Drei Männer boten bislang Gewähr, dass das Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos ist und bleibt – obwohl der traditionelle Austragungsort in den Führungsgremien der 1000-köpfigen Organisation immer wieder für Diskussionen sorgte. Zuletzt war dies während der Coronapandemie der Fall. Es wurde entschieden, das Jahrestreffen in Singapur abzuhalten – bevor es dann auch dort nicht durchgeführt werden konnte und nur virtuell stattfand.
Diese drei Männer heissen: Klaus Schwab, WEF-Gründer und bis Sonntag Stiftungspräsident; Børge Brende, CEO des Weltwirtschaftsforums; und Alois Zwinggi, Geschäftsführer. Jetzt ist Schwab per sofort weg, und Zwinggi geht gemäss CH Media-Informationen Anfang 2027 in Pension. Von den drei «Davos-Garanten» bleibt nur Brende.
Diese Umwälzungen geben jenem Flügel im 27-köpfigen Stiftungsrat Auftrieb, der seit längerem findet, das Jahrestreffen müsse nicht immer in Davos stattfinden.
Schwab ist Deutscher, aber im Herzen Schweizer. Er selber fürchtet um die Verankerung, jetzt wo er zurückgetreten ist. Im Interview sagt er, er habe Gespräche mit verschiedenen Bundesratsmitgliedern geführt – «mit dem Ziel, das Forum in der Schweiz zu verankern». Konkret habe er der Landesregierung den Vorschlag gemacht, eine Vertrauensperson des Bundesrats in den Stiftungsrat zu schicken. «Diese Person sollte sicherstellen, dass das Forum weiterhin eng mit der Schweiz verbunden bleibt», sagt Schwab. Diesen Prozess hat er nicht mehr abschliessen können. Der Whistleblower-Skandal kam dazwischen.
Konkreter mochte sich Schwab nicht äussern. Doch Recherchen von CH Media zeigen, dass die Überlegungen bereits weit gediehen waren. Wäre Schwab ordnungsgemäss zurückgetreten, hätte sein Nachfolger im Stiftungsrat höchstwahrscheinlich Philipp Hildebrand geheissen. Das zeigen zuverlässige Informationen dieser Zeitung.
Der Blackrock-Manager und frühere Nationalbank-Präsident ist dem WEF seit Jahrzehnten eng verbunden und gilt als Vertrauensmann Schwabs. Genau das dürfte ihm nun, so verlautet aus dem Stiftungsrat, zum Verhängnis werden.
Im Machtkampf in der WEF-Zentrale am Genfersee hätten «Kräfte des Neuanfangs» jetzt Oberwasser, heisst es. Darum seien Kandidaten zurzeit chancenlos, die zu nah an Schwab seien. Im Bundesrat hätte Hildebrand gute Chancen gehabt. Vor kurzem erhielt er eine Einladung der Landesregierung, um seine Einschätzungen zum Verhältnis der Schweiz zu den USA und zum Zollstreit einzubringen.
Schwab kämpfte im Stiftungsrat für die Tradition, jedes Jahrestreffen in Davos stattfinden zu lassen. Nur 2002, nach dem Terror von 9/11, wurde es aus Solidarität nach New York verlegt. Jetzt gibt es eine Strömung im Stiftungsrat, die andere Optionen wie Singapur ins Spiel bringt. Pikant: Der Präsident von Singapur sitzt im WEF-Stiftungsrat. Aber auch US-Städte seien anstelle von Davos vorstellbar.
Aus bundesratsnahen Kreisen hört man, es sei nicht klar, ob die Entsendung eines offiziellen Schweiz-Vertreters in den Stiftungsrat sinnvoll sei. Das WEF sei eine private Organisation, in den Gremien habe die offizielle Schweiz nichts verloren: Dieser Meinung ist zumindest ein Teil des Bundesrats. Die Meinungsbildung war noch nicht abgeschlossen und nun ist die Frage angesichts der veränderten Machtverhältnisse im WEF wohl obsolet.
Zöge das WEF aus Davos weg, würden im Landwassertal wohl einige jubeln. Der jährliche Anlass sorgt bei Einheimischen für Unannehmlichkeiten. Zugleich ist der wirtschaftliche Nutzen offensichtlich. Die Bevölkerung gilt als ambivalent, aber Volksabstimmungen gingen zuletzt stets im Sinne des WEF aus. Ein Wegzug wäre für die meisten Davoser ein Schock.
Davos als Austragungsort des WEF ist schön und recht. Real betrachtet wäre das Ganze aber niemals tragbar, wenn die Veranstalter sämtliche Kosten für das Sicherheitsdispositiv selbst übernehmen müssten.