Betont locker und gut gelaunt gaben sich die drei Banker, sie sprachen sich an der Pressekonferenz mit ihren Vornamen an: «Sergio war ein herausragender Chef», pries UBS-Präsident Axel Weber den CEO. «Danke, Axel», gab dieser zurück und sprach von der Ehre, die «grösste und beste Bank der Schweiz» so lange zu führen, und er freute sich auf «Ralph», also auf den künftigen CEO, Ralph Hamers, der nach den Sommerferien bei der UBS startet, zwei Monate überschneidend mit Ermotti.
Die Botschaft war klar: Geordneter kann ein Führungswechsel nicht ablaufen, alles von langer Hand geplant (seit 15 Monaten laufe die Nachfolgesuche, sagte Weber). Alles in Minne, und die drei Herren betonten auch, sie würden einander seit mehreren Jahren kennen, aus irgendwelchen Verbänden.
Ein Schelm, wer ob der demonstrativen Eintracht an einen PR-Seitenhieb an die Konkurrentin CS dachte, deren CEO Tidjane Thiam vor zwei Wochen unter Getöse zurücktrat, nach dem Beschattungsskandal um Starbanker Iqbal Khan, der zur UBS übergelaufen war.
Nur einträchtig ist es jedoch nicht zugegangen. Sergio Ermotti, so sagen Insider, hätte gern noch weitergemacht. Er liebt den Job auch nach neun Jahren. «Ich hätte, als ich eine Banklehre begonnen habe, nie davon zu träumen gewagt, einst diese Bank führen zu dürfen», sagte er.
Doch der 62-jährige Axel Weber wollte, dass der Abgang des 59-jährigen CEO und sein eigener Rücktritt – voraussichtlich auf Frühjahr 2022 – nicht zu nah beieinander liegen. Beim Ex-Bundesbanker haben persönliche Befindlichkeiten aber keinen Platz. Immerhin ein halbes Jahr darf Ermotti noch weitermachen.
Weber hörte nicht auf, Loblieder auf Ermotti abzusingen: Er habe die UBS fokussiert, einen Kulturwandel herbeigeführt, die Kundennähe verbessert und die Bank nachhaltig profitabel gemacht. Ermottis Lächeln zu diesen Hymnen wirkte leicht gequält.
Doch womöglich spielt ihm Webers Strategie, den CEO frühzeitig auszuwechseln, in die Hände. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Ermotti gern Verwaltungsratspräsident werden würde. Ein direkter Wechsel von der Exekutive in das Aufsichtsgremium würde aber gegen eine zeitgemässe Corporate Governance verstossen. Im Frühjahr 2022 wäre dies kaum mehr ein Problem. Allerdings kann in dieser Zeit viel passieren, weitere Kandidaten werden sich in Stellung bringen.
Zumindest bis 2022 wird die UBS erstmals in ihrer Geschichte von zwei Ausländern geführt: Der neue CEO Hamers ist Holländer, VR-Präsident Weber ist Deutscher. Grosse Wellen warf das gestern indes nicht. Vielleicht auch, weil man davon ausgeht, dass auf dem Präsidentenstuhl bald wieder ein Schweizer – eben der Tessiner Ermotti – Platz nehmen wird. Umgekehrt verlaufen die Personalien zurzeit bei der Credit Suisse: Sie hat mit Thomas Gottstein erstmals seit langem wieder einen Schweizer CEO, was dazu führen könnte, dass nach dem Abgang von Präsident Urs Rohner 2021 ein Ausländer Nachfolger werden könnte.
Unter Ermotti hat die UBS klar auf die Vermögensverwaltung konzentriert und das risikobehaftete Investmentbanking verkleinert. Die Bilanzsumme schrumpfte auf 1000 Milliarden Franken, das Eigenkapital stieg stark an, und die UBS schüttete hohe Dividenden aus – was Ermotti rückblickend bereut: Hätte er stattdessen Aktien zurückgekauft, läge der UBS-Aktienkurs höher. Dieser dümpelt vor sich hin, was jeden ehrgeizigen Banker ärgert.
Eine Strategieänderung ist, so lässt sich aus Webers Ausführungen schliessen, in keinster Weise zu erwarten: Der Neue soll die «Erfolgsgeschichte» fortschreiben. Ob das den Aktionären reicht? In einem Punkt scheint Weber von Hamers mehr zu erwarten: in der Digitalisierung der Bank, wo er in Holland als Pionier gilt, allerdings gibt es auch Fragezeichen. Und eine Wachstumsstory ist das noch nicht, die Vermögensverwaltung kommt dadurch nicht in Fahrt, zumal in einem Umfeld von andauernd tiefen Zinsen.
Und da wäre noch eine Baustelle, die offen bleibt: Der 5 Milliarden Franken schwere Steuerfall in Frankreich, wo Ermotti auf eine offensive Strategie drängte und keinen «Ablasshandel» mit Paris wollte, sondern auf Konfrontation und somit einen Prozess setzte. In erster Instanz ging das schief. Zumindest den Berufungsprozess sollte Ermotti noch als CEO erleben. Ein Freispruch wäre ein perfekter Abgang, aber das scheint eher unwahrscheinlich. Es wird wohl an seinem Nachfolger Hamers sein, diese Altlast zu einem Ende zu bringen.