Klarer Leader in der Meisterschaft, im Cup in den Viertelfinals, nach Rang 3 in der Champions League im Frühling in der Europa League – bei YB läuft es. Raphael Wicky hat die beste Offensive und die beste Defensive des Landes. Dennoch sieht sich der Walliser regelmässiger Kritik ausgesetzt, weil die Erwartungshaltung beim Anhang gestiegen ist und Wickys Spielweise zwar Erfolg bringt, aber nicht immer attraktiv ist. Kleiner Tipp: YB-Fans könnten bei Google einmal «FC Basel Urs Fischer» eingeben.
Für Schweizer Verhältnisse verfügt YB über einen Luxus-Kader. So findet sich selbst Jean-Pierre Nsame häufig auf der Ersatzbank wieder, dreifacher Super-League-Torschützenkönig und in dieser Saison mit neun Treffern zweitbester Schütze der Liga. «Ich bin wütend, wirklich wütend», sagte Nsame nach dem 3:1-Sieg der Berner bei Stade Lausanne-Ouchy am Samstag. Und: «Welcher Spieler, der so viel für seinen Verein getan hat und sich so fit fühlt wie ich, wäre mit dieser Situation einverstanden?»
Neun Mal empfing der FC St.Gallen im Kybunpark einen Gegner, neun Mal schickte er diesen geschlagen nach Hause. Bei dieser Bilanz ist es kein Wunder, dass die Ostschweiz (wieder einmal) im grün-weissen Fussballfieber ist: vier Mal war das Stadion ausverkauft, fast 18'000 Fans kommen im Schnitt. Der FC St.Gallen belegt Rang 2, mehr liegt für Trainer Peter Zeidler nicht drin. Dass YB wieder Meister werde, sei jetzt schon klar, sagte er. In der Kabine wird er andere Töne anschlagen, aber da muss er zunächst vor allem dafür sorgen, dass es auch auswärts hinhaut.
Mit «Happy Bo» Henriksen an der Linie startete der FC Zürich mit viel Schwung in die neue Saison, erst Anfang November verloren die Zürcher erstmals ein Spiel. In der Offensive hängt vieles vom neunfachen Torschützen Jonathan Okita ab – und von Routinier Antonio Marchesano, der trotzdem kein Stammspieler ist. Die Hinrunde dauerte vielleicht eine Woche zu lange: In drei Spielen gegen Luzern, Winterthur und St. Gallen holte der FCZ nur einen Punkt. So wird plötzlich wieder mehr über den Trainer diskutiert als zuvor. Henriksens Vertrag läuft im Sommer aus – womöglich erhält er als Weihnachtsgeschenk einen neuen.
31 Spiele bestritt Servette seit dem Saisonstart, weil zur Liga und dem Cup noch zehn Europacup-Einsätze dazu kamen. René Weiler fand den Rank im Herbst gerade noch rechtzeitig. Der neue Trainer, Nachfolger des erfolgreichen Alain Geiger, wurde in Genf schon in Frage gestellt, da setzte Servette zur Aufholjagd an. Beinahe so viele Spiele in den Knochen haben die Akteure des FC Lugano und mit fortnehmender Dauer schienen ihnen diese zuzusetzen. Inkonstanz zeichnet die Tessiner aus, auf drei Niederlagen in Serie folgten zwei Siege, dann fünf sieglose Partien und wieder drei Siege.
Beim FC Luzern ist Nachwuchsförderung mehr als nur ein Wort, das man sich auf die Fahne geschrieben hat. Mario Frick setzt auf die Jungen, vor einer Woche beim 1:1 gegen Zürich hatte seine Startelf das tiefe Durchschnittsalter von 23,0 Jahren. Mit Stammgoalie Pascal Loretz und den Verteidigern Luca Jaquez, Mauricio Willimann, Severin Ottiger (alle 20) und Dario Ulrich (25) bestand die Abwehr aus lauter Eigengewächsen.
Mit Stürmer Lars Villiger kommt ein weiterer 20-Jähriger fast immer zum Einsatz. Das wertvollste Asset des FCL ist indes Ardon Jashari (21), der im Sommer einen Transfer nach Basel durchstieren wollte und deshalb vorübergehend als Captain abgesetzt wurde. Mittlerweile gab Frick dem Mittelfeldspieler die Binde zurück.
Wie bei Luzern, das mit Grossaktionär Bernhard Alpstaeg zerstritten ist, gibt auch bei GC vieles zu reden, das neben dem Platz geschieht – oder eben nicht. Denn die Grasshoppers, so wird seit langem gemunkelt, sollen weiterverkauft werden, die chinesischen Besitzer hätten die Geduld verloren. Auf dem Rasen stimmte bei GC oft vieles nicht, aber weil der Rekordmeister aus den letzten drei Spielen sieben Punkte holten, stehen die Hoppers ansprechend da.
Für Ästheten sind die Auftritte des FC Winterthur nur selten. Beim Aussenseiter stehen in der zweiten Saison nach dem Aufstieg die Resultate im Fokus – und die stimmen häufig. Winterthur liegt mit seinem neuen Trainer Patrick Rahmen nur drei Punkte hinter der Finalrunde, hat aber schon elf Zähler Vorsprung auf den Abstiegsplatz 12. Und von wegen nichts für Ästheten: Mit U21-Nationalspieler Matteo Di Giusto hat der FCW auch einen für spielerische Glanzpunkte.
Was war das für ein Jahr beim FC Basel! Auf den Rausschmiss von Alex Frei folgte der Höhenflug in den Halbfinal der Conference League unter Interimstrainer Heiko Vogel. Der wurde wieder Sportchef, landete mit dem Engagement von Timo Schultz einen Flop, versuchte sich erneut selber an der Linie und scheiterte katastrophal.
Seit nun Fabio Celestini FCB-Trainer ist, geht es einigermassen aufwärts, wobei es unter ihm auch eine Heimniederlage gegen GC und ein Unentschieden gegen Lausanne-Ouchy gab. Nach wie vor belegt das stolze Basel den zweitletzten Platz. War schon der Sommer von einem grossen Umbruch geprägt, drohen im Winter schon wieder viele Änderungen. Präsident David Degen sprach zwar davon, man strebe Kontinuität und Konstanz an. Gleichzeitig sagte Degen aber auch: «Wir werden alles auf den Prüfstand stellen, keinen Stein auf dem anderen lassen, Fehler aus dem Sommer beheben und den einen oder anderen Spieler holen.»
Im Rest der Fussballschweiz war die Freude darüber verhalten, dass gleich drei Teams aus dem Kanton Waadt in die Super League aufstiegen. Sie halten sich den tiefen Erwartungen entsprechend und belegen die Ränge 9, 10 und 12. In Yverdon haben neuerdings amerikanische Investoren das Sagen, bei Lausanne-Sport ist es der Chemie-Konzern Ineos, dem vielleicht bald auch Manchester United gehört.
Stade Lausanne-Ouchy schliesslich konnte nicht den Beweis antreten, ein Farbtupfer zu sein. Das Schlusslicht ist die graue Maus geblieben, die es vor dem Aufstieg war, und es lockt niemanden ins Stadion: SLO hatte in neun Heimspielen (23'727 Fans) zusammen weniger Zuschauer als Meister YB in einem (Zuschauerschnitt: 28'860).
Ouchy hatte einen leeren Gästesektor im Wankdorf. Das würde es bei Sion und Thun nicht geben.