen Pech war des anderen Glück: Bis Ende 2022 blieb Piatti an der Seite von Jannik Sinner, ehe er vom Australier Daren Cahill abgelöst wurde. Unter Piatti entwickelte der schmächtige Sinner, den die Zeitung «Corriere della Sera» seiner Haarpracht wegen «Roten Baron» taufte, ein komplettes Spiel. Dessen Merkmale: Ultra-aggressiv, die Bälle früh nehmen, ins Feld rücken und den schnellen Gewinnschlag suchen. «Er schlägt Vorhand und Rückhand fast gleich hart. Und er ist ein super anständiger Typ», sagte Roger Federer einmal über den 22-Jährigen.

Italy's Jannik Sinner celebrates after beating John Isner of the US in their men's singles third round match on day five of the Wimbledon tennis championships in London, Friday, July 1, 2022 ...
Der Wimbledon-Halbfinal 2023 war bislang Sinners Grand-Slam-Bestresultat.Bild: keystone

Was ihn aber wirklich ausmache, sei nicht das Schlagarsenal, sondern die Konsequenz, die Reife, der Ehrgeiz und die Gelassenheit, die ihn in allem, was er tut, umgibt. Eskapaden sind ihm fremd, die sozialen Medien Mittel zum Zweck, um die Bedürfnisse seiner Sponsoren zu befriedigen, zu denen Gucci, Rolex, Nike und Lavazza zählen. Zwar hat Sinner inzwischen eine Freundin, doch sein Privatleben schirmt er von der Öffentlichkeit ab.

Seine Tenniskarriere geniesst absolute Priorität. 2019 gewann Sinner drei Challenger-Turniere, beendete das Jahr als Jüngster seit Rafael Nadal in den Top 80 der Weltrangliste und wurde zum besten Newcomer gekürt.

Pizza mit Sinner-Konterfei

Etwas gebremst wurde die rasante Entwicklung von der Coronapandemie. Damals forderte Sinner in den sozialen Medien dazu auf, Pizzen zu backen und den Belag so zu legen, dass sie wie er oder italienische Berühmtheiten aussehen. Für jede Pizza spendete Sinner 10 Euro an Krankenhäuser. Über 12'000 Franken kamen bei der originellen Sammelaktion zusammen.

Als die Welt und der Sport gelernt hatten, mit dem Coronavirus zu leben, setzte Sinner seinen Aufstieg fort: 2021 gewann er vier Turniere und stiess erstmals in die Top Ten der Weltrangliste vor. 2022 erreichte er seinen ersten Grand-Slam-Viertelfinal, 2023 stand er in Wimbledon im Halbfinal und gewann in Toronto sein erstes Masters-1000-Turnier. Nun greift Jannik Sinner am Sonntag bei den Australian Open nach seinem ersten Grand-Slam-Titel.

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