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In der Londoner Zeitung «The Guardian» sprach Roger Federer diese Woche Klartext: «Ich liebe Tennis so sehr, dass es mich nicht kümmert, dass ich nicht mehr so viel gewinne.» Das sei für ihn «irrelevant», sagte der 34-jährige Basler.
In Wimbledon hat er schon sehr viel gewonnen: 79 Matches und vor allem sieben Titel. Damit führt er die Bestenliste gemeinsam mit William Renshaw (zwischen 1881 und 1889!) und Pete Sampras (1993 bis 2000) an. Dass heuer ein weiterer Titel dazu kommt, ist so unwahrscheinlich wie seit 2003, dem Jahr seines ersten Turniersieges auf dem heiligen Rasen, nicht mehr.
Federer hat in diesem Jahr erst sechs Turniere gespielt und erst einen Final (Anfang Januar verlor er in Brisbane gegen Milos Raonic) erreicht. Im Ranking für die ATP Finals in London liegt er auf Platz 12, und auch bei den beiden Rasenevents in Deutschland, wo er zweimal im Halbfinal scheiterte, konnte er nicht hundertprozentig überzeugen.
Der Grund liegt in zwei Verletzungen, die er in diesem Frühjahr erlitt, erst am Meniskus, dann am Rücken. Noch ist das absolute Vertrauen in die eigene Beinarbeit, gerade auf Rasen mit seinen zuweilen überraschenden Ballabsprüngen essenziell, nicht wieder da.
Der 17-fache Grand-Slam-Champion ist deshalb für einmal keiner der Topfavoriten. Eine heikle Auslosung mit einem starken Rasenspieler in den ersten Runden könnte gefährlich sein für ihn. Mit jedem gewonnenen Match wird Federer aber zusätzliches Vertrauen finden und stärker werden. Steht er einmal im Achtel- oder Viertelfinal, dürfte er wieder für jeden gefährlich werden. Der Finalist der letzten beiden Jahre hat diesmal nichts zu verlieren.
Als zweiter Schweizer Trumpf steht Stan Wawrinka am Start. Bei den Grand-Slam-Events war auf ihn in den letzten Jahren stets Verlass. Einzig in Wimbledon wollte es für den Champion des Australian Open 2014 und von Roland Garros 2015 noch nicht so richtig klappen. In den letzten beiden Jahren spielte er ordentlich, verlor aber in den Viertelfinals gegen Federer respektive Richard Gasquet. Er liebt es, wenn er etwas Zeit bekommt, um zu seinen gewaltigen Grundlinienschlägen auszuholen, etwas, das es auf Rasen tendenziell weniger gibt.
Dass er bei seinem einzigen Vorbereitungsturnier im Londoner Queen's Club gleich im ersten Spiel scheiterte, muss nicht viel heissen. Wawrinka ist seit zwei Wochen in England und dürfte sich bis zum Turnierbeginn am Montag oder Dienstag mit den Verhältnissen angefreundet haben. Mit Richard Krajicek, dem Wimbledonsieger von 1996, hat sich der 31-jährige Lausanner zudem einen ausgewiesenen Rasenspezialisten in sein Team geholt. Mit Wawrinka ist deshalb auf jeden Fall zu rechnen.
Topfavorit ist Wawrinka natürlich nicht. Diese Rolle kann derzeit im Männertennis einzig Novak Djokovic ausfüllen. Der Serbe hat die letzten vier Major-Turniere gewonnen und ist auf halbem Weg zum klassischen Grand Slam innerhalb eines Jahres angelangt. Mit dem erstmaligen Triumph am French Open muss Djokovic ein riesiger Stein vom Herzen gefallen sein. Es ist aber nicht anzunehmen, dass der akribische Schwerarbeiter deswegen an Konzentration oder Biss verliert.
Nach dem Sieg in Paris machte er sich rar, auch das gehört bei ihm zum Programm. Wie immer in den letzten sechs Jahren verzichtete Djokovic auf ein Vorbereitungsturnier auf Rasen. Der 29-Jährige aus Belgrad kann sich dies leisten. In diesen sechs Jahren gewann er anschliessend dreimal (2011, 2014 und 2015) den Titel und erreichte je einmal den Halbfinal und Final. Macht er in diesem Jahr den «Hattrick» perfekt, wäre er in der Profiära erst der vierte Spieler nach Björn Borg, Sampras und Federer, dem in Wimbledon drei Titel in Serie gelingen.
Erster Herausforderer ist wie in Australien und Paris Andy Murray, der mit dem Erfolg in Queen's seine gute Form unter Beweis stellte und wieder von Ivan Lendl gecoacht wird, der ihn bereits zum Wimbledonsieg 2013 führte. Ebenfalls zu beachten sein wird der aufschlagstarke Kanadier Milos Raonic (ATP 7), der sich die Unterstützung von John McEnroe gesichert hat. Daneben gibt es in Abwesenheit des am Handgelenk verletzten Rafael Nadal eine Reihe von jungen, aufstrebenden Spielern wie Nick Kyrgios oder Alexander Zverev, die für einen Exploit gut sind.
Im Final standen seit 2010 (Tomas Berdych) aber immer zwei Vertreter der «Big Four» (Federer, Nadal, Djokovic, Murray). Federer blickt im Moment aber noch nicht so weit. «Ich muss nicht drei Slams pro Jahr gewinnen, um zufrieden zu sein», sagte er im «Guardian». (sda)