Wir stellen vor in der linken Ecke: Emmanuel Yarborough. Amerikaner, 34-jährig, 2,03 Meter gross und 272 Kilogramm schwer.
Sein Gegner in der rechten Ecke: Daiju Takase. Japaner, 20-jährig, 1,83 Meter klein und 76 Kilogramm leicht.
Kurz: Der Gewichtsunterschied der beiden beträgt 196 Kilogramm. Das Nippon Budokan in Tokio kocht, als dieser Fight angekündigt wird. Man mag zu dieser Zeit bei der MMA die «Freakshow Fights». Der 1997 erstmals durchgeführte Event «Pride» liefert den Fans in der Nippon Budokan Arena Tokios bei der dritten Austragung ein Highlight. Als vierter Kampf des Abends kommt es zum ungleichen Duell zwischen Yarborough und Takase.
Die Favoritenrolle ist klar verteilt. Wie soll der kleine Takase nur Yarborough besiegen? Der Riese aus den USA trägt zwar den Spitznamen «Tiny» (winzig), aber das ist logischerweise nur ironisch gemeint. Eigentlich war Yarborough ein ziemlich erfolgreicher Amateur-Sumo-Kämpfer. Er gilt als bekanntester Athlet seiner Sportart ausserhalb Japans und ist im Guinessbuch der Rekorde mit seiner Masse als grösster lebender Athlet vermerkt. Schon mit 14 Jahren wog er 160 Kilogramm und versuchte sich im Football und Judo. Bei Letzterem wurde das Ungetüm 1989 US-Meister, im Sumo sicherte er sich 1995 den Amateur-WM-Titel.
Die Kommentatoren rätseln vor dem Kampf, wie Takase den Sieg erreichen könnte. Sie sind sich einig: Der Flying Triangle könnte es sein. Ein Move, bei welchem Takase Yarborough an den Hals springt und versucht, ihm mit den Beinen den Kopf einzuklemmen, während er drauf losprügelt. Was sicher nicht geht: In die Beine des Riesen springen und ihn versuchen zu Fall zu bringen.
Der Kampf verläuft wie erwartet: Takase tänzelt herum, rennt teilweise von Yarborough davon und versucht sich nicht erwischen zu lassen. Teilweise teilt er einige Schläge aus, doch die prallen am Riesen ab, als ob nichts wäre.
Yarborough dagegen bleibt praktisch nur in der Ringmitte stehen, dreht sich im Kreis und wartet auf seine Chance. Selten trifft er den wieselflinken Japaner.
Der Kampf droht langweilig zu werden, als sich Takase in der zweiten Runde ein Herz fasst: Er springt Yarborough ans rechte Bein und versucht den Giganten zu Fall zu bringen – ein hoffnungsloses Unterfangen, wie schon von den Kommentatoren angekündigt. Sie schreien jetzt hysterisch: «Oh nein, was macht er!» und fühlen sich an einen Horrorfilm erinnert:
Jetzt kann Yarborough seine 272 Kilogramm endlich einsetzen. Wie ein Walross setzt er sich auf den bemitleidenswerten Japaner. Dieser bringt immerhin noch seinen Oberkörper frei, bleibt aber mit den Beinen unter dem Gewicht des Gegners begraben:
Da nützen auch die Punches gegen den Kopf, den Oberkörper oder das Bein wenig:
Befreien kann sich Takase vorerst nicht, doch immerhin schlägt er seinen Gegner blutig. Dann – Yarborough passt kurz nicht auf – entwischt Takase seinem übermächtigen Gegner. Während dieser noch auf dem Bauch liegt – und hilflos wirkt wie eine Schildkröte auf dem Panzer – drischt Takase auf den Amerikaner ein. Nach kurzer Zeit hat Yarborough genug und gibt auf:
Die Freude beim Japaner ist natürlich riesig. Für Yarborough dagegen bedeutet die Niederlage auch das Ende seiner MMA-Ambitionen. Mit zwei Niederlagen in drei Kämpfen beendet er seine Karriere wieder. Takase wird den Durchbruch auch nie ganz schaffen. In 24 Kämpfen verliert er neunmal. Aber 2003 fügt er Anderson Silva am «Pride 26» eine der ganz seltenen Niederlagen zu.