Die Schweizerische Nationalbank (SNB) handelt laut ihrem Vizepräsidenten Fritz Zurbrügg mit ihrer Negativzinspolitik im Interesse des Landes und nicht nur einzelner Wirtschaftsbranchen. Ein noch stärkerer Franken wäre ein grösseres Problem als die durch die Negativzinsen verursachten Schwierigkeiten.
Dies sagte Zurbrügg in einem am Dienstag vorab veröffentlichtem Interview mit dem Westschweizer Wirtschaftsmagazin «Bilanz»: «Der Franken ist weiterhin deutlich überbewertet.» Der reale Wert des Frankens liege immer noch um 15 Prozent über dem mittel- bis langfristigen Niveau, verglichen mit einem Währungskorb der wichtigsten Wirtschaftspartner der Schweiz, sagte Zurbrügg.
Die Politik der Negativzinsen und der Bereitschaft zur Intervention an den Devisenmärkten solle den Aufwertungsdruck auf den Franken verringern. Auch die in den Nachbarländern höheren Inflationsraten könnten zur Schwächung des realen Frankenwerts beitragen.
Zurbrügg räumte Schwierigkeiten für Sparer, Pensionskassen oder Banken durch die aktuellen Zinsniveaus ein. «Diese sind aber nicht von der Einführung der Negativzinsen verursacht, sondern von der Tatsache, dass aus verschiedenen Gründen die Zinssätze weltweit andauernd sinken.»
Die derzeitigen Nachteile würden zudem mehrfach aufgewogen, wenn in Zukunft wieder die «Normalität» mit einer positiven Inflation und einem starken Wirtschaftswachstum zurückkehre.
Zurbrügg stellte in Abrede, dass das Aktienportefeuille der SNB US-Aktien übergewichte. «Unsere Platzierungen beruhen auf verschiedenen Kriterien wie Liquidität, Sicherheit und Rendite.» Sie reflektiere die Zusammensetzung der Welt-Indizes. Im Verlauf der vergangenen Jahre habe die SNB ihren Aktienanteil von 5 auf 20 Prozent hochgefahren.
«Wir investieren nur aufgrund von Sektorindizes und wählen keine Einzeltitel aus», betonte er. Allerdings gebe die SNB keine Namen von Gesellschaften und auch nicht die Indizes bekannt, in die sie investiere. Keine Bedrohung für die SNB würde eine negatives Eigenkapital darstellen, sagte Zurbrügg: «Eine Zentralbank kann sich immer finanzieren, weil sie das Geld erzeugt.»
Die wiederholt vorgebrachte Idee der Errichtung eines Staatsfonds mit den SNB-Reserven lehnte der Vizepräsident erneut ab. Die Reserven müssten der SNB zur Verfügung stehen, um handlungsfähig zu sein, betonte Zurbrügg. Zudem könnte die SNB nicht in der Schweiz investieren, weil sie ja den Franken schwächen wolle. Deshalb müsse sie mit den Reserven Aktiven im Ausland erwerben.
(sda/awp)