Sport
Tennis

Ziemlich beste Feinde – warum sich Scharapowa so an Serena Williams aufreibt

FILE - In this Jan. 26, 2016, file photo, Serena Williams, right, of the United States is congratulated by Maria Sharapova of Russia after winning their quarterfinal match at the Australian Open tenni ...
Das letzte Duell: Im Viertelfinal des Australian Open schlägt Williams Scharapowa zum 19. Mal im 21. Duell. Bild: AP/AP

Ziemlich beste Feinde – warum sich Maria Scharapowa so an Serena Williams aufreibt

Seit anderthalb Jahrzehnten reibt sich Maria Scharapowa an Serena Williams auf. 2:19 liegt sie in den Direktduellen zurück, heute treffen sie im French-Open-Achtelfinal zum 22. Mal aufeinander. Die jahrelange Unterlegenheit hat die Russin in ihrer 2017 erschienenen Biographie verarbeitet – sehr zum Ärger von Williams.
04.06.2018, 08:0204.06.2018, 15:11
simon häring, Paris / Aargauer Zeitung
Mehr «Sport»

Ihre Rivalität beginnt im Kopf. Weit bevor sie sich erstmals auf dem Platz begegnen. Die eine ist 14-jährig, gross, blond, schlank, eben erst von Sibirien nach Bradenton, Florida, gekommen. Die andere ist fünf Jahre älter, dunkles Haar, afroamerikanischen Ursprungs, kräftig gebaut, die Nummer 1 der Welt.

So schreibt es Maria Scharapowa in ihrem Buch «Unstoppable», nicht aufzuhalten. Ihr Lieblingsthema: Serena Williams. Über hundert Mal wird die 36-jährige Amerikanerin darin erwähnt, selten in schmeichelhaftem Kontext.

Die Biographie von Maria Scharapowa.
Die Biographie von Maria Scharapowa.bild: amazon

«Sie ist viel grösser und stärker, als sie im Fernsehen wirkt», schreibt Scharapowa über den Moment, in dem sie Williams erstmals gegenübersteht. «Sie hat dicke Arme und Beine. Serena ist furchteinflössend.» Das ist im Jahr 2004, in Miami. Williams gewinnt, und obwohl Scharapowa sich in den beiden nächsten Duellen durchsetzt, hinterlässt dieser Tag Spuren.

«Serena war eine erwachsene, starke Frau, die Beste der Welt. Es fühlt sich für mich noch immer so an. Sogar heute noch fühle ich mich neben ihr wie ein kleines Kind.» Aus dem kleinen Kind ist ein Weltstar geworden. Scharapowa gewinnt fünf Grand-Slam-Turniere, darunter jedes der vier Majors mindestens einmal. Sie ist während 21 Wochen die Nummer 1 der Welt. Sie wird zur bestverdienenden Sportlerin der Welt: Alleine im vergangenen Jahr brachte ihr das Sponsoren-Portfolio 20 Millionen Dollar ein, und damit sogar eine Million mehr als Serena Williams, die so viel erfolgreicher war als sie: 23 Grand-Slam-Titel, 319 Wochen als Nummer 1.

Wem drückst du heute die Daumen?

18 Williams-Siege in Serie

Die Rivalität, geboren im Kopf der 14-jährigen Scharapowa, existiert nur neben dem Platz. Williams schlägt härter, präziser, ist im Kopf stärker. «Das alles stimmt», sagt Scharapowa. Doch die Wahrheit sei eine andere. Sie beginne in den Minuten nach ihrem letzten Sieg gegen ihre Antipodin, im Juli 2004, in der Kabine von Wimbledon, als sie Williams weinen hörte. «Sie hasste mich dafür, dass ich das schlanke Kind war, das sie in Wimbledon schlagen konnte, aber noch viel mehr dafür, dass ich sie habe weinen hören.» Kurz darauf habe Williams zu einer Freundin gesagt: «Gegen diese kleine Schl… werde ich nie mehr verlieren.» Seither hat sie alle 18 Duelle gewonnen.

In this Saturday July 3, 2004 file image Russia's Maria Sharapova, left, holds the winner's trophy with Serena Williams holding the runners up trophy after the presentation of the Women&#039 ...
Der Moment, als die Feindschaft begann: Scharapowa siegt 2004 im Wimbledon-Final gegen Williams.Bild: AP/AP

Williams hatte zeit ihres Lebens mit ihrem Körperbild zu kämpfen. Ihre ältere Schwester Venus ist grösser und schlanker, «ich hingegen bin dick und habe Kurven. Ich wollte immer wie sie sein, aber so war ich nicht. Also musste ich lernen, mich so zu akzeptieren, wie ich bin.» Sie hat es längst. Als sie in Paris acht Monate nach der Geburt ihres ersten Kindes Olympia auf den Platz zurückkehrt, trägt sie einen schwarzen, eng anliegenden Einteiler, der mehr zeigt, als er verbirgt. Es ist ein Statement. Es sagt: Seht her, ich bin eine Mutter – und ich habe Rundungen.

Serena Williams of the U.S. returns a shot against Krystyna Pliskova of the Czech Republic during their first round match of the French Open tennis tournament at the Roland Garros stadium in Paris, Fr ...
Der vieldiskutierte Dress von Serena Williams. Bild: AP/AP

Zwei Jahre sind vergangen, seit Serena Williams und Maria Scharapowa sich letztmals duellierten. Scharapowa verbüsste eine 15-monatige Dopingsperre, Williams pausierte wegen ihrer Schwangerschaft. Es trennt sie noch mehr. Hier Maria Scharapowa, die Eiskönigin, Dopingsünderin, unbeliebt, angetrieben davon, es noch einmal allen zu zeigen. Dort Serena Williams, Botschafterin gegen Rassismus, für Frauenrechte, Unternehmerin in eigener Sache, und nun auch noch Mutter. Die Kontraste sind so stark: Es kann nur ein Entwederoder geben. Auch heute im Achtelfinal der French Open.

Williams enttäuscht von Scharapowa

Williams sagt, sie habe Scharapowas Buch gelesen. «Es hat mich enttäuscht.» Doch negative Gefühle hege sie nicht. Sie habe nach Spielen oft geweint. «Ich bin emotional, ich habe Gefühle und trage mein Herz auf der Zunge. Ich bin auch nur ein Mensch.» Doch etwas stört sie dann doch. Jetzt, wo sie Mutter einer Tochter sei, sei ihr wichtig, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen.

Russia's Maria Sharapova celebrates winning her second round match of the French Open tennis tournament against Croatia's Donna Vekic in two sets 7-5, 6-4, at the Roland Garros stadium in Pa ...
Kann Maria Scharapowa heute wieder jubeln?Bild: AP/AP

Scharapowa sieht das wohl anders. «Eigentlich», sagt sie einmal, «sollten Serena und ich Freunde sein. Wir teilen die gleiche Leidenschaft. Aber wir sind es nicht.» Sie werden es wohl auch nicht mehr. Stattdessen sind aus ihnen ziemlich beste Feinde geworden, auch wenn sie sich bemühen, in ihrer Rhetorik diplomatisch zu bleiben.

Und doch fragt man sich, wieso Scharapowa sich so an Williams aufreibt. Sie sagt dazu: «Meinen Sie, ich geniesse es, mich all diese Stunden auf einem dieser verfluchten Nebenplätze in Bradenton abzumühen?» Auf einem dieser Plätze, wo 2001 eine besondere Rivalität entstanden ist – im Kopf einer 14-Jährigen.

Die besten Bilder des French Open 2018

Unvergessene Tennis-Geschichten

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
saugoof
04.06.2018 09:30registriert Februar 2015
Das Duel zwischen den beiden ist sehenswert und das obwohl ich eigentlich beide nicht mag. Sharapova wirkt unsympathisch und ist Dopingsünderin. Auf der anderen Seite Williams ist die beste Tennisspielerin, vielleicht aller Zeiten. Aber Williams ist auch eine der schlechtesten Verlierer im Tennissport. Ich weis nicht wem ich die Daumen drücken soll, aber interessant ist es allemal.
245
Melden
Zum Kommentar
2
Der SCB schlägt Zug und zieht in Viertelfinalserie gleich – auch Lausanne erzwingt Spiel 7
Eishockeyfans kommen in den Genuss von zwei weiteren Entscheidungsspielen. Nach Lugano gegen Fribourg erzwingen auch der SCB und Lausanne in ihren Viertelfinalserien ein 7. Spiel.

Im Playoff-Viertelfinal zwischen dem SC Bern und dem EV Zug kommt es am Ostersamstag in Zug zum Showdown. Die Berner erzwingen mit einem hochverdienten 3:0-Heimsieg ein siebtes und entscheidendes Spiel. Der SCB verdiente sich den erneuten Ausgleich in der Serie mit einer wiederum starken Reaktion vor Heimpublikum. Zwei Tage nach dem 2:6 in Zug fanden die Berner zu jenem Spiel zurück, das sie weiter von der erstmaligen Halbfinalqualifikation seit dem letzten Meistertitel im Jahr 2019 träumen lässt.

Zur Story