Bob Corker ist ein sehr einflussreicher US-Senator der Grand Old Party (GOP) aus dem sehr konservativen Bundesstaat Tennessee. Er ist zudem Vorsitzender des wichtigen aussenpolitischen Ausschusses. Schliesslich will er nicht wiedergewählt werden und hat nichts mehr zu verlieren. Keine gute Idee also, mit ihm einen Streit vom Zaun zu brechen.
Genau dies aber hat der Präsident getan. Mit einer seiner üblichen Tweet-Attacken hat er den Senator als Feigling dargestellt und behauptet, er hätte vergeblich das Amt des Aussenministers angestrebt. Das liess Corker nicht lange auf sich sitzen. Trump werde die USA mit seinem planlosen Vorgehen in einen Dritten Weltkrieg führen, erklärte er in einem Interview mit der «New York Times».
Vor allem aber erklärte Corker offen, was die meisten Senatoren und Abgeordneten – auch die Republikaner – in vertraulichen Gesprächen ebenfalls flüstern: Trump sei ein Kindskopf, der völlig unfähig ist, die Regierungsgeschäfte zu leiten. Er müsse de facto unter die Vormundschaft der Erwachsenen – Stabschef John Kelly, Sicherheitsberater McMaster und Aussenminister Rex Tillerson – gestellt werden.
Das war zu viel für Steve Bannon. In Sean Hannitys Sendung auf «Fox News» erklärte er dem Establishment der GOP den totalen Krieg. Corker müsse sofort zurücktreten, tobte Trumps ehemaliger Chefstratege. Und nicht nur er: Die beiden Anführer der GOP in Senat und Abgeordnetenhaus, Mitch McConnell, resp. Paul Ryan, müssten ebenfalls weg, denn sie setzten alles in Bewegung, um «das Ergebnis der Wahlen 2016 zu annullieren», so Bannon.
Bannon fühlt sich derzeit mächtig. Mit Hilfe seiner Online-Plattform «Breitbart» hat in Alabama Roy Moore, der Kandidat der populistischen Basis-Bewegung, die Ausmarchung unter den Republikanern um die Nachfolge des Senatssitzes von Jeff Sessions für sich entschieden. Das Parteiestablishment hatte den Gegenkandidaten Luther Strange unterstützt. Auch Trump tat dies, allerdings nur halbherzig.
Diesen Triumph will Bannon im Zwischenwahljahr 2018 auf breiter Ebene wiederholen. Alle Senatoren, die nicht strikt auf der nationalistischen Linie politisieren würden, müssten mit Gegenkandidaten rechnen, ausser Ted Cruz, dem Rechtsausleger aus Texas. «Bannon plant, gegen 15 republikanische Kandidaten anzugreifen», meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg. «Viele davon sind die treuesten Unterstützer von McDonnell.»
Für den totalen Krieg gegen das Parteiestablishment ist Bannon gut gerüstet. Finanziell kann er auf die Hilfe des Milliardärs Robert Mercer und seiner Tochter Rebekah zählen. Im Weissen Haus hat sein Mitstreiter Stephen Miller das Ohr des Präsidenten. Dazu kommen Sean Hannity bei «Fox News», der de facto zum inoffiziellen Propagandaminister Trumps und Bannons Basisbewegung verkommen ist.
Auch die Extremisten am äussersten Rand spielen mit: Alex Jones versucht bei der Radioshow und Online-Plattform «InfoWars» krampfhaft, Stephen Paddock, den Attentäter von Las Vegas, zu einem linken Anti-Trump-Terroristen umzufunktionieren. Jones schreckt vor gar nichts zurück. Das Massaker an der Schule von Sandy Hook bezeichnete er einst als Erfindung der Regierung. Letztes Jahr setzt er das Gerücht in Umlauf, Hillary Clinton würde im Keller einer Pizzeria in Washington einen Kinderporno-Ring betreiben.
Bannon wird so immer mehr zum Führer einer Bewegung, die offen faschistische Züge hat. Er hat auch einen Plan, er will die GOP zu einer nationalistischen Partei umfunktionieren. Trump hingegen ist in Washington zunehmend isoliert. Er werde zu einem Präsidenten ohne Partei, jammert das «Wall Street Journal».
Der Präsident befindet sich zudem in einer Zwickmühle: Wenn er seine Agenda durchsetzen will, dann kann er sich keinen Streit mit derart angesehenen Senatoren leisten. Angesichts der engen Mehrheitsverhältnisse fürchten nun die Konservativen, dass sich bei der Steuerreform das Debakel von Obamacare wiederholt, dass der Präsident am Widerstand aus der eigenen Partei scheitert.
In Washington gibt es derzeit zwei diametral entgegengesetzte Einschätzungen zur Präsidentschaft von Donald Trump. Bei Trump ist alles nur hohles Geschwätz, er wird als eine Nullnummer in die Geschichte gehen und bald vergessen sein, sagen die einen. Als Diktator und Führer einer faschistischen Partei sei er viel zu undiszipliniert.
Die anderen fürchten, dass die Trump-Präsidentschaft zu einem Auftakt für ein faschistisches Amerika wird. So schreibt Gideon Rachman in der «Financial Times»: «Wenn der Trumpismus zu einer dauerhaften politischen Bewegung mutiert, dann wird er auch ein ideologisch entschlossenes Kader und Fusssoldaten hervorbringen. Dann werden die frühen chaotischen Tage der Trump-Präsidentschaft etwas anderem weichen, etwas, das entschlossener – und viel gefährlicher ist.»
Und ja, der Führer dieser Bewegung wird dann nicht mehr Donald Trump heissen, sondern Steve Bannon.